Bernard Ruiz-Picasso ist der Enkel von Pablo Picasso. Als Kind schämte er sich für die Gemälde seines Großvaters. Heute besitzt er eine der umfangreichsten Sammlungen eines der wohl größten Genies des 20. Jahrhunderts.
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Als Pablo Picasso am 8. April 1973 stirbt, hinterlässt er ein millionenschweres Vermächtnis, aber kein Testament. Es dauert ganze sieben Jahre, bis alle Bilder, Skulpturen, Zeichnungen, Briefe und Texte in Picassos Besitz inventarisiert und katalogisiert sind. Das Ergebnis ist schwindelerregend: 1856 Gemälde, 7089 Zeichnungen, 30.000 Graphiken, 1355 Plastiken, 2880 Keramiken.
Seine zweite Ehefrau - Jaqueline Roque - hatte ihn in seinen letzten Lebensjahren nicht nur vor der Öffentlichkeit abgeschirmt, sondern verwehrte den unehelichen Kindern sowie Enkeln sogar die Teilnahme an der Beerdigung.
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Bernard Ruiz Picasso ist Picassos Enkel
Bernard Ruiz-Picasso, der Enkel, den wir in Paris treffen, ist damals 13 Jahre jung. Er ist der Sohn von Paulo Ruiz-Picasso, dem ersten Sohn von Pablo Picasso und dessen erster Ehefrau Olga Khokhlova und damit "rechtmäßiger Erbe" - was die unehelichen Kinder bekommen sollen, ist da noch nicht klar.
Reisewege zu Picasso
Als Picasso vor 50 Jahren starb, hinterließ der Nachwelt rund 50.000 Werke. Und viele Orte, an denen er gelebt und gearbeitet hat. Eine Spurensuche von Málaga über Barcelona und Paris bis Antibes.
Bild: Jiri Hubatka/imageBROKER/picture alliance
Schloss Vauvenargues, Südfrankreich
In Südfrankreich verbrachte Picasso die letzten Jahrzehnte seines Lebens, hier liegt er auch begraben: im Garten seines Schloss Vauvenargues. Es befindet sich heute in Privatbesitz - wie viele seiner einstigen Wohnsitze - und kann nicht besichtigt werden. Doch es gibt genügend andere Orte in Frankreich und Spanien, an denen man Picasso ganz nahe kommt.
Bild: Anna Reinert/Zoonar/picture alliance
Geburtsort Málaga
Das Licht, die Farben - sie wurden Picasso in die Wiege gelegt: Er wurde 1881 in Málaga, an der Südküste Spaniens geboren und verbrachte hier die ersten zehn Lebensjahre. Hier erhielt er auch seinen ersten Zeichenunterricht, und zwar von seinem Vater, einem freischaffenden Maler und Kunstlehrer.
Bild: Micha Korb/pressefoto_korb/picture alliance
Fototermin mit Picasso
Die Bronzestatue von Picasso ist ein beliebtes Fotomotiv. Sie steht vor seinem Geburtshaus, das heute ein kleines Museum ist. Zu sehen sind Originalgegenstände wie Familienfotos, Spielsachen, Taufanzug und die Babyschuhe vom kleinen Pablo.
Bild: Jesus Merida/ZUMA/picture alliance
Kunstgenuss in Málaga
Keine fünf Gehminuten vom Geburtshaus entfernt befindet sich in einem alten Stadtpalast das "Museo Picasso Málaga". Es ist im Besitz von über 230 Kunstwerken des Malers, die meisten davon sind Schenkungen seiner Nachfahren. Es war Picassos ausdrücklicher Wunsch, dass seine Arbeiten auch in seiner Geburtsstadt präsent sind.
Bild: Lorenzo Carnero/Zumapress/picture alliance
Jugendjahre in Barcelona
Picasso war 14 Jahre alt, als er 1895 die Aufnahmeprüfung an der renommierten Kunstschule "La Lotja" in Barcelona bestand. Oft verkehrte er im Künstler-Café "Els 4 Gats" (Die vier Katzen), wo er Kontakte zu anderen Künstlern knüpfte. Hier stellte er auch einige seiner ersten Arbeiten aus. Das Café gibt es heute noch, für Picasso-Fans eine wichtige Adresse in Barcelona.
