Die Kartellklage gegen Google in den USA ist ein erneuter Versuch, die Macht der Tech-Giganten zu beschränken. Die bisherige Bilanz solcher Verfahren fällt gemischt aus.
Anzeige
Die Kartellklage gegen die Alphabet-Tochterfirma Google, die das US-Justizministerium (DOJ - Department of Justice) in dieser Woche angestrengt hat, ist eine Kampfansage an die Dominanz der globalen Technologiegiganten.
Das DOJ wirft Google vor, eine Monopolstellung erreicht zu haben, indem es gesetzeswidrig Telefonhersteller bezahlt haben soll, damit die den Internetbrowser Google Chrome zur Standardkonfiguration auf ihren Smartphones machen.
Die Klage ist wahrscheinlich nur der Auftakt. Anfang des Monats hatte der Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses in einem Bericht umfangreiche Änderungen im Kartellrecht angemahnt, weil Google und andere große Tech-Firmen ihre Marktdominanz missbrauchen. Weitere Klagen werden erwartet.
Auch Europa geht inzwischen stärker gegen die Konzerne vor. Am Mittwoch unterstützte das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit die Pläne zur Entwicklung eines Gesetzes zu digitalen Dienstleistungen, das die Macht der Technikgiganten in der EU deutlich einschränken soll.
Die US-Klage gegen Google ist der jüngste in einer Reihe von Versuchen der Politik, Kartellgesetze gegen Firmen durchzusetzen, die vor kurzem noch Start-ups waren, jetzt aber als global agierende Konzerne eine Gefahr sein können für Wettbewerb und Innovation.
Was ist ein Monopolist?
02:29
DOJ gegen Microsoft
1998 verklagte das US-Justizministerium den Software-Riesen Microsoft, weil er es Nutzern und PC-Herstellern schwer mache, einen anderen Webbrowser als den Microsoft Internet Explorer zu verwenden, der fester Bestandteil des firmeneigenen Windows-Betriebssystems war. Ein Gericht entschied, dass die "Bündelung" von Browser und Betriebssystem der Grund für den großen Erfolg war und nach dem Kartellgesetz von 1890 einer rechtswidrigen Monopolstellung gleichkam.
Microsoft argumentierte, dass beide Produkte zusammengehören. Das Unternehmen ging erfolgreich in Berufung gegen das Urteil, dass den Konzern verpflichtet hätte, sein Geschäft in zwei getrennte Einheiten aufzuspalten - eine für Betriebssysteme, eine für sonstige Software.
Am Ende entschied sich das Justizministerium für einen Vergleich: Microsoft blieb intakt und erklärte sich im Gegenzug bereit, Konkurrenten Zugang zu technischen Details seiner Schnittstellen zu gewähren.
In den Jahren nach dem Prozess verlor Microsoft gegenüber anderen Technologiefirmen zunehmend an Boden, verschlief den Wandel zur mobilen Internetnutzung und unterlag im Kampf der Webbrowser gegen Google.
Die aktuelle Klage des Justizministeriums gegen Google stützt sich auf den Microsoft-Prozess, hat aber einen engeren Fokus, der die Erfolgschancen erhöht, wenn das Verfahren in die nächste Instanz gehen sollte.
Apple ist mehr als zwei Billionen Dollar wert
Der iPhone-Bauer Apple aus dem kalifornischen Cupertino ist das erste US-amerikanische Unternehmen, dessen Börsenwert bei mehr als 2.000.000.000.000 US-Dollar liegt.
Bild: Getty Images/E. Thayer
Der Corona-Gewinner
Vor zwei Jahren hat das US-Unternehmen die Billionen-Grenze bei der Marktkapitalisierung durchbrochen. Nun erklimmt Apple den nächsten Gipfel: Das Unternehmen ist an der Börse mehr als zwei Billionen Dollar wert. Die Aktien sind in diesem Jahr durch die Decke gegangen, als die ans Haus gebundenen Kunden neue Geräte kauften, um in der Pandemie mehr und bequemer kommunizieren zu können.
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Kataoka
Ein Anderer war schneller
Allerdings ist Apple nicht die erste "Zwei-Billionen-Dollar-Firma" der Welt. Erdöl-Riese Saudi Aramco hat diese vor einigen Jahren noch utopisch anmutende Marke bereits im Dezember 2019 gerissen - am zweiten Tag des freien Handels mit ihren Aktien. Der sinkende Ölpreis hat die Saudis aber mittlerweile ihren Spitzenplatz gekostet. Die wertvollste Firma der Welt kommt jetzt aus den USA.
Bild: Reuters/H.I. Mohammed
Die Nächsten kommen bald
Apple wird bald Gesellschaft bekommen, denn die US-amerikanischen Konzerne Microsoft und Amazon profitieren ebenfalls von einer durch COVID-19 angeheizten Nachfrage. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind besonders bei jenen begehrt, die von zu Hause arbeiten oder online handeln. Beide Konzerne haben derzeit eine Marktkapitalisierung von jeweils mehr als 1,5 Billionen Dollar.
