Erster Schritt zur EU-Kandidatur
26. August 2003Bonn, den 26.08.2003, DW-radio/Kroatisch
Der Weg Kroatiens in die Europäische Union ist verfahrensmäßig und politisch sehr komplex. Einer der wichtigsten Punkte auf diesem Weg ist der Fragebogen der Europäischen Kommission über eine Reihe von Themen aus verschiedenen Gebieten - Justiz, Wirtschaft und Politik.
Warum der Fragebogen, den Romano Prodi der kroatischen Regierung am 10. Juni feierlich übergeben hatte, von solch großer Bedeutung ist und was er enthält, erklärte gegenüber DW-radio die Sprecherin des kroatischen Ministeriums für die EU-Integration, Ivana Grgic: "Der Fragebogen setzt sich aus juristischen, ökonomischen,
statistischen, analytischen und institutionellen Fragen zusammen. Konkret wurde der Fragebogen für die Republik Kroatien in drei große Kapitel eingeteilt. Das erste Kapitel enthält politische Kriterien, das zweite sind ökonomische Kriterien und das dritte Kapitel, das sich aus 29 Unterkapiteln zusammensetzt, ist das Kapitel, das die Fähigkeit beurteilt, die Pflichten, die aus einer Mitgliedschaft hervorgehen, zu erfüllen".
Frage:
Warum und in welchem Ausmaß ist dieser Fragebogen bzw. sind die Antworten auf die darin gestellten Fragen von Bedeutung?Antwort:
Also, wie Sie wissen, stellt der Fragebogen eine der Bedingungen für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union dar, bzw. er ist Bestandteil der Kopenhagener Kriterien und des Madrider Abkommens. Der Fragebogen stellt eben einen Teil des Verfahrens dar. Die Europäische Kommission übergibt jedem Anwärter-Staat einen Fragebogen, so übergab sie ihn auch Kroatien, nachdem der Ministerrat der Europäischen Kommission am 14. April aufgetragen hatte, ein Gutachten über den kroatischen Antrag auf Mitgliedschaft zu erstellen. Der erste Schritt war die Erstellung des Fragebogens. Den Fragebogen haben wir am 10.7. in Kroatien erhalten, und die Rückgabefrist ist der 10.10. 2003.Frage:
Der Fragebogen ist also gewissermaßen ein Zeugnis für Kroatien gegenüber der Europäischen Union. Die Antworten sind, wie wir vernommen haben, bereits beim Ministerium eingetroffen.Antwort:
Gerade jetzt gehen sie in die Hände der Gutachterkommission über. Die Gutachterkommission setzt sich aus kompetenten Fachleuten aus der kroatischen Wirtschaft, Justiz und Politik zusammen. Diese werden überprüfen, ob die Antworten sinnvoll und wahrheitsgemäß sind. Die Begutachtung dauert bis zum 12.9. Gleichzeitig werden die kroatischen Antworten ins Englische übersetzt. Wir haben uns aus rein praktischen Gründen für Englisch entschieden. Wir möchten einfach, dass die Fragen im Fragebogen und die von uns gegebenen Antworten terminologisch übereinstimmen. Nach dem 12.9., an dem die Frist für die Antworten abläuft, erfolgt die Weiterleitung an die Regierung zur Ratifizierung. Nachdem die Regierung die Antworten ratifiziert hat, schicken wir sie offiziell an Brüssel und hoffenauf positive Reaktionen.
Frage:
Welche Schritte stehen in Brüssel an, wenn sie die Antworten erhalten haben? Wie sieht dann das Verfahren aus? Verlässt sich Brüssel auf die Wahrhaftigkeit dessen, was auf dem Papier steht, oder überprüfen sie es selbst?Antwort:
Alles wird überprüft, obwohl sie, hoffe ich zumindest, dem, was auf dem Papier steht, Glauben schenken. Denn letzten Endes schreiben wir die Wahrheit. In den Folgemonaten erwarten wir die Auswertung der Antworten und gegebenenfalls einige Zusatzfragen an die Republik Kroatien. Im Prinzip erwarten wir bis April ein Gutachten. Wir hoffen natürlich auf ein positives Gutachten. Wie dem auch sei, im Falle eines erwarteten positiven Gutachtens passiert folgendes: Der Europäische Rat beruft eine bilaterale Regierungskonferenz zwischen der Europäischen Union und dem Antragsteller-Staat ein, in dem Fall ist das die Republik Kroatien, die dann den offiziellen Kandidatenstatus erhält. Im Falle einer negativen Antwort wird sich die ganze Sache verzögern." (Interview: Dunja Dragojevic) (md)