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Den Autobauern droht der nächste Engpass

Arthur Sullivan
3. November 2021

China produziert wegen Energieproblemen derzeit viel weniger Magnesium. Das wiederum stellt die Hersteller von Aluminium vor Probleme, deren Produkte in der Autoindustrie gebraucht werden.

Aluminium-Barren
Aluminium-Rundbarren: Magnesium spielt bei der Herstellung eine wichtige RolleBild: 3dmentat/imago images

Der weltweite Mangel an Halbleitern macht den Automobilherstellern noch schwer zu schaffen. Da droht schon der nächste Versorgungsengpass, der die Branche erschüttern könnte.

Das chemische Element Magnesium (Mg) ist ein wichtiger Rohstoff bei der Herstellung von Aluminium-Legierungen, die in der Autoproduktion viel verwendet werden. Magnesium stärkt Aluminium, obwohl es ein viel leichteres Material ist.

China dominiert den weltweiten Magnesiumsektor, aber die Produktion ist im September und Oktober wegen der anhaltenden Energieknappheit im Land ins Stocken geraten. In China kam es bereits mehrfach zu lang anhaltenden Stromausfällen und -rationierungen. Peking wollte einerseits die steigende weltweiten Nachfrage nach seinen Produkten bedienen, andererseits aber seinen Kohleverbrauch senken - eigentlich.

Da China mehr als 80 Prozent des weltweiten Magnesiums produziert, wirken sich Einschränkungen rasch auf die gesamte Lieferkette aus. Die EU ist davon besonders abhängig, rund 95 Prozent ihres Magnesiums kommt aus China.

Ende Oktober warnte der Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) zusammen mit elf anderen Industrieverbänden eindringlich vor dem drohenden Mangel an Magnesium. "Wir rechnen damit, dass die Magnesiumvorräte in Europa bis Ende November erschöpft sein werden", so der Verband, "Produktionsengpässe, Betriebsschließungen und damit verbundene Arbeitsplatzverluste werden die Folge sein."

China dominiert die weltweite Magnesium-Produktion. Hier ein Betrieb in Yulin, Provinz ShaanxiBild: Liu Hewei/Xinhua/imago images

Ar-Mg-eddon?

Auch Norsk Hydro, ein norwegischer Aluminiumhersteller, ist in hohem Maße von chinesischem Magnesium abhängig. "Wir sind besorgt über die Verfügbarkeit von Magnesium", sagt Halvor Molland, Senior Vice President des Unternehmens, zur DW. "Aber durch die Kombination aus unseren Lagerbeständen und den Lieferungen, die sich bereits auf dem Weg befinden, sind wir für dieses Jahr gut abgesichert."

Die Produktion von Aluminium für die Autoindustrie sei noch nicht unterbrochen worden, sagt Molland. Das könne sich aber ändern, wenn sich die Stromausfälle in China und die daraus resultierenden Produktionseinschränkungen bei Magnesium bis ins Jahr 2022 hinziehen sollten.

Auf dem jüngsten Gipfeltreffen des Europäischen Rates in Brüssel Ende Oktober wurde der Magnesiummangel laut Medienberichten von der scheidenden deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem tschechischen Premierminister Andrej Babis angesprochen. Beide Politiker regieren Länder, in denen die Autoindustrie eine wichtige Rolle spielt.

Das Fehlen einer Alternative zu Magnesium bei der Aluminiumherstellung ist laut Analysten der Metallindustrie ein großes Risiko. Zudem bedeutet die marktbeherrschende Stellung Chinas, dass andere Erzeugerländer nicht mal eben die Lücke füllen könnten, die ein anhaltender Engpass in China reißen würde.

Dabei ist Magnesium selbst gar nicht rar, ganz im Gegenteil: Es ist eines der zehn häufigsten Elemente der Erdkruste und kommt in zahlreichen Mineralien und auch im Blattgrün von Pflanzen vor. Aber man muss es durch energieintensive Prozesse gewinnen, und hier dominiert China. Von den 1,09 Millionen Tonnen Magnesium, die 2020 weltweit erzeugt wurden, stammten 886.000 Tonnen aus China, mit großem Abstand gefolgt von Russland und den USA mit jeweils 65.000 Tonnen.

Die weltweite Autoindustrie würde ein weiterer Lieferengpass hart treffen. Schon der Chip-Mangel hat in diesem Jahr die Herstellung von Millionen Autos ausgebremst. Eine Aluminiumkrise würde das Problem noch verschärfen.

Magnesiumsulfat in einem chinesischen BergwerkBild: Ole Spata/dpa/picture alliance

Neben den Autobauern wären auch andere Branchen betroffen, die Magnesium benötigen, etwa die Verpackungsindustrie oder Hersteller von Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten.

Es bestehe die Gefahr "massiver Produktionsausfälle", wenn die europäischen Magnesiumvorräte Ende November aufgebraucht seien, warnte auch der deutsche Handelsverband WV Metalle im Oktober.

Die Lage in China

Wegen der eingeschränkten Produktion in China ist der Magnesium-Preis auf ein Rekordhoch gestiegen. 

"Die noch verbleibenden Magnesium-Importe werden zu 'Wucherpreisen' von etwa 10.000 bis 14.000 Dollar pro Tonne gehandelt, gegenüber etwa 2000 Dollar pro Tonne zu Beginn dieses Jahres", klagten europäische Branchenverbände im Oktober und warnten: "Für europäische Unternehmen wird es so fast unmöglich, magnesiumhaltige Materialien rentabel zu produzieren oder einzukaufen."

Allerdings gibt es auch Anzeichen, dass sich die Lage wieder entspannen könnte. So haben die Produzenten in der chinesischen Provinz Shaanxi, dem Magnesium-Zentrum des Landes, inzwischen wieder zwischen 70 bis 80 Prozent ihrer Kapazität erreicht, teilte die Beratungsfirma Shanghai Metals Market mit. Infolgedessen haben die Preise in den vergangenen Tagen wieder etwas nachgegeben.

Nach Ansicht von Norsk Hydro ist es allerdings "zu früh", eine Trendwende festzustellen.

Autohersteller weltweit leiden bereits unter der Chip-KnappheitBild: Tolga Akmen/AFP/Getty Images

Der Verband European Aluminium, dem auch Norsk Hydro angehört, erwartet selbst für den Fall, dass die chinesische Produktion weiter zulegt, kaum Entspannung, weil China dem enormen Magnesiumbedarf seiner eigenen Wirtschaft dann Vorrang einräumen werde. Die EU müsse deshalb eine bessere Strategie für ihre Metallversorgung entwickeln, um solche Krisen in Zukunft zu vermeiden, fordert der Verband.

Das allerdings ist leichter gesagt als getan. Die EU hat Magnesium zwar bereits als kritischen Rohstoff eingestuft, doch ist es unwahrscheinlich, dass die europäische Produktion in absehbarer Zeit anspringen wird. Die Dominanz Chinas beruht weitgehend darauf, dass seine Unternehmen weitaus billiger arbeiten als die internationale Konkurrenz.

Die Europäische Kommission teilt unterdessen mit, sie habe bereits Gespräche mit China aufgenommen, "um unmittelbare Engpässe zu beseitigen". Außerdem prüfe sie "langfristige Lösungen zur Bewältigung dieser strategischen Abhängigkeit".

 

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

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