Zwei Ebola-Medikamente zeigen gute Wirkung. Das ist eine der "besten Nachrichten der letzten Jahre," sagt Epidemiologe Maximilian Gertler. Beim Ausbruch im Kongo fehle es aber vor allem noch am Vertrauen der Bevölkerung.
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Deutsche Welle: Herr Gertler, inmitten der Ebola-Epidemie im Kongo melden Forscher vielversprechende Erfolge bei Medikamententests. Zwei Mittel hätten die Überlebenschance der Ebola-Infizierten deutlich erhöht. Kann man bei der Meldung der World Health Organization (WHO) von einem Durchbruch sprechen?
Maximilian Gertler: Was Therapeutika angeht, ist das ganz klar eine der besten Nachrichten der letzten Jahre.
Sind das somit auch gute Nachrichten für die Ebola-Epidemie im Kongo?
Es wird auf jeden Fall helfen, Patienten besser zu behandeln. Aber bei dem Ausbruch, den wir derzeit im Ostkongo sehen – und der immer noch nicht unter Kontrolle ist – brauchen wir vor allem präventive Maßnahmen. Die Bevölkerung muss ins Zentrum gerückt und an der Planung der Maßnahmen beteiligt werden.
Warum ist der Ausbruch immer noch nicht unter Kontrolle?
Bei der aktuellen Epidemie im Ostkongo sehen wir jede Woche 60 bis 100 Neuerkrankungen. So etwas kannten wir bisher nicht. Das ist sehr beunruhigend. Ein Jahr nach Beginn der Hilfsmaßnahmen haben wir fast 3000 Erkrankte und an die 2000 Verstorbene. Das ist inakzeptabel hoch. Das gleiche gilt für die Sterblichkeit von 67 Prozent.
Etwa fünf Prozent der Fälle betreffen Mitarbeiter der Gesundheitsversorgung in der Region. Das ist natürlich katastrophal, denn das bedeutet, dass die Leute an manchen Orten offenbar immer noch ungeschützt oder nicht ausreichend geschult sind.
Dazu kommt der Ausbruch in Goma, einer Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern direkt an der Grenze zu Ruanda. Diese Fälle zeigen sehr deutlich, dass wir die Ausbreitung der Erkrankung nicht im Griff haben und möglicherweise noch neue Herausforderungen auf uns warten.
Ebola - Angst vor rasanter Ausbreitung
Ebola hat Ende Juli die Millionenstadt Goma im Kongo erreicht. Große Sorge: In dicht besiedelten Gebieten erhöht sich die Ansteckungsgefahr massiv. Im Nachbarland Uganda ist das Virus schon angekommen.
Bild: picture alliance/dpa
Erste Infektionen in der Millionenstadt
Die Meldung der ersten Ebola-Fälle in der Großstadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo ist beunruhigend. In dicht besiedelten Gebieten fällt es dem tödlichen Virus besonders leicht, sich rasch auszubreiten. Frauen und Kinder sind besonders gefährdet; schwache Organismen sind anfälliger für eine Infektion mit Ebola.
Bild: Getty Images/AFP/J. Wessels
Grenzüberschreitende Gefahr
Ebola ist hochansteckend, macht vor keiner Grenze halt. So ist in Ruanda - seiner geographischen Nähe zu Goma wegen - die Sorge vor einer Ausbreitung der tödlichen Viren besonders groß. Kurzzeitig wurde deshalb der Grenzübergang geschlossen. Uganda ist schon betroffen: Im Nachbarland Kongos sind ebenfalls die ersten Menschen erkrankt.
Bild: picture-alliance/AP Photo/Stringer
Krieg und schlechte Infrastruktur
Medizinische Helfer gehen an ihre Grenzen, um die Verbreitung der Viren einzudämmen und Kranke zu versorgen. Die angespannte politische Lage und bewaffnete Konflikte in einigen Regionen der Republik erschweren jedoch den Kampf gegen Ebola für die Hilfskräfte. Aber auch die schlechte Infrastruktur und das Misstrauen der Bevölkerung verschärfen die Krise.
Bild: DW
Die ersten Symptome
Die ersten Symptome der Ebola-Infizierten - hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen - ähneln denen einer Grippe. Im Verlauf der Krankheit kommen innere Blutungen und Organversagen dazu - die Folge: der Tod des Patienten. Ist ein Mensch infiziert, sind die Behandlungsmöglichkeiten beschränkt. Um die Mitmenschen zu schützen, appellieren die Behörden an die Bevölkerung: melden, nicht verstecken!
