Erstes Urteil nach Sturm auf US-Kapitol
24. Juni 2021Mehr als fünf Monate nach der Erstürmung des US-Kapitols hat ein Bundesrichter das erste Urteil gegen eine Teilnehmerin gesprochen. Die Frau wurde zu drei Jahren Haft auf Bewährung, 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einem Bußgeld in Höhe von 500 Dollar (420 Euro) verurteilt. Sie entging einer Gefängnisstrafe, weil sie vor der Gerichtsverhandlung ein Schuldbekenntnis ablegte.
Die 49-Jährige räumte ein, sich illegal Zutritt zum Kapitol verschafft zu haben, als dort Anfang Januar der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November zertifiziert werden sollte. "Ich war dort, um Präsident (Donald) Trump meine Unterstützung zu zeigen, und ich schäme mich dafür, dass es ein unzivilisiertes Schauspiel der Gewalt wurde", erklärte sie per Videoschalte vor dem Bundesgericht in Washington.
"Das war der schönste Tag in meinem Leben"
Die Frau, die aus dem Bundesstaat Indiana stammt, hatte am 6. Januar in Washington einen Auftritt des abgewählten Republikaners verfolgt. Trump wiederholte dabei seinen völlig unbelegten Vorwurf des massiven Wahlbetrugs und forderte die Zuhörer auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus zu kämpfen".
Sie folgte der Menge zum Kapitol, blieb aber nur zehn Minuten in dem Parlamentsgebäude und machte sich keiner gewaltsamen Angriffe schuldig. "Das war der schönste Tag in meinem Leben", schrieb sie am nächsten Tag im Online-Netzwerk Facebook. Nach ihrer Festnahme kooperierte sie nach Angaben ihres Anwalts mit der Justiz, bat um Verzeihung und "dachte über viele ihrer Ideen noch einmal nach".
Anklage gegen 500 Teilnehmer
Wegen ihres Schuldeingeständnisses folgte Richter Royce Lamberth der Empfehlung der Staatsanwaltschaft und verzichtete auf eine Haftstrafe. Zugleich betonte er, dass es sich um ein "ernstes Verbrechen" gehandelt habe. Diese Demonstration "ist nicht zufällig gewalttätig geworden", sagte er.
Die Kapitol-Erstürmung durch radikale Trump-Anhänger hatte die USA schwer erschüttert. Im Zuge der Gewalt kamen fünf Menschen zu Tode, darunter ein Polizist. Die US-Behörden identifizierten inzwischen rund 800 mutmaßliche Teilnehmer der Aktion, gegen rund 500 von ihnen wurde Anklage erhoben.
jj/pg (dpa, afp)