Ermittlungen in Deutschland wegen Wettbetrug im Fußball
12. September 2024Wie lautet der Verdacht?
Seit November 2022 sollen 17 Partien, die in Deutschland stattgefunden haben, manipuliert worden sein. Das Bundeskriminalamt (BKA), Landeskriminalämter verschiedener Bundesländer und der Deutsche Fußballbund (DFB) ermitteln.
Es könnten Partien aus der 3. Liga, zwei Regionalligen und mehreren Oberligen zum Zweck des Wettbetrugs beeinflusst worden sein. Ob letztendlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wird, muss sich im Laufe der Ermittlungen zeigen.
Wie soll der Betrug abgelaufen sein?
In den insgesamt 17 Partien soll es den Angaben zufolge teilweise auffällige Fehlentscheidungen der Schiedsrichter oder schwere Patzer von Torhütern und Abwehrspielern gegeben haben. Dem DFB liegen dazu bislang jedoch keine belastbaren Erkenntnisse vor. "Wir stehen allerdings bereits in Kontakt mit den zuständigen Behörden und unserem Monitoring-Partner Genius Sports. Weitere Ausführungen sind dem DFB mit Blick auf die angelaufenen Ermittlungen nicht möglich", gab der Verband bekannt.
Bei den Begegnungen sollen Informationen über die zu erwartenden Spielergebnisse im Darknet verkauft worden sein. So konnten möglicherweise hohe Wettgewinne erzielt werden. Chatverläufe sollen die kriminellen Deals belegen. Welche Spiele genau unter Verdacht stehen, soll aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen zunächst nicht öffentlich werden.
Wie ist die Rechtslage in Deutschland?
Seit 2018 ist Sportwettbetrug eine Straftat. Die genauen Bestimmungen zu "Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben" sind in §265d des Strafgesetzbuchs festgehalten. Laut Glücksspielstaatsvertrag von 2021 sind zudem Wetten auf Amateurspiele in Deutschland verboten.
Warum wird dennoch auf Amateurspiele in Deutschland gewettet?
Bei ausländischen Anbietern sind diese Wetten weiter möglich, nicht selten sogar als sogenannte Livewette auf Einzelereignisse wie Tore, Ecken oder gelbe und rote Karten während das Spiel läuft. Die Daten, auf deren Grundlage die Wettanbieter ihre Quoten anbieten und laufend anpassen, kommen von Datenscouts, die bei den Spielen vor Ort sind und die Daten per Smartphone aufzeichnen und weitergeben.
Einige deutsche Amateurvereine haben in den vergangenen Wochen solche Datenscouts am Rand eines Spiels entdeckt und von der Sportanlage verwiesen. Nachdem die Scouts die Anlage verlassen hatte, konnten im Internet keine Wetten mehr auf das betreffende Spiel abgeschlossen werden.
Was ist Sportradar?
Die Firma, die seit 2021 an der US-Börse Nasdaq notiert ist, bietet ebenfalls Datenscouting an. Zum einen dienen die Daten der Analyse und Statistik, andererseits bietet der Tech-Konzern mit den sogenannten "Integrity Services" aber auch eine Dienstleistung für Sportverbände an, nämlich die kostenlose Überwachung des Wettmarkts, um mögliche Spielmanipulationen zu enthüllen. Der Dienst wird unter anderem von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und dem europäischen Fußballverband UEFA genutzt.
Allerdings werden die Daten der "Integrity Services" auch an Wettanbieter verkauft, die sie nutzen, um Live-Wetten anzubieten. Ob man auch bei Amateurspielen in Deutschland Datenscouts einsetze, wollte das Unternehmen bei einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk nicht beantworten. Man biete Daten an und verpflichte die Wettanbieter vertraglich, sich an die Gesetze der jeweiligen Länder zu halten, hieß es später in einer schriftlichen Mitteilung.
Gab es bereits früher Wettskandale in Deutschland?
In der Saison 1970/1971 gab es den sogenannten "Bundesliga-Skandal", der im Juni 1971 aufgedeckt wurde. Bei insgesamt 18 Partien, die für die Entscheidung im Abstiegskampf ausschlaggebend waren, waren Profis gekauft worden und Schmiergelder geflossen. Letztlich wurden insgesamt 52 Spieler, zwei Trainer und sechs Vereinsfunktionäre gesperrt oder mit einer Geldstrafe belegt. Den Vereinen Arminia Bielefeld und Kickers Offenbach wurde die Lizenz für Bundesliga entzogen.
2005 sorgte der damalige DFB-SchiedsrichterRobert Hoyzer für den nächsten großen Skandal. Hoyzer gab zu, Partien der 2. Liga, der Regionalliga und im DFB-Pokal so manipuliert zu haben, dass die gewünschten Ergebnisse zustande kamen. Er wurde lebenslang gesperrt und zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug verurteilt. Zwei weitere Schiedsrichter, darunter der heute noch in der Bundesliga aktive Felix Zwayer, wurden für einige Monate gesperrt.
Ein weiterer großer Wettskandal wurde 2009 durch die Staatsanwaltschaft Bochum aufgedeckt. In neun europäischen Ländern waren mehr als 200 Fußballspiele manipuliert worden, 32 der betroffenen Partien hatten in Deutschland stattgefunden. Haupttäter waren die beiden kroatischen Brüder Ante und Milan Sapina, die in Berlin lebten.Ante Sapinawar bereits in den Hoyzer-Skandal verwickelt und hatte eine zweijährige Haftstrafe abgesessen. Nach dem Skandal von 2009 wurde er letztlich zu einer weiteren Haftstrafe, diesmal von fünf Jahren, verurteilt.