Bild: Global Travel Images/picture alliance
Frühwerk in Mittelalter-Ambiente
Einen umfassenden Überblick über Picassos frühe Schaffensperiode von 1895 bis 1904 gibt das Museu Picasso in Barcelona. 4200 Werke sind zu sehen, so viele, dass sie mittlerweile auf fünf mittelalterliche Paläste verteilt sind. Eröffnet wurde das Museum 1963, also noch zu Lebzeiten Picassos.
Bild: Global Travel Images/picture alliance
Bonjour, Paris!
1900 kam der 18-jährige Picasso zum ersten Mal nach Paris, unbekannt und mittellos. Wenige Jahre später war er einer der führenden Vertreter der Avantgarde. Er lebte und arbeitete in wechselnden Quartieren. Eines davon war das Bateau-Lavoir, damals ein runtergekommenes Haus mit zahlreichen Künstlerateliers auf dem Montmartre (Foto). Auch heute noch werden die Studios an Künstler vermietet.
Nach Picassos Tod 1973 gaben die Erben viele seiner Werke an den französischen Staat; sie entrichteten so ihre Erbschaftssteuer. Bis heute ist die Sammlung auf mehr 5000 Werke angewachsen und ist somit eine der größten weltweit. Zu sehen ist sie im Pariser Picasso-Museum, das sich in einem eleganten Palais im Stadtviertel Marais befindet.
Bild: Etienne Laurent/dpa/picture alliance
Inspirationsquelle Südfrankreich
Pablo Picasso liebte das Licht des Südens und die Schönheiten der Provence und der Côte d’Azur. So wurde Südfrankreich nach dem Zweiten Weltkrieg seine zweite Heimat. Er wohnte und arbeitete in verschiedenen Orten etwa in Sorgues, Arles, Antibes - um nur einige zu nennen. Sie alle sind Teil der Picasso-Route in Südfrankreich.
Bild: Stuart Black/robertharding/picture alliance
Antibes: Das erste Picasso-Museum
1946 kam Picasso nach Antibes; er konnte einen Teil des dortigen Museums als Atelier nutzen. Er versprach: "Ich werde euch das Museum dekorieren!" So geschah es: Monate später beherbergte das Museum von Antibes 23 Gemälde und 44 Zeichnungen des Meisters. Im Laufe der Jahre wuchs der Bestand, bis schließlich 1966 das Musée Picasso in Antibes eröffnet wurde, das erste ihm gewidmete Museum.
Bild: Johanna Hoelzl/picture alliance
Vallauris: Picasso auf dem Marktplatz
Sieben Jahre lebte Picasso in Vallauris, einer kleinen Stadt mit einer langen Töpfertradition. Picasso, damals schon weit in seinen Sechzigern, erlernte das Handwerk und prägte seinen ganz eigenen Stil. Viele seiner Arbeiten sind im Museum Vallauris zu sehen. Auf dem Marktplatz steht die Figur "Mann mit Schaf" - ein echter Picasso!
Bild: picture alliance/Rainer Hackenberg
Mougins: Kleinstadtidylle als Alterswohnsitz
Die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte Picasso in Mougins, einem kleinen Ort unweit von Cannes. Das Foto von 1962 zeigt ihn mit Ehefrau Jacqueline auf seiner Terrasse in Mougins. Ein Picasso-Museum sucht man vergebens, aber Picasso-Fans fühlen sich in dem bezaubernden Ort ihrem Idol ganz nah. In Mougins starb Pablo Picasso am 8. April 1973 im Alter von 91 Jahren.
Bild: picture alliance/dpa
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Doch auch der Staat hielt die Hand auf: Erbschaftssteuern sind fällig Aufgrund des umfangreichen Nachlasses kam in Frankreich erstmals ein Gesetz - die sogenannte "Dation" - zur Anwendung: Es erlaubte den Erben, ihre Steuern nicht in Geld, sondern in Kunstwerken zu bezahlen. So entstand 1985 aus diesem Nachlass das Picasso-Museum in Paris, das mit 5000 Ausstellungsstücken und 200.000 Dokumenten und Dingen aus dem persönlichen Archiv die größte Sammlung des Künstlers beherbergt.
