Zwei Jahre dauerte die Umgestaltung, bei laufendem Betrieb. Das Anne-Frank-Haus in Amsterdam hat seit jeher viele Besucher, doch sie bringen immer weniger Vorwissen mit. Das soll mit dem neuen Konzept aufgefangen werden.
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Zeugin des Holocaust: Wer war Anne Frank?
Weil ihnen als Juden unter den Nazis der Tod drohte, mussten sich Anne Frank und ihre Familie verstecken. Am 4. August 1944 wurde die 15-Jährige entdeckt und nach Auschwitz deportiert. Ihr Tagebuch ist heute weltberühmt.
Bild: Arno Burgi/ZB/picture alliance
Auf der Flucht vor den Nazis
1934 flüchtet Anne Frank mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten aus Deutschland in die Niederlande. Im Zweiten Weltkrieg müssen sie untertauchen, um den Nazis zu entkommen. Sie leben zwei Jahre lang versteckt in einem Hinterhaus in Amsterdam - bis sie verraten werden: Am 4. August 1944 werden Anne Frank und ihre Familie entdeckt, verhaftet und nach Auschwitz deportiert.
Bild: Cinema Publishers Collection/IMAGO
Familienbande
Anne Frank (vorne links) hatte eine dreieinhalb Jahre ältere Schwester namens Margot (hinten rechts). Ihr Vater Otto Frank machte dieses Foto am achten Geburtstag von Margot im Februar 1934. Anne war damals vier Jahre alt und die Familie bereits im Exil in den Niederlanden.
Bild: Otto Frank/AP Photo/picture alliance
Versteck in Amsterdam
Otto Frank, Annes Vater, konnte in Amsterdam die Niederlassung der Firma Opekta übernehmen. Als die Judenverfolgung einsetzte, richtete der Vater im Hinterhaus des Büros ein Versteck ein. Die vierköpfige Familie lebte dort von 1942 bis 1944, zusammen mit vier weiteren Verfolgten. Hier schrieb Anne Frank ihr weltberühmtes Tagebuch. Seit 1960 ist das Anne-Frank-Haus (Foto) ein Museum.
Bild: Daniel Kalker/picture alliance
Annes Versteck
Im Anne-Frank-Haus in Amsterdam können Besucher das Hinterhaus, in dem sich Anne mit ihrer Familie versteckte, besichtigen. Monatelang musste das junge Mädchen ihr enges Zimmer mit dem jüdischen Zahnarzt Fritz Pfeffer teilen, den sie in ihrem Tagebuch "Albert Dussel" nannte. Rechts ihr Schreibtisch, an dem sie fast jeden Tag schrieb.
Bild: H.Mund/DW
Tagebuch als beste Freundin
Von Anfang an schreibt Anne fast jeden Tag in ihr Tagebuch. Es wird für sie zu einer Art Freundin, der sie den Namen "Kitty" gibt. Das Leben, das Anne im Versteck führt, ist völlig anders als die sorglose Zeit davor: "Am besten gefällt mir noch, dass ich das, was ich denke und fühle, wenigstens aufschreiben kann, sonst würde ich komplett ersticken", ist dort zu lesen.
Bild: Ade Johnson/picture alliance/dpa
Tod in Bergen-Belsen
Anne Frank und ihre Schwester Margot werden am 30. Oktober 1944 aus Auschwitz nach Bergen-Belsen gebracht. In diesem Konzentrationslager kommen insgesamt mehr als 70.000 Menschen ums Leben. Nach der Befreiung des KZs werden die Opfer unter Aufsicht britischer Soldaten von Lastwagen zu den Massengräbern gebracht. Hier starben auch Anne und Margot Frank. Anne war erst 15 Jahre alt.
Bild: dpa/picture alliance
Annes und Margits Grabstein
In Bergen-Belsen steht auch der Grabstein von Anne. Das jüdische Mädchen aus Frankfurt am Main hatte sich ihr Leben anders vorgestellt: "Ich will nicht umsonst gelebt haben wie die meisten Menschen. Ich will den Menschen, die um mich herum leben und mich doch nicht kennen, Freude und Nutzen bringen. Ich will fortleben, auch nach meinem Tod" - so lautet ihr Tagebucheintrag vom 5. April 1944.
Bild: Julian Stratenschulte/picture alliance/dpa
Berühmt durch ein Tagebuch
Annes großer Traum war es, Journalistin oder Schriftstellerin zu werden. Dank ihres Vaters erscheint ihr Tagebuch am 25. Juni 1947. Der Titel: "Das Hinterhaus." Es folgen viele weitere Auflagen und Übersetzungen. Anne Frank wird zur Symbolfigur für die Opfer der Nazi-Diktatur. "Wir alle leben mit dem Ziel, glücklich zu werden, wir leben alle verschieden und doch gleich." (Anne Frank, 6. Juli 1944)
Bild: Arno Burgi/ZB/picture alliance
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Das Tagebuch der Anne Frank ist weltberühmt. Der Ort, an dem es geschrieben wurde, das Haus an der Amsterdamer Prinsengracht 263 - heute bekannt als Anne-Frank-Haus - gehört zu den meist besuchten Sehenswürdigkeiten in Europa. Jedes Jahr kommen rund 1,2 Millionen Besucher.
Doch die Anforderungen an das Museum ändern sich. "Die jungen Menschen, die das Anne-Frank-Haus heutzutage besuchen, erleben das Haus und seine Geschichte ganz anders als meine Generation", sagt Ronald Leopold (Jahrgang 1960), Direktor der Anne-Frank-Stiftung in Amsterdam. "Ich selbst bin mit dem Thema Zweiter Weltkrieg und Judenverfolgung groß geworden, meine Eltern haben es mir erzählt. Die jungen Menschen, deren Großeltern erst nach dem Krieg geboren wurden, haben da eine ganz andere Beziehung zu und sie wissen oft auch sehr viel weniger darüber." Und so entschloss man sich, das Museum umzugestalten: mehr Hintergrund, mehr Kontext, mehr pädagogische Aktivitäten. Zwei Jahre lang glich das Museum einer Baustelle, ohne jedoch geschlossen zu werden.
Aus der Vergangenheit lernen
Das Anne-Frank-Haus in Amsterdam will nicht nur zeigen, was in der Zeit des Nationalsozialismus geschehen ist, sondern auch vermitteln, wie es dazu kommen konnte. Es will zum Nachdenken anregen. "Erinnerungen an die Geschichte, Nachdenken über die Geschichte und Reagieren auf die Geschichte sind die drei Schritte, die bis heute die Arbeit des Anne-Frank-Hauses bestimmen", so Ronald Leopold. "Eine der wichtigsten Lehren aus der Geschichte der NS-Zeit, des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust ist vielleicht die Erkenntnis, dass das alles Menschenwerk war: das Ausgrenzen, die Verfolgung und Deportation und schließlich die Ermordung von sechs Millionen Juden."
In dem neu gestalteten Haus wird die Geschichte von Annes Frank und ihrer Familie mit Hilfe eines Audio-Guides chronologisch erzählt: Die ersten Jahre in Deutschland, die Flucht vor den Nazis in die Niederlande, die zunächst glücklichen Jahre dort bis hin zu ihrem Untertauchen 1942. An diesem Punkt der Führung steht man vor dem berühmten Bücherschrank, hinter dem sich die Treppe ins Hinterhaus verbirgt. Dort versteckten sich Anne Frank und ihre Familie zwei Jahre lang auf engstem Raum - bis sie verraten wurden. "Am Hinterhaus haben wir nichts verändert", sagt die Architektin Janneke Bierman. Es ist das Herz des Museums, ein Ort der Stille. Der Audio-Guide stoppt an dieser Stelle. Später geht die Geschichte weiter: Der Verrat der Familie, die Deportation ins Konzentrationslager. Der einzige, der überlebt, ist Otto Frank. Annes Vater sorgt später dafür, dass das Tagebuch seiner Tochter veröffentlicht wird.
Königliche Eröffnung
Nun wurde die neu gestaltete Dauerausstellung in Amsterdam feierlich präsentiert - im Beisein des niederländischen Königs Willem Alexander, der im Anschluss an die Eröffnungszeremonie durch das Haus geführt wurde und mit Mitarbeitern des Museums sprach.