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KonflikteArmenien

Erste Flüchtlinge aus Berg-Karabach erreichen Armenien

24. September 2023

Die Regierung in Eriwan rechnet damit, dass sich Zehntausende Menschen Richtung Armenien auf den Weg machen werden. Armenien fordert eine UN-Mission für Berg-Karabach zur Überwachung der Sicherheitslage vor Ort.

Flucht der Karabach-Armenier
Karabach-Armenier auf der FluchtBild: Irakli Gedenidze/REUTERS

Nach der aserbaidschanischen Großoffensive in Berg-Karabach, mit der Baku die volle Kontrolle über die Region gewonnen hat, treffen laut Medienberichten erste bisherige Bewohner der Kaukasus-Region in Armenien ein. In der Nähe der Grenze seien Hunderte Flüchtlinge unterwegs, berichteten Reporter der Nachrichtenagentur Reuters. Im armenischen Grenzort Kornidsor trafen zudem voll beladene Zivilfahrzeuge aus Berg-Karabach ein.

Die Führung der ethnischen Armenier in Berg-Karabach rechnet mit einem Exodus ihrer Bevölkerung. David Babajan, ein Berater der selbst ernannten Regierung von Berg-Karabach, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, "99,9 Prozent ziehen es vor, unser historisches Stammland zu verlassen". 

Checkpoint im armenischen Grenzort KornidsorBild: Irakli Gedenidze/REUTERS

Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan sagte nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Tass, Armenien werde alle Landsleute aus Berg-Karabach aufnehmen. Die Regierung in der Hauptstadt Eriwan bereite sich bereits auf Zehntausende Ankommende vor. Aserbaidschan hat zwar zugesagt, die Rechte der Karabach-Armenier zu respektieren. Diese befürchten jedoch, vertrieben oder unterdrückt zu werden.

Armenien fordert UN-Mission für Berg-Karabach

Im Ringen um die Zukunft der rund 120.000 Armenier in Berg-Karabach hat das Land Armenien eine UN-Mission für die Region im benachbarten Aserbaidschan gefordert. Die internationale Gemeinschaft solle alles für tun, die Armenier in Berg-Karabach zu schützen, sagte Außenminister Ararat Mirsojan bei den Vereinten Nationen in New York. Ziel einer möglichen UN-Mission sei es, vor Ort die Einhaltung der Menschenrechte, die humanitäre Versorgung und die Sicherheit der Bevölkerung zu überwachen.

Paschinjan deutet Abkehr vom Bündnispartner Russland an

Armeniens Ministerpräsident Paschinjan hat vor dem Hintergrund des Konflikts um Berg-Karabach eine außenpolitische Abkehr von Russland angedeutet. Armeniens derzeitige Sicherheitsbündnisse seien "ineffektiv" und "unzureichend" hinsichtlich des Schutzes nationaler Sicherheit und Interessen, sagte Paschinjan in einer Fernsehansprache.

Der Regierungschef sprach sich zudem dafür aus, dass Armenien dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) beitritt, der einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen hat. Mit Blick auf den IStGH sagte Paschinjan, die Entscheidung sei "nicht gegen die CSTO und die Russische Föderation" gerichtet. Es gehe vielmehr um Armeniens Sicherheit.

Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan ist enttäuscht vom Bündnispartner RusslandBild: Tigran Mehrabyan/PAN Photo/AP/dpa/picture alliance

Armenien ist Mitglied der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (CSTO), eine von Russland dominierte Gruppe von sechs ehemaligen Sowjetstaaten. In den CSTO-Statuten steht, dass der Angriff auf ein Mitgliedsland als ein Angriff auf alle Mitgliedsländer gewertet wird. Armenien hatte in dem Konflikt mit Aserbaidschan um Berg-Karabach auf die Unterstützung des Militärbündnisses gehofft. Russland argumentierte allerdings, die Regierung in Eriwan selbst erkenne Berg-Karabach als Teil Aserbaidschans an, und weigerte sich, Armenien zu helfen.

Russland unterstützt traditionell Armenien, seinen einst wichtigsten Verbündeten im Kaukasus. Allerdings fühlte sich Armenien von Moskau zuletzt wiederholt im Stich gelassen.

Erdogan trifft seinen aserbaidschanischen Verbündeten Alijew

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich am Montag mit seinem aserbaidschanischen Kollegen Ilham Alijew in der aserbaidschanischen Exklave Nachitschewan treffen. Wie das türkische Präsidialamt mitteilte, sollen die "neuesten Entwicklungen" in der Kaukasus-Region Berg-Karabach im Mittelpunkt des Treffens stehen.

Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber überwiegend von ethnischen Armeniern bewohnt, die die Region im Südkaukasus mit Hilfe der armenischen Regierung drei Jahrzehnte lang weitgehend kontrollierten. Am vergangenen Dienstag hatte Aserbaidschan das seit langem zwischen den beiden Ex-Sowjetrepubliken umkämpfte Gebiet militärisch angegriffen. Nur einen Tag später ergaben sich die unterlegenen Karabach-Armenier.

qu/kle (rtr, dpa, afp)

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