1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Erfolge gegen Al-Shabaab bringen Somalia keinen Frieden

Max Borowski9. Oktober 2014

Afrikanische und somalische Soldaten drängen die islamistische Al-Shabaab-Miliz weiter zurück. Ein dauerhafter Frieden für das nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg zerrüttete Land ist dennoch nicht in Sicht.

AMISOM Soldaten in Somalia Foto: EPA/AMISOM PHOTO/TOBIN JONES
Bild: picture-alliance/AMISOM

Die Eingreiftruppe der Afrikanischen Union (AMISOM) in Somalia verkündet derzeit einen Erfolg nach dem anderen: Am Mittwoch (08.10.2014) gab das Kommando der Truppe bekannt, dass kenianische und somalische Regierungssoldaten gemeinsam die südsomalische Stadt Bula-Gaduud "befreit" hätten. Nur vier Tage zuvor hatten sie die Hafenstadt Barawe eingenommen und damit der islamistischen Miliz Al-Shabaab den letzten Stützpunkt an der Küste genommen.

Al-Shabaab, die noch vor zwei Jahren einen großen Teil des somalischen Staatsgebiets kontrollierten, sind bereits seit einiger Zeit auf dem Rückzug vor den mehr als 20.000 AMISOM-Soldaten und den somalischen Regierungstruppen, die unter anderem von der deutschen Bundeswehr ausgebildet werden. Anfang September tötete eine US-Drohne Al-Shabaab-Anführer Ahmed Abdi Godane.

Al-Shabaab vom Nachschub abgeschnitten

Die jüngsten Niederlagen könnten der Miliz den entscheidenden letzten Schlag versetzt haben, glaubt der somalische Journalist und Analyst Mohamed Omar. Al-Shabaab habe zwar weitere Rückzugsorte im Landesinnern, aber durch den Verlust von Barawe hätten sie ihre wichtigste Einnahmequelle verloren, so Omar gegenüber der DW. Die Stadt ist ein Handelszentrum, das den Islamisten hohe Steuereinnahmen bescherte. Insbesondere der Export von lokal hergestellter Holzkohle über den kleinen Hafen Barawes galt als lukrative Geldquelle. Zudem nutzte Al-Schabaab den Hafen, um sich mit Waffen, Munition und Nahrungsmitteln zu versorgen.

Die Zivilbevölkerung, sagt Omar, begrüße das Vorrücken der Soldaten. Denn die islamistische Miliz habe ein sehr strenges und daher unpopuläres religiöses Regime in den von ihr kontrollierten Gebieten errichtet. Für die Bevölkerung habe sich die Situation in den vergangenen Monaten spürbar verbessert, sagt auch der deutsch-somalische Politologe und Buchautor Abdirizak Sheikh. Das gelte vor allem für die Hauptstadt Mogadischu. "Aber die Sicherheitslage bleibt weiter prekär." Die militärischen Erfolge gegen Al-Shabaab täuschten darüber hinweg, dass die Ursache der Gewalt in Somalia nicht mit der Islamistenorganisation verschwinden werde, sagt Sheikh. Denn Al-Shabaab bestehe nicht aus ausländischen Dschihadisten, sondern aus einheimischen Angehörigen verschiedener Clans. Diese teils mächtigen Großfamilien bilden die Grundstruktur der somalischen Gesellschaft. Selbst wenn Al-Shabaab als Organisation zerfallen sollte, würden die Clans keineswegs ihre Waffen strecken, sondern weiter mit Gewalt für ihre jeweiligen Interessen kämpfen. "Solange die großen Clans nicht entwaffnet werden, wird es in Somalia keinen Frieden geben", so Sheikh.

Die Situation der Zivilbevölkerung in Mogadischu hat sich verbessert, die Sicherheitslage bleibt aber fragilBild: picture-alliance/dpa/Tobin Jones

Bundeswehr trainiert unfreiwillig Milizionäre

Weder die somalische Regierung noch die ausländischen Truppen trügen derzeit zu einer Entwaffnung bei, kritisiert Sheikh. "Diese Clans mit ihren Milizen sind sogar in der Regierung und im Parlament vertreten", gibt Sheikh zu bedenken. Die Regierung handle daher oft nicht zum Wohl aller Somalier, sondern im Interesse der großen Clans. Als Beleg für den Einfluss der teilweise mit Al-Shabaab verbündeten Familienoberhäupter in Mogadischu führt Sheikh den Fall von Hassan Dahir Aweys an. Der ehemalige geistige Führer von Al-Shabaab wurde vor mehr als einem Jahr verhaftet. Doch bis heute logiert er in einem Hotel in Mogadischu. Seine einflussreiche Familie verhindert, dass er vor Gericht gestellt wird.

Al-Shabaab ist geschwächt - aber nicht besiegtBild: picture-alliance/AP Photo/F.-A.Warsameh

Unfreiwillig rüsteten sogar die westlichen Unterstützer der somalischen Sicherheitskräfte die verschiedenen Milizen im Land auf, sagt Sheikh. Die Regierung zahle ihren Soldaten nur wenig und unregelmäßig Sold. Viele Armeeangehörige, die von der europäischen Ausbildungsmission EUTM-Somalia trainiert wurden, seien deshalb anschließend mit ihren frisch erworbenen Fähigkeiten direkt zu ihren jeweiligen Clan-Milizen und teilweise zu Al-Shabaab übergelaufen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen