Der Soldatenfriedhof "La Cambe"
4. Juni 2009Auf dem Friedhof "La Cambe" ruhen über 21.000 Soldaten. Es ist der größte von insgesamt sechs deutschen Kriegsgräberstätten in der Normandie. Auf den Gräbern liegen Tafeln, auf denen Name, Geburts- und Todesdatum sowie Dienstgrad der Gefallenen vermerkt sind. 80 Prozent von ihnen seien noch keine zwanzig Jahre alt gewesen, sagt Friedhofsverwalter Lucien Tisserand vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge. Die Tafeln seien aus Ton, der aus deutscher Erde gemacht sei, erzählt er weiter. So würden die Gefallenen nicht ganz in fremder Erde liegen.
Erinnerungen von Zeitzeugen
In vielen Gräbern liegen Mitglieder der SS. Nicht alle dieser gefallenen Waffen-SS-Männer seien jedoch Kriegsverbrecher gewesen, sagt Lucien Tisserand. Allerdings liege hier auch der Offizier Adolf Diekmann, der ein Massaker in dem französischen Dorf Oradour-sur-Glane befehligte, bei dem über sechshundert Menschen ermordet wurden. Für den Volksbund gebe es keine schlechten und keine guten Toten, erklärt Tisserand. "Jeder Mensch darf ein Grab haben, auch wenn er sich nicht gut benommen hat im Leben."
Ein paar Kilometer vom Friedhof entfernt liegt das gleichnamige 600-Seelen-Dorf La Cambe. In den 1950er-Jahren hat der heute 84-jährige Auguste Vallet dabei geholfen, den Friedhof anzulegen und tote deutsche Soldaten beizusetzen. Er erzählt, wie die Kriegsgräberstätte aus einem provisorischen Gräberfeld entstand. "Die Amerikaner haben die deutschen Gefallenen auf die eine und ihre eigenen Toten auf die andere Seite des Gräberfeldes gelegt. Das ging so sechs, sieben Jahre, bis die Amerikaner den großen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer bei Omaha Beach anlegten." Die ganze Normandie sei ein Gräberfeld gewesen. "Überall gab es Tote, die identifiziert werden mussten. Es war eine unschöne Arbeit, die aber korrekt ausgeführt wurde", erinnert er sich.
Auguste Vallet erinnert sich noch gut an die 60-Jahrfeier der Befreiung im Jahr 2004, als der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder von einem Besuch des deutschen Friedhofs in "La Cambe" absah. Er ist der Meinung, dass man der deutschen Gefallenen durchaus gedenken kann - nur nicht jener, die Verbrechen begangen haben.
"Das darf nie wieder vorkommen"
Den Friedhof "La Cambe" besuchen heute nur noch vereinzelt deutsche Veteranen. Der 83-jährige Johannes Börner ist einer von ihnen. Nach dem Krieg ist er in der Normandie geblieben. Von Juni bis Ende Juli 1944 kämpfte er in der verheerenden Schlacht um die Stadt Saint-Lô, erlebte die Bombardierung, Straßenkämpfe und den Tod tausender Soldaten. Viele seiner gefallenen Kameraden sind nie gefunden worden. "Wir waren in Saint-Lô mit 120 Mann und einen Monat später sind wir nur noch neun Mann gewesen", erinnert er sich.
Johannes Börner heiratete Jahre später eine Französin. Viel hat sich seither verändert: 1963 wurde im Elysée-Palast der deutsch-französische Freundschaftsvertrag geschlossen. Städtepartnerschaften zwischen den Ländern entstanden, schließlich kamen die großen Gedenkfeiern zum 50. und 60. Jahrestag der Befreiung, an denen auch deutsche Veteranen teilnahmen. Mit der Zeit sei ihm klar geworden, wie verblendet er als junger Mann gewesen sei, sagt Johannes Börner. "Damals waren wir noch jung. Wir haben nicht daran gedacht, wie das einmal enden wird. Es ist eine Schande." Für ihn ist klar: So etwas darf nie wieder vorkommen.
Autorin: Claudia Hennen
Redakion: Julia Kuckelkorn / Mareike Röwekamp