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Impfung - der einzige Schutz
Seit 2015 gibt es einen Impfstoff, der laut WHO-Einschätzungen eine "fast hunderprozentige" Wirkung haben soll. Doch große Teile der Bevölkerung misstrauen der Impfung, einige glauben gar, dass die Krankheit eine Inszenierung der Regierung sei, um an Spendengelder zu gelangen. Auch der Transport ist schwierig, denn die Kühlkette von -80 Grad Celsius darf zu keinem Zeitpunkt unterbrochen werden.
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Impfen - und mehr
Organisationen und Helfer arbeiten auf Hochtouren, um schneller als das Virus zu sein. Ihre Präventionsarbeit geht weit über das Impfen hinaus. Neben dem Verteilen von Schutzanzügen und Handschuhen ist auch die Ausbildung medizinischer Fachkräfte und die Aufklärung über die Ansteckungsmöglichkeiten sowie die richtige Hygiene essentiell.
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Pflicht zum Handeln
Blumen für die Verstorbenen: In Westafrika verloren 2014 und 2015 über 11.000 Menschen den Kampf gegen das tödliche Virus. Der Ebola-Ausbruch im Kongo ist der bislang schlimmste nach der Epidemie in Westafrika - über 1800 Menschen verloren seit 2018 ihr Leben. Alarmstufe rot: Jetzt ist schnelles Handeln von Politikern, Ärzten und Experten gefragt.
Bild: picture alliance/dpa
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Wie schätzen Sie die Lage direkt vor Ort ein?
Die Gesamtsituation im Ostkongo ist eine große Herausforderung, da die allgemeine Gesundheitsversorgung schwach ist, es viel Gewalt und wenig Vertrauen der Bevölkerung in die Hilfsmaßnahmen gibt. Wir haben gesehen, wie Ebola-Helfer teilweise bedroht und angegriffen wurden, auch Teams und Behandlungsstationen von "Ärzte ohne Grenzen" sind immer wieder angegriffen worden. Aus Umfragen vor Ort weiß man, dass ein wesentlicher Teil der Bevölkerung Ebola noch immer nicht für eine reale Gefahr hält, sondern teilweise sogar für eine Verschwörung.
Das heißt, mangelndes Vertrauen ist eines der Hauptprobleme.
Ganz klar. Wir hören von unseren Patienten und den Menschen, mit denen wir dort sprechen ganz einfache Fragen wie: "Wo wart ihr vor einem halben Jahr als mein Kind an Malaria gestorben ist? Wo war die Hilfe als unser Dorf das letzte Mal überfallen wurde?"
Das Schlimmste bei diesem Ebola-Ausbruch ist aus meiner Sicht die Gesamtsituation im Ostkongo, zu der diese scheußliche Epidemie noch hinzugekommen ist.
Könnte die positive Medikamenten-Studie nicht vielleicht sogar helfen, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen?
Die großartige Nachricht zu den Medikamenten wird die Studienlage verändern. Und es ist natürlich wünschenswert, dass sich diese Entwicklung herumspricht und das Vertrauen in die Maßnahmen bei der Bevölkerung wächst, wenn bekannt wird, dass es eine wirksame Therapie gibt.
Aber...?
Aber ob das der Schlüssel zur Bekämpfung dieser Epidemie ist, muss sich erst noch zeigen. Ich glaube, dass das Vertrauen der Bevölkerung insbesondere in den letzten Jahren darunter gelitten hat, dass es kaum eine vernünftige Gesundheitsversorgung gibt, dass die Kinder an behandelbaren Erkrankungen wie Malaria, Masern oder Atemwegserkrankungen sterben.
Was könnte Ihrer Meinung nach eine Lösung sein?
Ich denke, man muss die Ebola-Arbeit in die generelle Gesundheitsversorgung mit einbinden und letztere muss unbedingt verbessert werden. Das ist auch die Haltung von Ärzte ohne Grenzen. Das Gesundheitspersonal muss natürlich geschult und vor Ebola-Infektionen geschützt werden und man muss die Bevölkerung an den Planungen zu den Maßnahmen beteiligen, damit wir das Vertrauen der Menschen gewinnen, die wir vor einer Infektion schützen wollen. Ich glaube, vielmehr als in zwei neuen Medikamenten liegt dort die Lösung.
Warum ist die Ebola-Bekämpfung generell so schwierig?