Bernard Ruiz Picasso stiftete vor zwanzig Jahren wiederum einen Teil seiner Sammlung, um gemeinsam mit seiner Mutter das Picasso-Museum in Malaga zu gründen. In der andalusischen Küstenstadt wurde sein berühmter Großvater am 25. Oktober 1881 geboren.
DW: Wann ist Ihnen zum ersten Mal klar geworden, dass Ihr Großvater eines der größten Genies der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ist?
Bernard Ruiz-Picasso: Ich habe erst kurz vor seinem Tod im Jahr 1973 gemerkt, dass er eine bekannte Persönlichkeit ist. Als Kind habe ich ihn regelmäßig in Südfrankreich besucht. Er war immer von vielen Freunden umgeben und lebte in einem großen Haus, das voller Kunstgegenstände war. Er war immer sehr beschäftigt. Ich war noch jung damals, und ich habe nicht verstanden, wie bedeutend er in künstlerischer Hinsicht war. Aber ich nahm durchaus wahr, dass die Menschen zu ihm aufblickten. Er wurde eben nicht wie ein Schreiner oder Elektriker behandelt, sondern mit mehr Achtung.
Haben Sie als Kind jemals überlegt, womit er sein Geld verdient?
In der Schule waren mir solche Themen offen gestanden peinlich. Denn alle meine Freunde antworteten auf die Frage, was ihre Familienmitglieder beruflich machten, Dinge wie: Mein Vater ist Metzger, meiner arbeitet als Anwalt. Für mich war es komplizierter, diese Frage zu beantworten. Außerdem lachten viele Kinder über die Kunst von Picasso, weil seine Bilder in ihren Augen einfach schrecklich furchteinflößend waren. Mit Augen an Stelle von Ohren und anderen seltsamen Dingen.
Wie erinnern Sie sich an ihn? War er ein netter Großvater?
Als ich jung war, herrschten andere Zeiten. Kindern war es nicht erlaubt, Erwachsene zu unterbrechen, und es gab damals noch nicht so viele Telefone. In Picassos Haus gab es ein einziges Telefon, das auf gewisse Weise ein Tabu-Objekt war. Wenn ich im Wohnzimmer auf dem Boden spielte, redete er meistens mit anderen Erwachsenen, und manchmal bat er mich zu ihm zu kommen und mich zu ihm zu setzen. Manchmal zeigte er mir etwas und nahm mich in den Arm, wie es Großväter nun mal so machen.
Wenn er mit Ihnen gespielt hat oder wenn Sie Zeit mit ihm in Südfrankreich verbracht haben, sprachen Sie dann Spanisch oder Französisch miteinander?
Meistens Französisch, weil ich damals noch kein Spanisch konnte. Ich habe es erst später in der Schule gelernt.
Wie viel hat er gearbeitet?
Oh, er hat sehr viel gearbeitet. Wenn er hier mit uns zusammensitzen würde, würde er etwas zeichnen, während er das Interview geben würde. Er würde eine sehr energiegeladene Atmosphäre verbreiten, auch noch im Alter.
Sie haben das Picasso Museum in Malaga gegründet, und Sie sagen, dass Picasso der erste Popstar der Kunstgeschichte gewesen sein könnte. Wie erinnert das Museum an Picasso, und was ist im Rahmen der Feierlichkeiten zum Todestag geplant?
Zufälligerweise fällt das 20-jährige Bestehen des Museums mit Picassos 50. Todestag zusammen. Das Museum habe ich vor zwanzig Jahren mit meiner Mutter Christine Ruiz Picasso gegründet, und gemeinsam mit ihr arbeite ich seitdem daran, die Sammlung zu erweitern. Wir werden das Jubiläum mit einer Bestandsaufnahme feiern und schauen, wo wir heute stehen, und das Haus zukunftsfähig machen. Denn die Museumslandschaft und auch das Publikum haben sich in den letzten zwanzig Jahren stark verändert. Ein langwieriger Prozess. Museen gleichen behäbigen Tankern, und wir leben in einer Zeit in der Museen weltweit auf dem Prüfstand stehen. Aber mich fasziniert, dass sie Orte sind, an denen die Gegenwart und die Zukunft des Zusammenlebens verhandelt werden. Das gilt natürlich für Kultur im Allgemeinen.
