Der DDR-Bürger Sigmund Jähn flog als erster Deutscher ins All. Er wollte nie ein Held sein - und war es doch für Generationen. Aber nach der Wende wurde er arbeitslos. Nun ist Jähn im Alter von 82 Jahren gestorben.
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Sigmund Jähn, der erste Deutsche im Weltraum, ist tot. Der DDR-Kosmonaut starb bereits am Samstag im Alter von 82 Jahren, wie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) jetzt erst mitteilte. "Mit Sigmund Jähn verliert die deutsche Raumfahrt einen weltweit anerkannten Kosmonauten, Wissenschaftler und Ingenieur", sagte die Vorstandsvorsitzende des DLR, Pascale Ehrenfreund.
Jähn war mit der Rakete "Sojus 31" am 26. August 1978 vom russischen Raumfahrtzentrum Baikonur aus gestartet. Gemeinsam mit dem sowjetischen Kosmonauten Waleri Bykowski (1934-2019) war er sieben Tage, 20 Stunden und 49 Minuten im All. Der Kosmonaut war in der DDR ein Volksheld und genoss große Popularität. Trotz seines Ruhmes blieb er immer bescheiden und wurde deshalb besonders verehrt.
Erst 1983 flog Ulf Merbold aus dem Westen als zweiter Deutscher ins All. Der 1937 geborene Sachse Jähn war Oberstleutnant der DDR-Armee NVA. Der gelernte Buchdrucker stammte aus der sächsischen Kleinstadt Morgenröthe-Rautenkranz. Nach der Ausbildung zum Jagdflieger bei den Luftstreitkräften der NVA wurde er von 1976 an in der Sowjetunion mit einem harten Training auf seinen Flug ins All vorbereitet.
Viele Jahre nach seinem Triumph, mit der deutschen Wiedervereinigung, riss Jähns Bilderbuchkarriere ab. Nach der Wende wurde er arbeitslos. Später kam er beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt unter und bildete europäische Astronauten im russischen Sternenstädtchen aus. In seiner vogtländischen Heimatstadt erinnert die Deutsche Raumfahrtausstellung an seinen Weltraumflug. Jähn, der verheiratet war und zwei Töchter hatte, lebte in Strausberg bei Berlin, blieb seiner Heimat aber immer verbunden.
jj/hf (dpa, munzinger)
Sigmund Jähn - eine deutsch-deutsche Raumfahrerkarriere
Am 26. August 1978 flog Sigmund Jähn als erster deutscher Raumfahrer ins All. Er stammte aus der Bergarbeiter-Gemeinde Morgenröthe-Rautenkranz. Als "Unser Fliegerkosmonaut" wurde er Symbolfigur der DDR.
Bild: picture-alliance/dpa/Tass/Psuhkaryov
Als erster Deutscher im All
Gemeinsam mit seinem sowjetischen Kollegen Valeri Bykowski flog Sigmund Jähn am 26. August 1978 zur Raumstation Saljut 6. Dort verbrachten die beiden sieben Tage und 20 Stunden. Jähn experimentierte mit einem Erdbeobachtungs-Spektrometer und führte Experimente zur Materialforschung mit Kristallen durch.
Bild: picture-alliance/dpa
Holprige Landung
Die Landung in der Kasachischen Steppe verlief nicht ganz nach Plan. Der Fallschirm löste sich nicht sofort und schleuderte die Raumkapsel umher. Dabei erlitt Jähn eine Rückenverletzung, die ihn sein Leben lang verfolgte. Anmerken ließ er sich jedoch nichts.
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Überschwengliches Willkommen
Zurück in der DDR feierten die Menschen Sigmund Jähn. Als erster Deutscher im Weltall begeisterte er Alt und Jung gleichermaßen. Die DDR nutzte den Rummel um den Kosmonauten auch für ein politisches Statement: Nehmt uns ernst! In der Raumfahrt war die DDR der Bundesrepublik damals nämlich um Jahre voraus.
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Botschafter auch im Westen
Nicht nur in der DDR wurde Jähn zur Galionsfigur. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) schickte ihn zur Beziehungspflege auch in den Westen. Hier besucht Jähn 1982 ein Treffen der westdeutschen kommunistischen Jugendorganisation SDAJ in Düsseldorf.
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Raumfahrt ist und bleibt faszinierend
Schon lange vor Jähns Raumflug wurde das Kosmonautenzentrum in Karl-Marx-Stadt - dem heutigen Chemnitz - gegründet: Ein Technikmuseum mit Erlebnispark für Kinder. Es war ursprünglich dem Raumflug von Juri Gagarin (1961) gewidmet und wurde 1964 eröffnet. Noch heute zieht es es viele Besucher an. Und es trägt den Namen des Helden der DDR-Raumfahrt.
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Eine eigene Raumfahrtausstellung in der Heimatstadt
Bereits im Jahr nach seinem Raumflug öffnete in Jähns Heimatstadt Morgenröthe-Rautenkranz die ständige "Ausstellung des ersten gemeinsamen Kosmonautenfluges UdSSR-DDR". Heute ist daraus die Deutsche Raumfahrtausstellung geworden, wo Jähn immer noch als Gast vorbeischaute, Vorträge hielt und Autogramme gab - hier bei einem Besuch im Jahr 2015.
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Gruppenbild der Raumfahrer
Solch eine Gelegenheit fand sich selten: Alle damals noch lebenden deutschen Raumfahrer kamen 2013 bei der Eröffnung des medizinischen Raumfahrtzentrums Envihab beim DLR in Köln zusammen. Jähn hatte sich schon seit 1985 für die Freundschaft zwischen Kosmonauten und Astronauten eingesetzt. So hatte er den Weltverband der Raumfahrer mitbegründet.
Bild: DW/F. Schmidt
Gemeinsam für die Kunst
Hier präsentierten die beiden Kosmonauten Anatoly Solovyev und Sigmund Jähn in Eberswalde eine Gedenktafel für den russischen Liedermacher Vladimir Vysotsky - im Jahre 2013. Der Chansonnier Vysotsky war nicht nur bei Russen beliebt und berühmt für seine rauhe und klare Sprache. In Sowjetzeiten gehörte er zu den wenigen Künstlern, die auch kritische Gesellschaftsthemen ansprachen.
Bild: Vitaliy Kropman
Familie ist auch wichtig
Nach der Wende blieb Jähn aktiv in der Astronautenausbildung. Für ESA und DLR arbeitete er als Berater im Sternenstädtchen bei Moskau. Nach seiner Pensionierung hatte er mehr Zeit für seinen Enkel Jakob. Der ist mittlerweile zwölf Jahre älter als auf diesem Foto von 2007.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul
Vermittler zwischen den Welten
Sigmund Jähn stand jüngeren Raumfahrern gerne mit Rat und Tat zur Seite. Von seinen Erfahrungen - insbesondere mit der Russischen Raumfahrt - konnten viele profitieren, die von Baijkonur aus zur Internationalen Raumstation flogen. Hier ist Jähn bei den letzten Startvorbereitungen für den ISS-Flug des Deutschen Astronauten Alexander Gerst 2018 zu sehen.