Ebola-Bekämpfung hieß in erster Linie "Verhinderung von Neuerkrankungen und das Abschneiden der bekannten Infektionsketten". Das heißt: Die Kontaktpersonen frühzeitig zu listen, nachzuverfolgen, zu impfen und sobald sie erkranken, sie zu isolieren. Aber all dies erfordert natürlich Vertrauen der Bevölkerung in die Maßnahmen und in die Organisationen, die das durchführen.
Dies holt uns insbesondere in der aktuellen Epidemie ein: Wir hatten zwar eine Impfung, wir haben möglicherweise ein Therapeutikum, aber wir sehen, dass wir mit diesen Waffen gegen die Erkrankung noch nicht ankommen, weil wir die Menschen gar nicht in ausreichendem Maße erreichen. Nur wenn uns das gelingt, werden wir deutlich vorankommen im Kampf gegen Ebola.
Dr. med. Maximilian Gertler ist Tropenmediziner und Epidemiologe am Institut für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit, an der Charité Berlin und war für "Ärzte ohne Grenzen" unter anderem vor fünf Jahren in Guinea im Ebola-Einsatz.
Das Interview führte Hannah Fuchs.
Keine Chance für Viren und Bakterien - mit einem starken Immunsystem
Unser Immunsystem ist ein effektiver Mechanismus, der täglich Millionen von Keimen Paroli bietet. Ein paar einfache Regeln halten die Abwehrkräfte in Form und sorgen dafür, dass Krankheitserreger kaum eine Chance haben.
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Buntes Treiben!
Das Immunsystem braucht viele verschiedene Treibstoffe. Obst und Gemüse liefern sie. Ernähren Sie sich dabei möglichst bunt: Orangen, rote Paprika, grünes Blattgemüse, Blaukraut liefern ein buntes Potpourri an Vitaminen und viel natürliches Vitamin C.
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Impfstatus überprüfen!
Um das Immunsystem auf den aktuellen Stand zu bringen, sollte man alle notwendigen Impfungen haben. Erwachsene vergessen oft, die Impfungen aus der Kindheit aufzufrischen. Also in den Impfpass schauen: Ist die Immunisierung gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Polio, Hepatitis, Pneumokokken, Meningitis, Masern, Mumps, Röteln, Grippe und andere noch vorhanden? Am besten den Arzt fragen!
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Den Viren davon laufen!
Wissenschaftliche Studien lassen darauf schließen, dass ein regelmäßiges Training der Muskeln (Joggen, Nordic Walking, Spazierengehen) schon ab dreimal die Woche für 20 Minuten, die Abwehr nachweislich steigert. Aber Achtung: Wer sich zu sehr auspowert, erschöpft auch sein Immunsystem.
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Stark schlafen!
Ausreichender Schlaf sorgt nicht nur für Erholung. Während der Tiefschlafphasen werden Botenstoffe ausgeschüttet, die auch das Immunsystem mobilisieren.
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Studien ergeben, dass gute Laune und Spaß am Leben ein starkes Immunsystem begünstigen. Lachen und Spielen bescheren nicht nur mehr Lebensqualität, sondern steigern ebenso die Abwehrkräfte!
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Stress vermeiden!
Negativer Stress regt die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol an. Diese Hormone legen die Abwehr lahm. Ein bewusstes Stress- und Zeitmanagement trägt dazu bei, dass der Körper zur Ruhe kommt und neue Energie tanken kann. Gezielte Entspannungsübungen wie Meditation, autogenes Training und Yoga können das Immunsystem erheblich unterstützen.
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Spazieren gehen!
Spaziergänge an der frischen Luft bringen wechselnde Temperaturreize und Bewegung – beides stimuliert die Abwehrkräfte. Zudem profitieren die Schleimhäute von der besseren Durchblutung und dank der höheren Luftfeuchtigkeit werden sie mit Virenattacken besser fertig.
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Vorsicht Zucker!
Studien haben gezeigt, dass beim Verbrennen von kurzkettigem Zucker viele Vitamine verbraucht werden, die dem Körper dann nicht mehr zur Verfügung stehen.
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Warm und Kalt!
„Wechsel-Duschen“ trainieren die Wärmeregulation und die Gefäße. Warm-kalt-warm-kalt heißt die Devise. Unterstützen kann man die Dusche durch eine kräftige Massage mit einem Massage-Schwamm oder einer Bürste. Das stimuliert das Immunsystem zusätzlich.