Picasso verbrachte seine Kindheit in Malaga. Wie hat das seine Arbeit beeinflusst? Sein Vater war ja ein begeisterter Taubenmaler - und Picasso hat die ikonische Friedenstaube gemalt. Geht das auf seine Kindheit in Malaga zurück?
Zweifellos üben die frühen Lebensjahre einen großen Einfluss auf alle Künstlerinnen und Künstler, oder besser gesagt alle Kreativen aus. In Picassos Werk kann man ganz eindeutig die Farben seiner Kindheit wiedererkennen, die allesamt in den Gemälden auftauchen. Das Orange, das Gelb der Zitronen - diese.
Und sein Vater war ein wirklich guter Künstler, der auf Stillleben spezialisiert war, die wir in Spanien "bodegones" nennen. Er war auch Lehrer an einer Kunstakademie in Malaga, wo unter anderem Architektur, Design und angewandte Kunst unterrichtet wurde. Pablo Picasso, oder ich sollte besser sagen Ruiz Picasso, wie sein vollständiger Name lautete, war in seinem Leben von Anfang an von Kunst und Kultur umgeben. Das hat ihn sehr geprägt. Bis heute hinterlässt Picasso ja Spuren in Malaga, und nicht zuletzt das ihm gewidmete Museum hat die Stadt positiv verändert. Auch andere Ausstellungshäuser haben dort eine Zweigstelle eröffnet. Malaga ist eine Künstlerstadt geworden.
Nicht nur rosa und blau: Picasso Frühwerk im Museum Beyeler
Aus der ganzen Welt haben die Kuratoren Sammlern ihre Schätze entlockt. Allein die Versicherungssumme für die Leihgaben ist rekordverdächtig. Das Museum Fondation Beyeler zeigt Pablo Picassos "Blaue und Rosa Periode".
Bild: picture-alliance/dpa/W. Rothermel
"Yo Picasso" (1901)
"Ich, Picasso" signiert der junge spanische Maler Pablo Ruiz sein farbenfreudiges Selbstportrait aus dem Jahr 1901. Da ist er 19 - der Beginn einer einzigartigen Künstler-Karriere. Er schaut den Betrachter direkt an - wie bei einem Selfie. Der orangefarbene Schal ein modisches Detail, das Lockerheit demonstriert. Picasso pendelt in dieser Zeit noch zwischen Barcelona und Paris.
Bild: Succession Picasso/ProLitteris
"La Mort de Casagemas" /Der Tod Casagemas (1901)
Mit seinem Künstlerfreund Carles Casagemas war Picasso 1900 das erste Mal in die französische Hauptstadt Paris gereist. Die Kunst von Toulouse-Lautrec, van Gogh und Gauguin fasziniert die beiden Spanier und hinterlässt Spuren in Picassos frühen Bildern. Der tragische Selbstmord von Casagema, der sich aus Liebeskummer erschießt, wirft Picasso völlig aus der Bahn.
"Le Repas de L´Aveugle"/Das Mahl des Blinden (1903)
Der tiefe Schmerz über den gestorbenen Freund lässt Picasso an allem zweifeln. Seine Bildwelten sind in den Jahren danach in kalte Blautöne getaucht, die Motive oft arme, frierende und vom Leben gebeugte Figuren, die seltsam leblos erscheinen. Die melancholische Grundstimmung dieser "Blauen Periode" zieht sich durch die Bilder der Jahre 1902 bis 1904, in denen der Maler kaum Geld hat.
Bild: Succession Picasso/ProLitteris/The Metropolitan Museum of Art/Art Resource/Scala Florenz
"Femme en Chemise (Madeleine)"/Frau im Hemd (1904-05)
Die Modelle, die der talentierte Maler in dieser Zeit für seine Arbeiten ins Atelier holt, sind Frauen, Kinder und Männer aus den ärmsten Gesellschaftsschichten: Bettler, Waisenkinder, Prostituierte, ehemalige Strafgefangene. Ihre ausgezehrten Gesichter und Körper sind von Hunger und Existenznot gezeichnet, strahlen auf Picasso Bildern aber trotzdem Würde aus.
Bild: Succession Picasso/ProLitteris/Tate, London 2018
Pablo Picasso in Paris (1904)
1904 übersiedelt Picasso ganz nach Paris. Die pulsierende Kunstmetropole zieht ihn magisch an. Im Künstlerviertel Montmartre mietet er sich in einem Künstlerhaus ein. Für den jungen Maler ein neuer Lebensabschnitt: Picasso zieht mit seiner Lebensgefährtin Fernande Olivier zusammen, die ihm oft Modell steht. Er porträtiert sie oder verewigt sie als Akt.
