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Politik

3-D-Drucker für Waffen entdeckt

11. Oktober 2019

Baute der geständige Attentäter von Halle seine Waffen selbst? Ermittler haben laut Medien einen 3-D-Drucker in der Wohnung des Vaters von Stephan B. entdeckt. Sie glauben, dass der Großteil der Waffen "selfmade" ist.

Deutschland | Halle nach Anschlag auf Synagoge
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Bei den Ermittlungen zum Anschlag auf eine Synagoge in Halle haben Ermittler laut Medienberichten einen 3D-Drucker entdeckt, der möglicherweise zur Herstellung von Schusswaffen eingesetzt wurde. Mit diesem Drucker lassen sich dreidimensionale Kunststoffteile herstellen, die auch zum Bau von Schießgerät eingesetzt werden können.

Wie das Magazin "Der Spiegel" berichtete, befand sich der Drucker in einem gelegentlich von dem Attentäter Stephan B. genutzten Zimmer in der Wohnung seines Vaters in Helbra in Sachsen-Anhalt. Die Ermittler gehen wohl davon aus, dass der frühere Chemiestudent einen Großteil der bei seinem Angriff verwendeten Schusswaffen selbst baute. 

Bei dem Terroranschlag in Halle waren am Mittwoch ein 20 Jahre alter Mann und eine 40 Jahre alte Frau erschossen und zwei weitere Menschen durch Schüsse schwer verletzt worden. Der Täter wollte ein Massaker in der Synagoge anrichten, scheiterte jedoch an der Eingangstüre des Gotteshauses. 

Rechtsextremist wollte Ermittler verhöhnen 

In einem weiteren Zimmer, in dem B. bei seiner Mutter wohnte, hätten die Fahnder eine Festplatte beschlagnahmt. In dem Raum seien zudem mehrere Zettel mit der Aufschrift "Niete" versteckt gewesen, mit denen der Rechtsextremist die Beamten offenbar verhöhnen wollte, berichtete das Magazin weiter. Die Mutter von B. habe "Spiegel TV" gesagt, die Tür des Zimmers sei stets verschlossen gewesen, er habe dort seine Privatsphäre gehabt.

In der Wohnung des Vaters befand sich laut den Ermittlern ein 3-D-Drucker, der zur Herstellung von Waffen geeignet ist Bild: AFP/A. Schmidt

Der Attentäter hatte nach Angaben der Bundesanwaltschaft am Freitag seine Tat gestanden. In einer mehrstündigen Vernehmung habe B. ein umfassendes Geständnis abgelegt und auch ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv für seinen Anschlag angegeben, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Der 27-Jährige habe "sehr umfangreich" ausgesagt. 

Sein Verteidiger erklärte: "Es wäre unsinnig, da etwas abzustreiten, und das hat er auch nicht getan", sagte der Karlsruher Anwalt Hans-Dieter Weber dem Südwestrundfunk (SWR). Sein Mandant sei intelligent, wortgewandt, aber sozial isoliert. Auslöser für die Tat sei gewesen, dass er andere Menschen für eigene Probleme verantwortlich mache. "In seinem Weltbild ist es halt so, dass er andere verantwortlich macht für seine eigene Misere, und das ist letztendlich der Auslöser für dieses Handeln."

Spezialkräfte eskortieren den Täter Stephan B. zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe Bild: Reuters/R. Orlowski

Deutschlandweites Gedenken an die Opfer 

Derweil ordnete das Innenministerium in Sachsen-Anhalt Trauerbeflaggung bis einschließlich Montag an allen Dienstgebäuden des Landes an. Der Bundesrat gedachte der Opfer des Anschlags mit einer Gedenkminute. Der Präsident der Länderkammer, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), sagte vor dem Plenum in Berlin, die Ereignisse erfüllten ihn mit Trauer und Entsetzen.

