Erneuter Schlag gegen Opposition in Nicaragua
17. August 2021Nachdem in den vergangenen Monaten bereits viele Oppositionspolitiker in dem mittelamerikanischen Land inhaftiert worden sind, gehen die Behörden gegen die letzte verbliebene regierungskritische Zeitung vor. Der Geschäftsführer der Tageszeitung "La Prensa", Juan Holmann Chamorro, ist zu 90 Tagen Untersuchungshaft verurteilt worden. Ihm werden Betrug und Geldwäsche vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Managua mitteilte.
Zeitung fehlte das Papier
Holmann Chamorro war am Samstag festgenommen worden. "La Prensa" hatte nach eigenen Angaben bereits am Donnerstag den Betrieb eingestellt, weil die Zollbehörden den Import von Zeitungspapier verhindert hatten.
In Nicaragua sind am 7. November Präsidentenwahlen geplant. Der ehemalige sandinistische Revolutionär Daniel Ortega strebt seine vierte Amtszeit in Folge seit 2007 an. Die Regierung des 75-Jährigen war in den vergangenen Monaten massiv gegen die Opposition vorgegangen: Mehr als 30 Regierungskritiker wurden verhaftet, darunter sieben Präsidentschaftsbewerber und eine Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin.
Amtszeitbegrenzung ist abgeschafft
Die Opposition wirft der autoritären Regierung vor, mögliche Rivalen und Kritiker aus dem Weg räumen zu wollen. Ortega war nach dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza 1979 - zunächst als Mitglied einer Junta, dann als Präsident - bis zu seiner Abwahl 1990 bereits an der Macht gewesen. Inzwischen wurde eine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten abgeschafft.
Die 1926 gegründete Zeitung "La Prensa" gehört zu den bedeutendsten Medien des Landes und war während der Somoza-Diktatur eine wichtige kritische Stimme. Ihr Chefredakteur war einst Pedro Chamorro, Ehemann der späteren Staatspräsidentin Violeta Barrios de Chamorro, die Ortega bei der Wahl 1990 besiegte. Er wurde 1978 erschossen. Mit der Tochter des Paares, Cristiana Chamorro, einer Bewerberin um die Präsidentschaftskandidatur einer Oppositionspartei, hatte die Verhaftungswelle begonnen: Sie wurde Anfang Juni unter Hausarrest gestellt.
nob/gri (dpa, afp)