Bild: Getty Images/J. Moon
Nachwuchs im Club der Milliardäre
Apples gegenwärtiger Höhenflug tut auch dem Vorstandsvorsitzenden Tim Cook gut. Laut der Finanznachrichtenagentur Bloomberg ist er jetzt Milliardär. Für ihn wohl auch ein Moment persönlicher Genugtuung: Denn als er 2011 die Führung des Unternehmens übernahm, hatten viele Beobachter seine Fähigkeiten und seine Ausstrahlung für unzureichend gehalten - und ihn offenbar unterschätzt.
Bild: picture-alliance/T. Avelar
Die Geburt einer Garagen-Legende
Der charismatische Steve Jobs (im Bild rechts) und sein Schulfreund Steve Wozniak hatten Apple 1976 gegründet. Erster Firmensitz: Die Garage der Familie Jobs. Als das Unternehmen vier Jahre später Aktien ausgab, war dies der größte Börsengang seit dem Debüt von Ford 1956. Schon Ende 1980 war Apple nach Börsenwert um rund zwei Milliarden Dollar wertvoller als der legendäre Autobauer.
Bild: picture-alliance/dpa/Apple
Fast abgestürzt
Apples nächster Entwicklungssprung kam mit den Macintosh, einem Computer mit graphischer Benutzeroberfläche. Doch ein spontaner Erfolg war der "Mac" ganz und gar nicht: Steve Jobs verließ daraufhin 1985 das Unternehmen. Zwölf Jahre später aber war er zurück und rettete die Firma 1997 vor dem Bankrott. Von nun an ging es stetig bergauf - mit iPad, iPod und iPhone.
Bild: imago/UPI Photo
Der iPhone-Effekt
Das Erfolgsmodell von Apple war - und ist immer noch: das iPhone. Dieses Smartphone war das erste, das eine Musicbox, einen Webbrowser und einen E-Mail-Dienst im selben handlichen Gerät vereinte, mit dem man auch immer noch telefonieren konnte. Diese "iPhone-Revolution" marginalisierte die Konkurrenz von Motorola und Blackberry und bleibt die Basis des angestrebten weiteren Wachstums von Apple.
Bild: picture alliance/AP Images/P. Sakuma
7 Bilder1 | 7
EU gegen Microsoft
Die EU ging ihrerseits 2004 gegen Microsoft vor und verhängte eine Geldbuße von fast einer halben Milliarde Euro. Der US-Konzern habe sein "Beinahe-Monopol" missbraucht, um Wettbewerb auf dem Servermarkt und bei Software zum Abspielen von Musik und Videos zu unterdrücken.
Microsoft wurde angewiesen, ein Windows-Betriebssystem auch ohne seinen "Mediaplayer" anzubieten. Die EU-Kartellbehörde verlangte außerdem, dass Microsoft seinen Schnittstellencode an konkurrierende Unternehmen weitergibt, damit Wettbewerber sicherstellen können, dass ihre Server ohne Abstriche mit dem Windows-Betriebssystem funktionieren.
Eine Allianz gegen Internetmonopolisten?
This browser does not support the audio element.
EU gegen Apple
Im Juli 2020 hat US-Computerkonzern Apple erfolgreich gegen eine Kartellentscheidung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2016 geklagt. Damals war Apple verpflichtet worden, in Irland 13 Milliarden Euro Steuern nachzuzahlen. Die Kommission hatte argumentiert, Irland habe Apple mit einem unangemessen niedrigen Satz besteuert, was eine unfaire Bevorzugung des iPhone-Herstellers darstelle. Irland habe seine Steuern zwei Jahrzehnte lang zu niedrig angesetzt, zeitweise betrug der Steuersatz nur 0,0005 Prozent.
Das Gericht der Europäischen Kommission gab dagegen Apple recht. Die Kommission habe zu Unrecht erklärt, Apple sei ein"selektiver wirtschaftlicher Vorteil" gewährt worden, entschieden die Richter. Das wiederum veranlasste EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im September 2020, ihrerseits Rechtsmittel einzulegen. Dem in Luxemburg ansässigen Gericht seien bei seiner Entscheidung "eine Reihe von Rechtsfehlern" unterlaufen, sagte die dänische Politikerin. Das Verfahren sei wichtig, um Steuerschlupflöcher für multinationale Unternehmen zu schließen und Transparenz zu gewährleisten.
Anzeige
EU gegen Google
Der US-Justizminister ist nicht der erste, der sich mit dem Betreiber der populärsten Suchmaschine der Welt anlegt. Die EU-Kommission hat seit 2017 in drei separaten Verfahren entschieden, dass Google gegen europäische Wettbewerbsregeln verstößt und Strafen von insgesamt 8,25 Milliarden Euro verhängt: weil Google die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichs gegenüber der Konkurrenz bevorzugt, weil es mit illegalen Beschränkungen für eine Vormachtstellung seines Browsers auf Android-Geräten sorgt, und - als jüngste Entscheidung - weil es durch Absprachen mit Website-Betreibern Konkurrenten daran hindert, dort Werbung zu schalten. Google hat gegen die Urteile Berufung eingelegt. Entscheidungen werden im kommenden Jahr erwartet.