Bild: Musée national Picasso-Paris
"Femme de l'ile de Majorque"/ Frau von der Insel Mallorca (1905)
Die kostbaren Leihgaben für die Picasso-Ausstellung im Museum Foundation Beyeler kommen aus berühmten Museen und Privatsammlungen auf der ganzen Welt. Die Versicherungssumme allein beträgt vier Milliarden Schweizer Franken. Dieses kleinformatige Aquarell, das nur sehr selten in der Öffentlichkeit zu sehen ist, stammt aus dem Puschkin-Museum, dem Staatlichen Museum für Bildende Künste in Moskau.
Bild: Succession Picasso/ProLitteris
"Nu Sur Fond Rouge"/ Nackt auf rotem Grund (1906)
Im Jahr 1906 kehren nicht nur Picassos Zuversicht und sein künstlerisches Selbstbewusstsein zurück, sondern auch die Farben. Im gleichen Jahr verzeichnet er auch seinen ersten kommerziellen Erfolg. Der Galerist Ambroise Vollard kauft ihm 20 Arbeiten aus dem Atelier heraus ab. Mit dem Geld mietet sich Picasso mit seiner Geliebten Fernande in einem katalanischen Bergdorf ein - und malt weiter.
In den lichtdurchfluteten Ausstellungsräumen, die Star-Architekt Renzo Piano für das Schweizer Sammlerehepaar Beyeler gebaut hat, können die Besucher diese Lebensphasen des Malers Pablo Picasso chronologisch verfolgen. Seine "Rosa Periode" zeichnet sich durch zarte Farbgebung und fröhlich-melancholische Motive aus: Gaukler, Akrobaten, Tänzerinnen und die faszinierende Welt des Zirkus.
Die Ähnlichkeit ist frappierend. Claude Ruiz-Picasso, der Sohn des berühmten spanischen Malers, ist ebenfalls künstlerische Wege gegangen. Er arbeitet als Fotograf, Grafiker und Filmemacher. Bei der Eröffnung der Ausstellung posiert er vor einem frühem Selbstportrait seines Vaters (1901). Die 80 Werke von Picasso aus der Zeit von 1901 bis 1906 sind noch bis zum 26. Mai 2019 in Basel zu sehen.
Bild: picture-alliance/dpa/W. Rothermel
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Im 21. Jahrhundert wird die Kritik am Verhalten Ihres Großvaters gegenüber Frauen immer lauter. In einem Interview haben Sie gesagt, dass er ein Feminist sei. Können Sie das erklären?
Das ist ein Zitat, das ein französischer Journalist in einer spanischen Zeitung aus dem Zusammenhang gerissen hat.
Doch ja, ich denke, die Art und Weise, wie er sich selbst darstellte, aber vor allem, wie er Frauen - als Mutter, als Geliebte, als furchterregende, hysterische Charaktere - darstellte, das ist außergewöhnlich. In diesem Zusammenhang hat mir eine Ausstellung im Musée d'Orsay über die Blaue und Rosa Periode die Augen geöffnet. Dort lernte ich seine Werke neu zu sehen. Auf diesen frühen Gemälden waren Frauen dargestellt, die Syphilis hatten oder völlig ausgehungert im Gefängnis saßen. Picasso hat sich auf allen Gebieten immer gegen Tyrannei und Barbarei engagiert.
War das Antikriegsgemälde "Guernica" aus dem Jahr 1937 das Gemälde, durch das er sich politisierte?
Auf Picassos Spuren durch Málaga
04:48
Nein, Picasso engagierte sich schon seit jungen Jahren in verschiedenen Gruppen, die allesamt für ein besseres Leben kämpften. "Guernica" ist nur ein Beispiel. Es war eine Auftragsarbeit für den spanischen Pavillon auf der Expo in Paris 1937. Aber er beschäftigte sich auch danach immer wieder mit den Auswirkungen von Kriegen. So malte er 1951 das Gemälde "Massaker in Korea", und 1940, während des Zweiten Weltkriegs, ein Gemälde, das eine Frau mit nur einer Hand zeigt. Ich glaube, dass Picasso ein sehr sensibler Künstler war, der die schönen und die traurigen Seiten des Lebens gleichermaßen im Blick hatte.
