Die Stammzellen-Transplantation im Rahmen einer Krebs-Behandlung ließ zwar die HI-Viren verschwinden, aber deutsche Forscher mahnen zur Vorsicht: Als HIV-Therapie taugt Stammzellen-Transplantation nicht.
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Niemand will von "Heilung" sprechen, aber trotzdem machte die Meldung, dass zum zweiten Mal ein HIV-Patient nach einer Stammzellen-Transplantation virenfrei ist, weltweit Schlagzeilen.
Wissenschaftler hatten am Dienstag berichtet, dass bei einem vormals HIV-positiven Patienten 18 Monate nach einer speziellen Stammzelltransplantation keine Viren mehr nachweisbar seien. Dem an einem Lymphdrüsenkrebs, dem Hodgin-Lymphom, erkrankten Mann waren Stammzellen eines Knochenmark-Spenders transplantiert worden, der aufgrund einer seltenen genetischen Veränderung resistent gegen eine HIV-Infektion ist. Nach dieser Stammzellenbehandlung zeige der "Londoner Patient" nun keine Symptome einer HIV-Infektion mehr.
Genetische Besonderheit des Stammzellenspenders
Entscheidend ist der Stammzellen-Spender, bei dem das HI-Virus keine Immunzelle infizieren kann, da durch eine Genmutation der von den meisten HI-Viren genutzte Rezeptor auf der Oberfläche von Immunzellen, der CCR5-Rezeptor, fehlerhaft und somit funktionslos ist. Das HI-Virus benutzt diesen Rezeptor als eine Art Eintrittspforte zur Infektion von Immunzellen. Ohne den funktionierenden Co-Rezeptor bleibt ihm dieser Weg verwehrt.
Einen ähnlichen Fall hatte es vor 12 Jahren gegeben. Der "Berliner Patient" Timothy Ray Brown gilt seit 2008 als der erste und bisher einzige von einer HIV-Infektion geheilte Mensch. Die Londoner Ärzte behandelten den jetzt beschriebenen Patienten nach dem gleichen Prinzip wie damals die Berliner Kollegen an der Charité.
"Dies ist ein ermutigendes Zeichen, aber kein Beweis für Heilung", so der Heidelberger Virologe Hans-Georg Kräusslich. So habe ein Baby in den USA insgesamt 27 Monate nach der Therapie keine nachweisbare Virusmenge gehabt, danach sei das Virus aber wieder aufgetreten.
Gero Hüter, der im Jahr 2008 den "Berliner Patienten" Brown an der Berliner Charité behandelt hatte, verwies darauf, dass einige Patienten, die in der Zwischenzeit die gleiche Behandlung erhalten hatten, früh an Komplikationen oder Rückfällen ihrer Krebserkrankungen gestorben seien.
Auch zukünftig werde die Transplantation von Stammzellen keine Option für die Heilung einer HIV-Infektion sein. Bei einer Stammzellentherapie handele es sich um einen massiven Eingriff, der "angesichts einer in der Regel gut verträglichen und langfristig wirksamen antiviralen Therapie nicht vertretbar wäre, wenn er nicht aus anderen medizinischen Gründen indiziert wäre", so Kräusslich. So hatten Patienten in beiden Fällen diese Stammzellentherapie aufgrund ihrer Krebs- und nicht wegen ihrer HIV-Erkrankung erhalten.
Weltweit werden Millionen HIV-Patienten also erst einmal weiter mit einer antiretroviralen Therapie (ART) behandelt werden, die befreit sie jedoch nicht von dem Aids-Erreger. Die lebenslange Einnahme von Medikamenten, die das Virus in Schach halten, ist derzeit die einzige Möglichkeit, HIV zu behandeln.
Langwierige und heikle Suche nach HIV-Therapie
Welche Methoden zur Behandlung von HIV am Ende erfolgreich sind, ist noch weitgehend unklar. Im Fokus der Wissenschaft steht der funktionslose CCR5-Rezeptor auf der Oberfläche von Immunzellen. Zur Entwicklung von HIV-Therapien könnte das Erbgut der Zellen in HIV-Patienten hin zu der Variante verändert werden, die Resistenzen auslösen. Versucht wird, das Gen für den CCR5-Rezeptor etwa mit der Genschere CRISPR/Casc9 in den eigenen Stammzellen von Patienten zu zerstören, um so nicht mehr infizierbare Immunzellen dauerhaft aus den Stammzellen der Person produzieren zu lassen.
Weltweit sind knapp 37 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert, doch nur 59 Prozent von ihnen erhalten eine antiretrovirale Therapie. Jedes Jahr sterben etwa eine Million HIV-Patienten an Erkrankungen, die mit dem Virus in Zusammenhang stehen. Und mittlerweile bereitet ein neuer, gegen Medikamente resistenter HI-Virus den Experten zunehmend Sorge.
