Ernährung des Vaters kann Kindern schaden
5. April 2017Eine gesunde, ausgewogene Lebensweise ist wichtig - nicht nur für unsere eigene Gesundheit, sondern auch, um unseren Kindern ein Vorbild zu sein. Klar. Inwiefern die Ernährung der Eltern - speziell die des Vaters - aber auch schon den ungeborenen Nachwuchs prägen kann, hat nun ein Forscherteam um Dan Ehninger vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) untersucht. Das Ergebnis: Seine Ernährung kann sich sehr wohl auch schon auf die geistige Fitness der Nachkommen auswirken - bei Mäusen zumindest.
Die besondere Diät
Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler einer Gruppe Mäusemännchen eine bestimmte Diät verabreicht, besonders reich an Folsäure, an der Aminosäure Methionin, Vitamin B12 und Zink. Das, was wir auch oft in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu uns nehmen.
Mit dieser Kost hatten es die Forscher auf den Methyl-Haushalt der Nager abgesehen. Denn dessen Veränderung könnte - so die Vermutung - die väterliche DNA beeinflussen. Beim Methyl handelt es sich um kleine chemische Anhängsel, die sich auf das Erbgut setzen und - wenn in großen Mengen vorhanden - die Aktivität der Gene steuern.
Die Auswirkungen
Sechs Wochen später wurden die Männchen dann mit den Weibchen gepaart. Als deren Nachkommen dann genauestens untersucht wurden, zeigte sich, dass der Nachwuchs der Männchen, die die methylreiche Kost bekommen hatten, in sämtlichen Lern- und Gedächtnistests schlechter abgeschlossen hatte als die Nachkommen der normal gefütterten Kontrollgruppe. Demnach konnte bereits solch eine vorübergehende Änderung der väterlichen Diät zu einem verminderten Lernvermögen der Nachkommen führen. Besonders stark wurde das räumliche Gedächtnis beeinträchtigt, so Dan Ehninger in einer Mitteilung. Ihre Studie veröffentlichten die Forscher im Fachjournal "Molecular Psychiatry". Aber Mann oder Maus - ob das nun einen signifikanten Unterschied macht und wir uns besser genau überlegen sollte, welche Nahrungsergänzungsmittel wir künftig zu uns nehmen? Wir haben nachgefragt.
Deutsche Welle: Herr Ehninger, zu viel des Guten ist Ihrer Untersuchung nach offenbar nicht gleich gut. Was ist nun mit unserer Ernährung - wenn wir zum Beispiel zu viel Vitamin B12 oder Folsäure zu uns nehmen?
Dan Ehninger: Da kann ich Entwarnung geben. Die hohen Konzentrationen, die wir bei unserer Untersuchung verwendet haben, sind gar nicht so einfach auf den Menschen zu übertragen, schon allein, weil der Stoffwechsel zwischen Mensch und Maus sehr unterschiedlich ist.
Insofern würde ich deshalb so auch noch keine Schlüsse ziehen wollen, dass hier Gefahren für den Menschen zu sehen sind, solange man sich normal ernährt.
Aber was heißt bei unserer heutigen Ernährung schon normal…?
Na gut, es könnte schon Bedenken geben, wenn man etwas exzessiv zu sich nimmt - und die Einnahme nicht limitiert ist, etwa durch unser Sättigungsgefühl. Ich denke da zum Beispiel an Energydrinks, die solche Methylspender in hohen Dosen enthalten können.
Aber wie gesagt, da ist noch viel weitere Arbeit nötig, um zu schauen, inwieweit das Studienergebnis auch relevant für Menschen ist.
Was, wenn die Kost der Mäuse nun wieder umgestellt wird? Würden sich dann auch die Veränderungen im Erbgut und die Auswirkungen auf den Nachwuchs wieder regulieren?
Das ist durchaus denkbar, dass das sozusagen reversible Veränderungen sind. Aber auch das müsste man erst noch untersuchen.
Unsere Untersuchung war nur der erste Schritt, bei dem wir der Fragestellung nachgegangen sind, ob ernährungsbedingte Faktoren zu einer Veränderung der Methylierung des Erbgutes führen können und ob darüber hinaus generationsübergreifende Effekte entstehen können. Nun gibt es eine Reihe weiterer Fragen, an denen wir dran sind. Auch etwa, inwiefern das Alter des Mäusemännchens eine Rolle spielt.
Um zum Schluss den schwarzen Peter nicht nur den Männern bzw. den männlichen Mäusen zuzuschieben - spielt die Ernährung der Weibchen auch eine Rolle?
Klassischerweise ist die Sorge bei einer schwangeren Frau ja eher, dass man zum Beispiel ausreichend Folsäure zu sich nimmt, um Probleme mit der Entwicklung des ungeborenen Kindes vorzubeugen. Es ist auch schon sehr gut bewiesen, dass hier eine ausreichende Versorgung mit Folsäure wichtig ist.
Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass man überprüft, ob ähnlich hohe Dosen, wie wir sie jetzt bei den männlichen Mäusen verwendet haben, auch bei den weiblichen Mäusen den Nachwuchs beeinflussen können.
Dr. Dan Ehninger forscht am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn. Schwerpunkt seiner Arbeitsgruppe sind neurobiologische Mechanismen, die Lern- und Gedächtnisvorgängen zugrunde liegen.
Das Interview führte Hannah Fuchs.