Die EU prüft außerdem, ob Googles Absicht, den US-Konzern Fitbit zu übernehmen, gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen könnte. Fitbit stellt Armbänder her, mit denen Kunden ihre Trainingsdaten überwachen können. Kritiker befürchten Nachteile für Wettbewerber und Datenschutzprobleme, wenn Google Zugriff auf massenweise persönlicher Gesundheitsdaten hätte. Eine Entscheidung dürfte im Januar 2021 fallen.
Adaption aus dem Englischen: Andreas Becker
EU verhängt immer höhere Wettbewerbsstrafen
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Aber entdeckt die EU gerade Kartellstrafen für US-Softwareunternehmen als Kompensation für entgangene Steuereinnahmen? Fakt ist jedenfalls, dass die Strafen seit 2004 gestiegen sind.
Bild: picture alliance/dpa/C. Dernbach
Microsoft - EU-Kommission fordert Windows ohne Mediaplayer
2004 kam die EU-Kommission nach fünfjährigen Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass Microsoft sein damaliges Monopol bei PC-Betriebssystemen ausgenutzt hat. Die Strafe betrug 497 Millionen Euro. Die Auflagen: Binnen 90 Tagen sollte Microsoft eine Windows-Version ohne den "Mediaplayer" anbieten. Auch sollte der Konzern innerhalb von 120 Tagen Wettbewerber über seine Schnittstellen informieren.
Bild: Imago/H. Rudel
Microsoft durfte keine Lizenzgebühren berechnen - 900 Millionen Euro Strafe
2007 ging die EU-Kommission wieder gegen Microsoft vor und verhängte eine Kartellstrafe von 900 Millionen Euro. Die Begründung damals: Das IT-Unternehmen habe Konkurrenten bis zum Oktober 2007 ungerechtfertigte Lizenzgebühren für technische Informationen berechnet. Damit habe Microsoft gegen frühere EU-Auflagen aus dem Jahr 2004 verstoßen.
Bild: picture-alliance/AP Photo/T.S. Warren
Intel - Große Rabatte für den Exklusivverkauf
Im Jahr 2009 kam es zu einer neuen Rekordstrafe: 1,06 Milliarden Euro sollte diesmal der Chiphersteller Intel zahlen - Höhepunkt eines neunjährigen erbitterten Kartellstreites. Intel, so der Vorwurf der Wettbewerbshüter, soll zum Beispiel der Media Saturn Holding große Rabatte eingeräumt haben. Dafür hatten die Märkte Saturn oder Media Markt nur PCs mit Intel-Chips verkaufen dürfen.
Bild: Imago/Xinhua
Microsoft - EU-Kommission will freie Browserwahl
2013 musste die Softwareschmiede 561 Millionen auf die EU-Konten überweisen. Der amerikanische Softwarekonzern muss die Strafe zahlen, weil er den Kunden nicht wie 2009 zugesagt verschiedene Internet-Browser zur Wahl gestellt hat. Microsoft habe seine der EU gegebene Verpflichtung dazu von Mai 2011 bis Juli 2012 nicht erfüllt, erklärte die EU-Kommission.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk
Absprachen bei Smartcard-Chips - Infineon muss zahlen
2014 hat die EU-Kommission gegen vier Chiphersteller - darunter auch Infineon - eine Strafe von 138 Millionen Euro verhängt. Das Münchner Unternehmen musste mit knapp 82,8 Millionen Euro den Löwenanteil der Strafe zahlen. Der Vorwurf damals: Infineon soll zwischen September 2003 und September 2005 Preisabsprachen mit Philips, Samsung und Renesas zu sogenannten Smartcard-Chips gemacht haben.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Büttner
Online-Shopping - Google hat Ergebnisse manipuliert
2017 sollte Google eine neue Rekordstrafe von 2,42 Milliarden Euro an die EU-Kasse zahlen. Die EU-Kommission warf dem Marktführer bei Suchmaschinen vor, seine Marktmacht bei der Online-Shopping-Suche missbraucht zu haben. Konkret: Google soll beim Online-Shopping sein eigenes Preisvergleichsangebot in den Suchergebnissen zuerst aufgeführt und damit seine Konkurrenten benachteiligt haben.
Bild: picture alliance/dpa/S. Hoppe
Qualcomm bezahlte Milliarden für Aufträge von Apple
2017 musste Apple-Zulieferer Qualcomm insgesamt 997 Millionen Euro auf die Konten der EU-Kommission überweisen. Der Vorwurf: Der US-Konzern soll Milliarden an Apple gezahlt haben, um Konkurrenten fernzuhalten. Wettbewerber sind dadurch mehr als fünf Jahre lang vom Markt für sogenannte LTE-Basisband-Chipsätze ausgeschlossen worden. Qualcomm ist mit Abstand der größte Anbieter in dem Bereich.