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Erst im Netz, dann hinter Gittern

Oliver Heidrich15. November 2003

Schriftsteller standen immer schon in der Schusslinie von Despoten. Inzwischen ist auch das Internet keine Insel der Freiheit mehr. Totalitäre Regime bedrohen missliebige Web-Surfer mit Haftstrafen.

Öffentliche Internetzugänge für freie MeinungsäußerungBild: AP

Anlässlich des "Writers in Prison"- Tages am 15. November wird derzeit an alle Publizisten weltweit erinnert, die durch den Einsatz für Meinungsfreiheit unter Repressalien leiden oder sogar um ihr Leben fürchten müssen. War das Internet anfangs noch ein relativ zwangfreier Raum, wird heute von offizieller Seite zum Teil hart vorgegangen gegen Menschen, die ihre Ansichten online veröffentlichen.

Im September 2000 legte Bundeskanzler Schröder das 10-Punkte-Programm "Internet für alle" vor, wodurch der Zugang für alle Bürger zur modernen Informations- und Kommunikationstechnologie verbessert werden soll. Während das junge Medium also in Deutschland und in weiten Teilen Europas viele Freiräume bietet, werden die Nischen im Netz für die User in etlichen anderen Staaten zunehmend schmaler und gefährlicher. So warnt die Organisation Reporter ohne Grenzen in einem Bericht vor einer internationalen Zunahme an Zensur im Netz.

Virtuelle Speaker's Corner
Der tunesische Internet-Dissident Zouhair YahyaouiBild: rsf

Ein Tunesier, der seit dem Sommer 2002 in seiner Heimat inhaftiert ist, wurde im Juni 2003 mit dem "Preis für Freiheit im Internet" von Reporter ohne Grenzen ausgezeichnet. Einziges Vergehen des jungen Mannes: Er hatte von einem Internet-Café aus in satirischer Weise die Politik Tunesiens aufs Korn genommen. Dabei geriet er in die Fänge der tunesischen Internetpolizei. Denn bei Kritik an seiner Politik greift Staatschef Ben Ali hart durch.

Im Iran ist die Situation ähnlich. Besonders Studenten stellen mit so genannten "Weblogs" Diskussionsforen ins Netz, die im Gegensatz zum Caféhaus die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung bieten. Auf manchen Seiten richten sich die Autoren auch in englischer und deutscher Sprache ans Ausland. Ein privater Zugang zum Internet ist im Iran, wie in allen nicht industrialisierten Ländern, nahezu unbezahlbar. Zwar bieten Internetcafés eine Alternative, doch werden sie von der Regierung regelmäßig geschlossen oder zum Einbau von Filtern gezwungen. Aus der Not geborene Experten aber schlagen den Mullahs immer wieder ein Schnäppchen und finden trotzdem wieder Zugang zur Datenwelt.

Zensur im Internet

Ohne die Kooperation des Providers ist eine Kontrolle des Datenverkehrs im Internet nicht möglich, denn nur er kann die für Orwells Jünger so interessanten Daten über User ermitteln und weitergeben. Jedoch seien all diese Instrumente für denjenigen, der sich auskenne, zu umgehen, erklärt Lars Weiler vom Chaos Computer Club. Gründe für Zensur im Internet seien fast immer von staatlicher Stelle lediglich vorgeschoben, um den mündigen Bürger nicht unkontrolliert in die internationale Informationsvielfalt zu entlassen, ergänzt Weiler.

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