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Politik

Erdogans "Goldfinger" vor US-Gericht

29. September 2016

Er soll gegen die Iran-Sanktionen verstoßen haben - darum steht der iranisch-türkische Geschäftsmann Zarrab in den USA vor Gericht. Präsident Erdogan setzt sich für ihn ein. Seine Familie soll mit profitiert haben. 

Iran Gold Goldeinfuhr
Bild: Mehr

Am Rande der UN-Generalversammlung Mitte September in New York versuchte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan, den US-Vizepräsidenten Joe Biden ins Gebet zu nehmen. Denn die US-Behörden hatten einen türkisch-iranischen Geschäftsmann verhaftet, für den Erdogan sich persönlich ins Zeug legte.

Es geht um den 33-jährigen Reza Zarrab, den jahrelang Goldgeschäfte zwischen dem Iran und der Türkei abwickelte - in großem Stil und mit Hilfe türkischer Regierungspolitiker. Journalisten bezeichnen Zarrab deshalb auch als Erdogans "Goldfinger". Der Haken dabei: Er hat damit gegen die Sanktionen verstoßen, die Washington gegen den Iran verhängt hat. Im März 2016 reiste Zarrab in die USA, weil er - wie seine Anwälte behaupten - mit seiner Frau und seiner fünfjährigen Tochter Disneyland besuchen wollte. Seitdem sitzt er in New York in Haft und wartet auf seinen Prozess.

Für Erdogan ist das ganze ein Komplott: Er sieht darin den Versuch, seinen Namen in den Schmutz zu ziehen und beschuldigt den zuständigen New Yorker Staatsanwalt Preet Bharara, Kontakt zu seinem Erzfeind Fethullah Gülen zu pflegen.

Erdogans Schützling: Reza Zarrab (hier in Istanbul) wurde im März 2016 in den USA festgenommenBild: picture alliance/AA

Erdogan scheint ernsthaft besorgt zu sein, analysiert Tolga Tanis, Washington-Korrespondent der Zeitung "Hürriyet" im Gespräch mit der Deutschen Welle. Seinen Informationen nach haben die US-Behörden handfeste Beweise, dass Erdogan und andere hochrangiger Politiker aus seiner Parteik, der AKP, in die Verstöße gegen die Iran-Sanktionen verwickelt sind. Tolga Tanis bezieht sich dabei auf Unterlagen des zuständigen New Yorker Staatsanwaltes Preet Bharara. 

Preet Bharara gilt als einer der international renommiertesten Staatsanwälte für die Bekämpfung krimineller Netzwerke. In einem Bericht schildert er die Beziehungen Reza Zarrabs zu "korrupten Politikern in der Türkei". Zarrab soll zum Beispiel den ehemaligen Wirtschaftsminister Mehmet Zafer Caglayan zwischen März 2012 und August 2013 mit insgesamt 32 Millionen Euro, zehn Millionen US-Dollar und 300.000 Schweizer Franken bezahlt haben. Jetzt wird ermittelt, ob es sich bei diesen ungewöhnlich hohen Summen an einen hohen Politiker um Bestechungsgelder handelt.

Bestechungsgelder für Stiftung

Theoretisch könnte die US-Justiz gegen etliche weitere hochrangige AKP-Mitglieder Ermittlungen einleiten. Denn Reza Zarrab hatte auch direkten Kontakt zum damaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Staatschef Erdogan. Der Togem-Stiftung seiner Frau Emine, die sich um Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen kümmert, hat Zarrab 4,5 Millionen US-Dollar gespendet. Das sagt der der iranisch-türkische Politikexperte Hossein Zamanloo. Im DW-Gespräch erklärt er: "Das war die größte Spendensumme, die die Togem-Stiftung jemals erhalten hat."

Stehen beide im Mittelpunkt der Korruptionsvorwürfe: Recep Tayyip Erdogan und Frau EmineBild: picture-alliance/dpa/S. Suna

Laut türkischen Medien gehörte Emine Erdogan zu den Mitbegründern der Togem-Stiftung und ist ihr bekanntestes Gesicht. Erdogan dementiert jetzt, dass seine Frau oder er selbst Mitbegründer seien.

Korruption mit Tradition

Vor Jahren stand Reza Zarrab schon einmal im Mittelpunkt von Ermittlungen - in dem Fall waren es türkische Behörden, die ihn verhafteten und anklagten. Es ging um den größten Korruptionsskandal der türkischen Geschichte, der im Winter 2013 die Regierung Erdogan erschütterte. Istanbuler Staatsanwälte warfen dem Geschäftsmann vor, Mitglieder der türkischen Regierung mit hohen Geldsummen bestochen zu haben. Der Vorwurf lautete auch damals, sich die Unterstützung für illegale Goldgeschäfte mit dem Iran erkauft zu haben. 

Dieser Skandal hat Erdogan fast das Amt gekostet. Drei Minister seines Kabinetts traten deshalb zurück. In einem geschickten Schachzug ließ Erdogan nach Bekanntwerden der Vorwürfe tausende Polizisten, Richter und Staatsanwälte versetzen. Auch die Ermittler in dem Korruptionsfall verloren ihre Posten. Die Verfahren gegen sämtliche Verdächtigen der Korruptionsaffäre wurden eingestellt. Auch Reza Zarrab kam frei - nach 72 Tagen im Gefängnis. 

Es bleibt ein Rätsel, warum Reza Zarrab in diesem Frühjahr die Reise in die USA gewagt hat. Er musste wissen, dass die USA ihm auf den Fersen waren. "Verstöße gegen die Iran-Sanktionen sind ein sehr sensibles Thema für die US-Justiz", meint der amerikanisch-iranische Politologe Hooshang Amirahmadi, von der Rutgers University zur DW. "Für Erdogan geht es auch nicht um den Reza Zarrab. Er möchte verhindern, dass Beweise über die weit verbreitete Korruption im politischen System in der Türkei in die Öffentlichkeit gelangen."

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