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Politik

Friedliche Großdemonstration in Minsk

30. August 2020

In der Hauptstadt von Belarus sind wieder Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Die Behörden hatten vor neuen Demonstrationen gewarnt. Aber viele ließen sich davon nicht einschüchtern.

Demonstranten mit rot-weißen Fahnen stehen Sicherheitskräften gegenüber
Obwohl es keine Genehmigung für die Demonstration gibt, sind wieder Zehntausende auf die Straße gegangenBild: Reuters/BelaPAN

Zehntausende Menschen haben das vierte Wochenende in Folge in Belarus (Weißrussland) trotz beispielloser Drohungen der Behörden bei Massenprotesten den Rücktritt von Staatschef Alexander Lukaschenko gefordert. Die Polizei ging gegen friedliche Demonstranten vor. Uniformierte steckten vor allem Männer in Gefangenentransporter, wie auf Bildern und Videos zu sehen war. Allein in der Hauptstadt Minsk wurden bis zum Nachmittag laut Innenministerium 140 Menschen festgenommen. Medien berichteten auch in anderen Städten von vielen Festnahmen.

DW-Korrespondent Nick Connolly berichtete noch am Nachmittag aus Minsk: "Es herrscht eine seltsame Stille". "Hinter der leeren Straße sieht man ein Meer aus weiß-roten Fahnen und hört gelegentlich Schreie, 'schämt Euch'!"

Auch das Militär war wieder auf den Straßen, wie DW-Korrespondent Nick Connolly berichtete. Erstmals wurden Soldaten vor einer Woche bei den Demonstrationen eingesetzt.

Die Demokratiebewegung hatte trotz der Warnungen zum Protest aufgerufen. An seinem 66. Geburtstag an diesem Sonntag solle Präsident Alexander Lukaschenko sehen, dass das Volk gegen ihn und seine Zeit an der Macht nach 26 Jahren abgelaufen sei, hieß es. Die Sicherheitskräfte riegelten Lukaschenkos Wohnsitz ab, vor dem Wasserwerfer und Gefangenentransporter auffuhren.

Am vergangenen Sonntag hatten im Land Hunderttausende auf den Straßen protestiert. Die Polizei war nicht eingeschritten. Nach den Festnahmen, auch von Journalisten, und aufgelösten Protesten der vergangenen Tage wird aber erwartet, dass der Machtapparat eine neue Massendemonstration nicht zulässt.

Lukaschenko wird Putin treffen

Unterdessen kündigte der Kreml an, dass sich angesichts des Machtkampfes in Belarus Lukaschenko und der russische Präsident Wladimir Putin in den kommenden Wochen in Moskau treffen werden. Ein genauer Zeitpunkt wurde nicht genannt. Die beiden Politiker hatten zuletzt mehrfach telefoniert, so auch an diesem Sonntag. Putin gratulierte demnach Lukaschenko zu seinem Geburtstag. Dabei bekräftigten beide Seiten nach Kreml-Angaben, das Bündnis der Nachbarn zu stärken und auszubauen.

Am Samstag demonstrierten überwiegend Frauen - ihnen stellten sich maskierte Sicherheitskräfte in den WegBild: Reuters/BelaPAN

Putin hatte Lukaschenko zuletzt demonstrativ den Rücken gestärkt und ihm zugesichert, im Falle einer Eskalation notfalls Sicherheitskräfte seines Innenministeriums ins Nachbarland zu schicken. In einem Interview des russischen Staatsfernsehens betonte er abermals, dass er keine Zweifel an Lukaschenkos Wahlsieg habe.

Die Präsidentenwahl vor genau drei Wochen war von massiven Fälschungsvorwürfen überschattet. Die Abstimmung steht international in der Kritik. Dennoch ließ sich der Staatschef mit 80,1 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen.

Rückhalt in Gesellschaft schwindet

Immer mehr Personen des öffentlichen Lebens stellen sich gegen diese Abstimmung oder geben staatliche Orden oder Preise zurück. Nun haben mehr als 360 belarussische Sportler einen offenen Brief unterschrieben, indem sie Wahlfälschungen verurteilen und ein Ende der Polizeigewalt sowie eine Neuwahl fordern. Zu den Unterzeichnern gehören Medaillengewinner Olympischer Spiele und Mitglieder von Nationalteams.

Auch am Samstag gab es wieder landesweite Proteste. In Minsk zogen Tausende Frauen durch die Stadt. Die Sonderpolizei versuchte, den Marsch in Richtung Zentrum aufzuhalten und die Teilnehmer zu zerstreuen. Das Innenministerium sprach am Sonntag von 4000 Teilnehmern. Aktionen habe es an 42 Orten im Land gegeben. Daran hätten sich 8500 Menschen beteiligt. Auch Anhänger des Präsidenten versammelten sich. Dem Ministerium zufolge gab es insgesamt 29 Festnahmen, weniger als in den Tagen zuvor.

ust/haz (dpa, afp)

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