Pablo Picasso - das Kunstgenie
Pablo Picasso gehört zu den größten Künstlern des 20. Jahrhunderts. 2023 wird sein 50. Todestag weltweit begangen. Wir zeigen Bilder aus seinen verschiedenen Schaffensperioden.
Bild: Lev Radin/Pacific Press/picture alliance
"Der alte Gitarrenspieler"
Dieses Bild eines alten Gitarristen in den Straßen Barcelonas malte Pablo Picasso 1903-1904. Es ist eins der wichtigsten Werke aus seiner Blauen Periode, in der er überwiegend in Blautönen malte, um seine düstere Stimmung widerzuspiegeln. Jüngste Röntgen- und Infrarotuntersuchungen ergaben, dass sich hinter dem Gemälde noch weitere Figuren verbergen.
Bild: Peter Barritt/Avalon/picture alliance
"Bildnis Gertrude Stein"
Auf die Blaue Periode folgte die Rosa Periode. Aus ihr stammt das Porträt der amerikanischen Schriftstellerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein, gemalt 1905-1906. Stein, die in Paris lebte, war Förderin der europäischen Avantgarde-Kunst und trug entscheidend dazu bei, Pablo Picasso berühmt zu machen.
Bild: Peter Barritt/Avalon/picture alliance
"Les Démoiselles d'Avignon"
Picassos "Les Démoiselles d'Avignon" (Die jungen Damen von Avignon) gilt als bahnbrechendes Beispiel für den Kubismus. Es wurde 1907 fertiggestellt und sorgte wegen der außergewöhnlichen Darstellung der Frauenkörper und der verzerrten Perspektiven für Kontroversen. Wer sich selbst ein Bild machen will, kann das Gemälde im Museum of Modern Art in New York begutachten.
Bild: Peter Foley/dpa/picture-alliance
"Guernica"
Mit "Guernica", das Picasso 1937 für eine Ausstellung in Paris malte, reagierte der spanische Maler auf die Bombardierung der baskischen Stadt Guernica durch die Nazis im selben Jahr. Dargestellt ist die Brutalität des Krieges mittels verschiedener metaphorischer Figuren wie einem Stier, einem gequälten Pferd oder einer weinenden Frau, die ihr totes Kind hält.
Bild: Burak Akbulut/AA/picture alliance
"Dora Maar mit Katze"
Picasso schuf dieses Gemälde seiner Geliebten Dora Maar im Jahr 1941. Sie war seine Muse und Gefährtin - acht Jahre lang. Dann trennte er sich für die weitaus jüngere Françoise Gilot. Mit Frauen ist Picasso nicht besonders gut umgegangen, das beschreiben sowohl Gilot als auch seine Enkelin Marina Picasso in ihren Memoiren. Heute würde man Picasso als Macho und Sexist bezeichnen.
Bild: epa Geoff Caddick/dpa/picture-alliance
"Die Taube"
Picasso schuf diese Lithografie 1949 für ein Plakat für den Pariser Weltfriedenskongress 1949. Ein Jahr später entwarf Picasso die Lithografie "Fliegende Taube" für den Weltfriedenskongress in Sheffield, die als Friedenstaube zum Symbol des Friedens schlechthin wurde und das wahrscheinlich berühmteste Bild Picassos ist.
Bild: picture alliance/dpa
"Massaker in Korea"
1951 fertiggestellt, stellt dieses Gemälde die Ermordung unschuldiger Zivilisten durch US-Soldaten während des Koreakrieges dar. Experten glauben, dass Picasso von Werken wie Goyas "Der dritte Mai 1808" (1814) und Edouard Manets "Die Erschießung Kaiser Maximilians" (1868) inspiriert wurde. Kürzlich klebten Klimaaktivisten in Australien aus Protest ihre Hände an Picassos Antikriegswerk.
Bild: Matt Hrkac/Extinction Rebellion/AFP
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Er war nie in Deutschland. Wissen Sie warum?
