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Politik

Erfolgsmodell - allen Widrigkeiten zum Trotz

Jannis Papadimitriou
7. November 2016

Immer mehr griechische und deutsche Kommunen finden zueinander - trotz Bürokratiehürden und Berührungsängsten bei den Griechen. Den passenden Rahmen bietet das Netzwerk der Deutsch-Griechischen Versammlung.

Statue von Otto I. in der Altstadt von Nafplion
Altstadt von Nafplion mit einer Statue von Otto, dem ehemaligen griechischen König aus dem bayerischen Haus WittelsbachBild: DW/J. Papadimitriou

Besonders laut wurden die Bedenkenträger bei der Eröffnung der sechsten DGV-Jahreskonferenz in der geschichtsträchtigen Ortschaft Nafplion, der einstigen Hauptstadt Griechenlands, am Donnerstag: In den Altstadtgassen skandierten Demonstranten Parolen gegen den angeblichen Ausverkauf des Landes, während im alten Parlament Bürgermeister und Kommunalexperten aus beiden Ländern die deutsch-griechische Zusammenarbeit in hohen Tönen lobten. Zu den Protestlern auf der Straße gesellte sich Panagiotis Lafazanis, einst Anführer des radikalen Flügels bei der regierenden Linkspartei Syriza. Er hat die Linke aus Protest gegen die andauernde Sparpolitik verlassen und setzt seitdem auf außerparlamentarische Opposition. 

Hans-Joachim Fuchtel sieht Fortschritte in der ZusammenarbeitBild: DW/P. Kouparanis

Hans-Joachim Fuchtel, Beauftragter der Bundesregierung für die Deutsch-Griechische Versammlung, begegnet dem Protest mit Gelassenheit. "Draußen haben vielleicht 80 Leute protestiert, aber hier saßen über 450 Leute, die konstruktiv nach vorne schauen - da sage ich einfach, die Relation ist so, dass wir auch das verkraften", erklärt der CDU-Politiker. Die steigenden Teilnehmerzahlen scheinen ihm recht zu geben: In Nafplion erscheinen erstmals über 70 Bürgermeister aus ganz Griechenland. Sie hoffen auf Kontakte und Kooperation mit deutschen Partnern über die DGV. Mit dabei ist Paraskevas Patsouridis aus Didymoteichon, einem malerischen Ort nahe der türkischen Grenze. Seine Stadt verfügt über eine reiche Geschichte, war zeitweise Hauptstadt des Byzantinischen Reichs. Deshalb wolle er auf Kulturtourismus setzen und Besucher aus den Nachbarländern locken, sagt Bürgermeister Patsouridis der DW. Das Problem: "Wir sind eine kleine Verwaltungseinheit und brauchen Hilfe von außen, um ein tragfähiges Tourismus- und Marketingkonzept zu entwickeln ".

Bürgermeister Paraskevas Patsouridis: "Wir brauchen Hilfe"Bild: DW/J. Papadimitriou

Hoffen auf EU-Gelder

Wie das geht, macht die Provinzhauptstadt Konitsa im Nordwesten Griechenlands vor. Landschaftlich erinnert die touristisch eher unberührte Region an das Tessin, den südlichsten Schweizer Kanton. Mit Hilfe deutscher Experten errichteten dort die Stadtbehörden Anfang 2015 moderne Stellplätze für Wohnmobile inmitten einer üppig grünen Landschaft. Die Besucher kamen in Scharen. Neulich wurde das Projekt vom renommierten Athener Fachblatt Marketing Week ausgezeichnet. Durch diesen Erfolg ermutigt, erweitert Bürgermeister Andreas Papaspyrou das Konzept nun in Richtung Wandertourismus. "Von der Mitarbeit bei der DGV versprechen wir uns wertvolles Knowhow und steigende Besucherzahlen" sagt der Offizier a.D. der DW. Papaspyrou würde außerdem gerne mit deutschen Partnern EU-Gelder für gemeinsame Projekte beantragen. Diesen Wunsch teilt er mit dem Kollegen Patsouridis aus Didymoteichon. Dahinter steht der Wunsch, bürokratische Hürden im eigenen Land zu überwinden. "Bei uns laufen EU-Förderprogramme für Städte und Gemeinden über die jeweils zuständige Regionalverwaltung. Das heißt, man braucht die Zustimmung einer höheren Instanz und da haben wir kaum Chancen" klagt Patsouridis. 

Dass im Tourismus "sehr viel vorangekommen ist" bestätigt DGV-Initiator Hans Joachim Fuchtel. Auch auf anderen Gebieten hätten griechische und deutsche Kommunen noch viel vor, berichtet der CDU-Politiker. Aber da ginge es erst einmal darum, "dass die Hürde genommen wird, die oft bei der Planung in der höheren Ebene liegt". Beispiel Abfallwirtschaft: In Hellas landen 80 Prozent der kommunalen Abfälle auf Deponien, eine systematische Müllentsorgung stößt immer noch auf bürokratische und juristische Hürden. Darüber wundert sich Gerhard Bauer, Landrat für den Kreis Schwäbisch-Hall, der seit vier Jahren griechische Kommunen in Fragen der Abfallwirtschaft über die DGV berät. "Es ist leider so, dass wir immer wieder mit neuen Ansprechpartnern zu tun haben."

Deutliche Kritik aus Brüssel

Die Regierungen wechseln, neue Partner kommen und dann muss man von vorne anfangen", sagt Bauer. Immerhin billigte die Athener Regierung 2015 ein Rahmengesetz zur "nationalen Abfallplanung". Nun müssten die Regionen ebenfalls ihre Umweltplanung vorlegen, bevor griechische und deutsche Kommunen gemeinsame Projekte starten, mahnt Bauer. Da hapert es noch. Der Jurist sieht sich als einen modernen "Philhellenen", der gegen Müllberge kämpft. Den griechischen Partnern verspricht Bauer Hilfe bei der Beantragung von EU-Geldern, sofern die erforderlichen Abfallpläne vorliegen.


Eröffnung der DGV-Jahreskonferenz im alten Parlament von NauplionBild: DW/J. Papadimitriou

Eine schonungslose Analyse liefert Direktor Giorgos Kremlis von der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission: Griechenland hat eine Recycling-Quote von nur 17 Prozent und landet immer wieder vor dem Europäischen Gerichtshof wegen seiner Müllkippen; dabei könnte ein modernes Abfallmanagement dem Land 70.000 Arbeitsplätze bescheren und Einsparungen von bis zu 600 Milliarden Euro bringen. Es gäbe also viel zu tun, auch für die DGV. Vorausgesetzt, die Regionen legen ihre Abfallplanung vor und der Gesetzgeber verbessert das Umwelthaftungsrecht. Erst dann würden EU-Gelder fließen, mahnt Kremlis im Gespräch mit der DW. Zum Abschluss der DGV-Jahresversammlung am Wochenende zeigt sich Hans-Joachim Fuchtel zuversichtlich: "Hier kann man sehr viel Erfolg haben in kürzerer Zeit".

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