In Halle haben sich am Freitagnachmittag erneut mehrere Hundert Menschen zu einer Schweigeminute auf dem Marktplatz im Zentrum versammelt. Ersten Polizeischätzungen zufolge waren rund 600 Menschen vor Ort. Zwischenzeitlich protestierten zahlreiche von ihnen gegen einen stadtbekannten Rechtsextremen, der nur wenige Meter entfernt per Lautsprecher Parolen vom Dach seines Autos gerufen hatte. 

Hunderte legen am Geoskop auf dem Hallenser Marktplatz Blumen ab, der gläserne Deckel auf dem Kasten gewährt normalerweise Besuchern einen Blick in die Tiefe Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Junge Union unterbricht Deutschlandtag für Gedenkmarsch

In Saarbrücken unterbrach die Junge Union (JU) kurz nach Beginn den dreitägigen Deutschlandtag und zog mit Kerzen in den Händen zur Synagoge in Saarbrücken. JU-Chef Tilman Kuban, der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans und der Vorsitzende der Saar-JU, Alexander Zeyer, legten einen Kranz aus weißen Rosen nieder. Kuban sagte vor den rund 1000 Delegierten und Gästen des JU-Kongresses, Antisemitismus dürfe in Deutschland kein Raum gegeben werden. "Wer unsere jüdischen Freunde angreift, der greift auch uns an." Kuban nannte die rechtsterroristische Attacke von Halle einen Angriff auf die Religionsfreiheit. "Deswegen wollen wir heute alle gemeinsam ein starkes Signal setzen: Wir geben Antisemitismus keinen Raum." Auch der frühere Chef der Unionsfraktion, Friedrich Merz, beteiligte sich an dem Trauerzug. Der Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU wollte am Abend ein Grußwort vor den Delegierten des JU-Kongresses halten.

Friedensgebet in Eisleben

Am Freitagabend gab es in der St. Petri-Pauli-Kirche in Eisleben ein Friedensgebet und ein anschließendes stilles Gedenken. Eisleben ist die Geburtsstadt des Täters.

In Dessau-Roßlau fanden vor dem Jüdischen Gemeindehaus eine Mahnwache sowie eine anschließende Kundgebung statt. In Dresden haben Stadt, Universität und Kirchen zu einer Solidaritätsbekundung an der Jüdischen Gemeinde aufgerufen. Auch in München gab es Lichterkette mit Bürgern rund um die Synagoge Ohel Jakob. Der Berliner Fußball-Verband hat seine Vereine um eine Schweigeminute gebeten, um vor den Landespokalspielen an diesem Wochenende den Opfern zu gedenken. Auch Fußballclubs in Westfalen schlossen sich an. 

Wahlkampf in Halle abgeblasen 

Der Endspurt der Oberbürgermeisterwahl in Halle wird derweil von dem rechtsextremistischen Anschlag überschattet. Viele Aktionen der OB-Kandidaten wurden abgesagt. "Die Wahlkampfaktivitäten sind komplett eingestellt", teilte das Wahlkampfteam von Hendrik Lange (Linke) mit, der auch von SPD und Grünen unterstützt wird. Ähnlich äußerte sich der Wahlkampfleiter von Andreas Silbersack (FDP), der von der CDU unterstützt wird. Der Wahlkampfabschluss auf dem Marktplatz wurde abgesagt.   

Nach dem Anschlag wird weiter über die Sicherheit von jüdischen Einrichtungen debattiert. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, diese müssten nachhaltig geschützt werden. Die Gefahr von rechts sei sehr hoch. Im Innenministerium gebe es dazu Beratungen. 

Die Jüdische Landesgemeinde in Thüringen forderte einen Ausbau der Sicherheitsvorkehrungen. Diese dürften nicht nur auf die aktiven Synagogen beschränkt bleiben, sondern müssten zum Beispiel auch auf ehemalige Gotteshäuser, die heute als Veranstaltungsorte oder Museen genutzt werden, ausgeweitet werden, sagte der Vorsitzende Reinhard Schramm. Es bestehe die Gefahr von Nachahmern und Trittbrettfahrern, fügte er hinzu.

sth/ml ( afp, epd, dpa, rtr) 

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