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Erst Madrid brachte die Wende

Bernd Riegert, Brüssel10. September 2004

Die Attacken vom 11.9. schreckten auch die Europäer auf. Maßnahmen zur Terrorbekämpfung im Rahmen der EU liefen zunächst jedoch eher schleppend an. Ein Umdenken kam erst am 11.3.2004 mit den Anschlägen in Madrid.

Madrid nach den AnschlägenBild: AP

Zwei Wochen nach dem 11. September 2001 beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel eine engere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus. Zweieinhalb Jahre vergingen ohne dass sich die Zustände wesentlich änderten. Viele Aktionspläne wurden beschlossen, aber nicht umgesetzt. Dann explodierten am 11. März 2004 die El-Kaida-Bomben in den Vorortzügen von Madrid. 191 Menschen starben. Erst dieser Schock führte zu der Erkenntnis, dass Europa gemeinsam und vor allem schneller handeln muss. "Wir müssen alles tun um präventiv, effizient und grenzüberschreitend agieren zu können", erklärte damals der deutsche Außenminister Joschka Fischer. Europa sei als Ganzes herausgefordert.

Die EU setzte daraufhin einen eigenen Anti-Terror-Koordinator ein, der in Brüssel für bessere Absprachen und einen besseren Datenaustausch unter den zahlreichen europäischen Geheimdiensten und Polizeibehörden sorgen soll. Gijs de Vries will noch im September einen Koordinierungsstab für die Dienste einrichten. Die europäischen Justizbehörden EUROPOL und EUROJUST in Den Haag sollen gestärkt werden.

Europäischer Haftbefehl

Gijs de VriesBild: AP

Das operative Geschäft, also die Verfolgung der Terroristen, bleibt Angelegenheit der 25 Mitgliedsstaaten. Europa hat keine eigene Polizei und werde auch keinen einheitlichen Geheimdienst aufbauen, so der EU-Anti-Terror-Beauftragte. Fast drei Jahre nach den Anschlägen auf New York und Washington haben Italien und Deutschland als zwei der letzten EU-Staaten den europäischen Haftbefehl gebilligt. Er soll die Verhaftung von Straftätern in der gesamten EU erleichtern. Nach dem blutigen Geiseldrama im südrussischen Beslan forderte der niederländische Außenminister Bernard Bot, der zur Zeit den Vorsitz in der EU führt, bessere transkontinentale Zusammenarbeit

"Es gibt ein wachsendes Bewusstsein in der EU, dass wir mehr tun müssen", sagte Bot. "Aber während meiner Reise nach Asien und in den Nahen Osten habe ich darauf hingewiesen, dass wir zwischen allen Kontinenten enger zusammen arbeiten müssen." Ein besserer Austausch der Informationen sei dringend notwendig, so der niederländische Außenminister. Mit den Vereinigten Staaten hat die EU nach langen Verhandlungen den Austausch von Flugpassagier-Daten vereinbart. Datenschützer kritisieren die ausführlichen Listen allerdings.

Erfolge bleiben im Verborgenen

EU-Koordinator de Vries glaubt, dass in der Öffentlichkeit zu unrecht der Eindruck entstehe, Europa sei in der Terrorbekämpfung zu langsam. Im Juni zum Beispiel haben Polizeibehörden bei einer europaweiten Razzia Terroristen festgenommen, die an den Anschlägen von Madrid beteiligt waren. Viele geplante Anschläge seien verhindert worden, so de Vries. "Die Geheimdienste können ihre Erfolge aber nicht in der Zeitung veröffentlichen", erklärt der Anti-Terror-Bauftragte. "Wenn sie etwas verhindern, erregt das kein Aufsehen."

Drei Jahre nach dem 11. September gilt übrigens immer noch der Verteidigungsfall für die NATO. Der war nach den Terrorattacken auf die USA beschlossen worden. Präsident George W. Bush könnte also theoretisch immer noch im Kampf gegen den Terror NATO-Unterstützung anfordern. Es obliegt jedoch den NATO-Mitgliedsstaaten, ob sie diesen Wunsch dann auch tatsächlich erfüllen würden.

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