Nein, ich glaube einfach, er reiste nicht gerne. Er blieb lieber zu Hause und arbeitete in seinem Atelier. Er fuhr allerdings nach Polen, um die dortige Friedensbewegung zu unterstützen, und er war ein paar Mal in England. Er hat auch versucht, nach Nordamerika zu fahren, aber sie haben ihm kein Visum ausgestellt, weil er Kommunist war.
Warum ist er 1944 in die Kommunistische Partei eingetreten?
Nun, zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Europa einige Tyrannenstaaten. Es gab Diktatoren oder Kommunisten und einige wenige Demokraten, die nur ein geringes Interesse an Kunst hatten. Also mussten sich die Menschen für eine Seite entscheiden. Die Künstler der Avantgarde-Jahre waren sehr unabhängig, sie waren auf eine gewisse Art anarchistisch. Sie warteten nicht darauf, dass ihnen jemand sagte, was sie tun sollten. Sie engagierten sich alle politisch. In Form von Künstlermanifesten, aber auch durch ihre Kunstwerke oder durch ihre Schriften.
Picasso schrieb ja auch Gedichte, was nicht so bekannt ist.
Unsere Stiftung hat den französischen Verlag Éditions Gallimard finanziell unterstützt, um Picassos Gedichte auf Spanisch zu veröffentlichen. Er hatte einen sehr antiquierten Stil, ohne Zeichensetzung, ohne Punkt und Komma. Dadurch muss man sich einen eigenen Weg durch die Texte bahnen, einen eigenen Rhythmus entwickeln und sich die Zeichensetzung vorstellen.
Als Picasso starb, war es kompliziert, das Erbe aufzuteilen. Sie mussten einen großen Teil an den französischen Staat geben. Wie haben sie das geregelt?
Picasso starb 1973, zwei Jahre später starb bedauerlicherweise mein Vater. Dann gab es als rechtmäßige Erben erst mal nur meine Halbschwester Marina und mich. Ihr Bruder beging außerdem im selben Jahr Selbstmord. Das war ein trauriges Jahr. Am Ende waren es die hinterbliebenen Frauen und Halbgeschwister Maya, Paloma, Claude, Jaqueline - Picassos Witwe - Marina und ich, die sich das Erbe teilten. Wir waren zu sechst. Und die Anwälte haben dann zusammen mit der französischen Regierung die so genannte "Dation" ins Leben gerufen. Eine Möglichkeit, Steuerschulden mit Kunstwerken zu bezahlen. Eine wirklich gute Methode.
Er hat ihre Großmutter sehr häufig gemalt. Besitzen Sie einige der Arbeiten?
Ich besitze ein paar Dinge von meiner Großmutter. Vor allem konnte ich zehn Jahre lang an der Übersetzung der russischen Korrespondenz meiner Großmutter arbeiten. Wir haben eine Ausstellung mit dem Titel "Olga und Picasso" organisiert, in Paris, Moskau, Malaga und Madrid. Und wir haben viel recherchiert, weil wir keine Ahnung hatten, wer Olga tatsächlich war. Es ist eine traurige Geschichte aus den Zeiten des Bürgerkriegs. Sie kommt als junge Balletttänzerin 1911 nach Europa und lernt 1917 Picasso kennen. An der Seite von Picasso führt sie ein traumähnliches Leben, fast wie eine kleine Prinzessin. Doch währende Picasso gegen Ende des Zweiten Weltkriegs immer bekannter wird, verliert sie auf der anderen Seite ihre gesamte Familie. Sie sterben im Bürgerkrieg oder in der Armee.
Es gibt unzählige Ausstellungen, die 2023 an Picasso erinnern. Werden Sie sich die alle ansehen?
Ich versuche immer noch herauszufinden, wie ich gleichzeitig an zwei Orten sein kann. Nein, ich werde sie nicht alle sehen. Aber ich werde 2023 sehr viel reisen, weil es sich auf jeden Fall lohnt, so viele Ausstellungen wie möglich zu besuchen. Unsere Kunststiftung ist an einigen Ausstellungen beteiligt. Und soweit ich weiß, haben die Präsidenten von Frankreich und Spanien die Idee gehabt, die Feierlichkeiten des Picasso-Jahres im Gebäude der UNESCO in Paris enden zu lassen. Ein deutliches Zeichen für demokratische Werte.
Das Interview führten Sabine Oelze und Susanne Luerweg.