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Erneute Streiks in Griechenland

Jannis Papadimitriou19. September 2013

Streikfieber in Griechenland: Staatsdiener legten für 48 Stunden ihre Arbeit nieder, die Gewerkschaften protestierten gegen Privatisierungen und Stellenabbau im öffentlichen Dienst.

Griechenland Protest & Streik 18.09.2013 (Foto: ARIS MESSINIS/AFP/Getty Images)
Bild: Aris Messinis/AFP/Getty Images

Dabei gilt beides als Voraussetzung für weitere Finanzhilfen an das krisengeplagte Mittelmeerland. Ab Montag (23.09.2013) wird die aus EU, EZB und IWF bestehende Troika die Umsetzung des laufenden Sparprogramms für Griechenland prüfen. Bei ihrem letzten Kotrollbesuch im Juli zeigten sich die internationalen Finanzgeber unzufrieden mit den Reformfortschritten und forderten, dass vor allem die Umsetzung längst zugesagter Privatisierungen und die Verschlankung des Staatsapparats zügiger vorankommen.

Im Frühsommer hatte die Athener Koalitionsregierung unter Führung des Parteichefs der Konservativen, Antonis Samaras, einen dreimonatigen Aufschub erbeten, damit die erfolgversprechende Tourismus-Saison nicht durch Streiks belastet würde. Auch Verwaltungsminister Kyriakos Mitsotakis, damals neu im Amt, bat um eine Verlängerung der Frist für Entlassungen im öffentlichen Dienst. Bis Ende 2013 sollen laut Vereinbarung 4000 Staatsdiener entlassen und weitere 12.500 auf eine Streichliste gesetzt werden. Zu diesem Zweck würden 25.000 Beamte zunächst in einen sogenannten "Mobilitätspool" verlagert und dann entweder auf einen anderen Posten versetzt oder eben entlassen werden. Doch die Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Mobilitätspläne.

In einem Interview mit dem griechischen Fernsehen am Donnerstag (19.09.2013) versuchte Kyriakos Mitsotakis, den Betroffenen die Reformen schmackhaft zu machen. "Die Mobilität im öffentlichen Dienst hat überhaupt nichts mit Entlassungen zu tun", beteuerte er. Schon heute gäbe es eine gewisse Mobilität, etwa durch Versetzungen auf freiwilliger Basis. Eine vernünftige und transparente Personalplanung sei dadurch jedoch kaum möglich, deshalb würden einschlägige Vorschriften modernisiert. "Wir wollen nicht das Rad neu erfinden, sondern Regelungen einführen, die in anderen Ländern Europas angewendet werden", mahnte Mitsotakis.

Misstrauen bei den griechischen Gewerkschaften

Solche Argumente scheinen die griechischen Gewerkschaften jedoch kaum zu überzeugen. Hunderttausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst legten am Mittwoch und Donnerstag ihre Arbeit nieder, um gegen die Reformpläne der Regierung zu protestieren. An den Protestaktionen beteiligen sich auf unbestimmte Zeit auch die Lehrerverbände, wodurch öffentlichen Schulen Streik-Chaos droht.

Den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst bleibe nichts anderes übrig, als auf die Straße zu gehen, um die Regierungspläne zu blockieren, sagt Vangelis Dimoudis, Arbeitnehmervertreter der Athener Wasserwerke, im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Wir glauben, dass die so genannte Mobilität nichts anderes als Entlassungen mit sich bringt", klagt der Gewerkschafter. Die Haushaltsdefizite lieferten der Regierung nur einen Vorwand, um den öffentlichen Sektor einzuschränken, ohne dass ein Konzept für diese Entscheidung erkennbar wäre. Dabei gäbe es in Griechenland bereits mehr als anderthalb Millionen Arbeitslose.

Die Wasserwerke sind zudem von den Privatisierungsplänen der Regierung Samaras betroffen. Vor wenigen Wochen schaffte eine Generalversammlung der Aktionäre die Rechtsgrundlage für eine Mehrheitsbeteiligung des Staates ab; nun soll die Privatisierungsbehörde den Betrieb an den meistbietenden Investor verkaufen. Dem Vernehmen nach wären vor allem französische Wasserversorger interessiert. Auch die Wasserwerke der zweitgrößten griechischen Stadt Thessaloniki stehen nach Medienberichten zum Verkauf.

Dringend benötigte Privatisierungen oder „Ausverkauf“ des Landes?

Gewerkschaftsführer Vangelis Dimoudis sammelt eifrig Unterschriften gegen den befürchteten "Ausverkauf": "Alle Privatisierungen wurden uns von der Troika aufgezwungen, damit Staatsvermögen zu Schleuderpreisen verkauft wird", klagt er. Als Beispiel nennt er die Privatisierung des profitablen Glücksspielmonopols OPAP: Das Unternehmen sei für 600 Millionen Euro verscherbelt worden, doch dieses Geld hätte der Staat auch innerhalb von fünf Jahren beim laufenden Betrieb locker einnehmen können, meint der Gewerkschafter.

Die griechische Regierung sieht das anders. Die längst angekündigte und in der Vergangenheit immer wieder verschobene Privatisierung des Lotteriebetreibers betrachtet Premier Samaras als deutliches Zeichen dafür, dass bei den Privatisierungen mehr Tempo vorgelegt wird. Und überhaupt hat die Regierung derzeit ein starkes Interesse daran, gute Nachrichten zu verbreiten: Am Donnerstag erklärte Finanzminister Jannis Stournaras, dass alle Indikatoren für eine Verlangsamung der Rezession sprächen. Es gebe deutliche Zeichen dafür, dass sich die griechische Wirtschaft "in Richtung Erholung bewegt", versprach der Finanzminister. Nun komme es darauf an, einen ruhigen Kopf zu bewahren und sich an den Zeitplan zu halten, mahnt Verwaltungsminister Mitsotakis im TV-Interview.

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