Leben und lieben mit HIV: Filme zum Thema AIDS
Am Welt-AIDS-Tag gedenkt die Welt der Opfer der Krankheit. Viele Regisseure haben sich in den letzten Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigt. Wir stellen elf bemerkenswerte Filme zum Thema vor.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Preisgekrönt: 120 BPM
Im vergangenen Jahr errang das Drama "120 BPM" den "Großen Preis der Jury" beim weltweit wichtigsten Filmfestival in Cannes. Regisseur Robin Campillo erzählt von der Liebe zweier junger AIDS-Aktivisten. Dem französischen Regisseur gelang eine sensible wie filmisch interessante Annäherung an ein schwieriges Thema.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Zunächst heiter: Sorry Angel
Campillos Landsmann Christophe Honoré zeichnet für den jüngsten Film zum Thema AIDS verantwortlich, auch "Sorry Angel" feierte bei den Filmfestspielen in Cannes (2018) Weltpremiere. Der Film erzählt von der Freundschaft zweier schwuler Männer zu Beginn der 1990er Jahre in Frankreich. Honoré setzt sich auch in Romanen und Theaterstücken mit dem Thema auseinander.
Es waren amerikanische und französische Filme, die sich als erste mit dem Thema beschäftigten. "Longtime Companion" von Norman René gilt als eine der ersten Produktionen, die die vom HI-Virus ausgelöste Krankheit beschrieb. Es ist die Geschichte von acht schwulen New-Yorker Freunden zu Beginn der 1980er Jahre. Ein Thema des Films: die Verdrängung von AIDS bei Betroffenen und in der Gesellschaft.
Um das Thema Verdrängung von AIDS geht es auch in "Wilde Nächte". Der französische Regisseur und Hauptdarsteller Cyrill Collard hatte seinen autobiografisch gefärbten Roman 1989 veröffentlicht und drei Jahre später aus dem Stoff einen Film gemacht. In der Titelrolle ist Collard zu sehen, der einen Bisexuellen spielt, der keine Rücksicht auf sich und seine Partner nimmt. Collard starb 1993.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Oscardekoriert: Philadelphia (1993)
Jonathan Demmes Film "Philadelphia" war die erste große Hollywood-Produktion, die AIDS für ein breites Publikum auf die Leinwand brachte. Tom Hanks spielt einen Anwalt, dessen Stellung gekündigt wird - weil er erkrankt ist. Gerichtlich will er sich zu Wehr setzen. Der Film ist melodramatisch und sentimental, aber sehr effektvoll inszeniert. AIDS war nun auch im großen Hollywood-Kino angekommen.
Bild: Imago/Unimedia Images
Semidokumentarisch: ...und das Leben geht weiter (1993)
War "Philadelphia" im Stile großer Hollywood-Filme inszeniert, so beschritt der im selben Jahr angelaufene "...und das Leben geht weiter" von Roger Spottiswoode einen anderen Weg. Der Spielfilm versuchte mit dokumentarischen Mitteln die Ausbreitung der Krankheit auf vielen verschiedenen Schauplätzen nachzuzeichnen. Mit dabei der junge AIDS-Forscher Dr. Don Francis, gespielt von Matthew Modine.
Bild: picture-alliance/United Archives
Umstritten: Kids (1995)
Mit dokumentarischen Mitteln arbeitete auch der Spielfilm "Kids", der zwei Jahre später entstand. Regisseur Larry Clark entwarf das Panorama einer Jugendkultur im New York der 1990er Jahre. Sex ist eines der Hauptthemen der jungen Mädchen und Jungen - das Thema AIDS kommt hinzu. Umstritten war der Film, weil er mit minderjährigen Darstellern sehr drastische Szenen entwickelte.
Bild: picture-alliance/dpa/KPA
Melodramatisch: Alles über meine Mutter (1999)
Spaniens Regie-Star Pedro Almodóvar erzählte 1999 in der für ihn typischen Manier vom Leben, Leiden und der Liebe einer Handvoll Protagonisten in Madrid und Barcelona. "Alles über meine Mutter" ist ein Melodrama mit viel Gefühl und Emotion, es geht um Geschlechterrollen und gesellschaftliche Vorurteile. Auch in "Alles über meine Mutter" spielt das Thema AIDS eine zentrale Rolle.
Bild: picture-alliance/dpa/Arthaus
Rückblick: Wir waren Zeugen (2007)
Auf die frühen 80er Jahre blickte der Franzose André Téchiné in "Wir waren Zeugen" zurück. In Frankreich breitet sich die Krankheit aus, die Protagonisten, die Téchiné dem Zuschauer präsentiert, werden in verschiedenen Situationen mit AIDS konfrontiert. "Wir waren Zeugen" feierte bei der Berlinale Premiere, schaffte aber trotz Stars wie Emmanuelle Béart nicht den Sprung in die deutschen Kinos.
Bild: picture-alliance/dpa
AIDS Global: Same Same But Different (2009)
Auch das deutsche Kino beschäftigte sich mit AIDS. Rosa von Praunheim tat das 1986 in der für ihn typischen anarchistischen Art und Weise mit "Ein Virus kennt keine Moral" schon sehr früh und als erster. Regisseur Detlef Buck drehte 2009 den Film "Same Same But Different", der eine Liebe zwischen einem jungen Deutschen (David Kross, unser Bild) und einer kambodschanischen Prostituierten zeigt.
Bild: Delphi Filmverleih
Schauspielerfilm: Dallas Buyers Club (2014)
Großen Erfolg hatte vor vier Jahren der Film "Dallas Buyers Club" des kanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée. Matthew McConaughey (r.) und Jared Leto brillieren darin als zwei HIV-infizierte Protagonisten, die sich im Amerika der 1980er Jahre um wirksame AIDS-Medikamente bemühen. Für die beiden Schauspieler gab es bei der Oscarverleihung 2014 Auszeichnungen für die besten männlichen Darsteller.