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Erstmals Hirnaktivitäten eines Sterbenden aufgezeichnet

24. Februar 2022

Durch einen tragischen Zufall konnten Forschende beobachten, was mit dem menschlichen Gehirn passiert, wenn wir sterben: Die Aufzeichnungen ähneln einem Traum, einem letzten Erinnern.

Person vor dem hellen Ende eines Tunnels
Was passiert mit unserem Gehirn in den Momenten vor dem Tod? Bild: Andrés Cónema/Zoonar/picture alliance

Es war ein tragischer Zufall: Nach einem Sturz kam ein 87-jähriger Mann in die Notaufnahme, sein Zustand verschlechterte sich schnell. Da der Mann an Epilepsie und Krampfanfällen litt, schlossen ihn die Neurologen zur Überwachung an eine Elektroenzephalografie (EEG) an.

Bei einer EEG werden Elektroden an bestimmten Stellen des Kopfes angebracht, welche die Aktivität des Gehirns messen können. Doch während der Untersuchung erlitt der Mann einen Herzinfarkt und verstarb.

Durch diesen tragischen Umstand wurde zum ersten Mal überhaupt die Aktivität eines sterbenden menschlichen Gehirns aufgezeichnet, sagen Neurowissenschaftler, die die Daten untersuchten.

Laut der in "Frontiers in Aging Neuroscience" veröffentlichten Studie kamen sie dabei möglicherweise auch der Antwort auf die ur-menschliche Frage näher, was mit uns im Moment des Todes passiert.

Wenn das Herz aufhört zu schlagen: Durch den Herzinfarkt des Patienten nahmen seine Ärzte ungeplant Hirnwellen im Moment des Todes aufBild: Yann Tang/Zoonar/picture alliance

Träumen und erinnern wir uns während wir sterben?

Bei der Auswertung der insgesamt 15 Minuten Hirnaktivitäten rund um den Todeszeitpunkt konzentrierte sich das Team vor allem auf die 30 Sekunden vor und 30 Sekunden nach dem Herzstillstand. Dabei stellte das Team eine erhöhte Aktivität bei einer bestimmten Form der Hirnwellen, den sogenannten Gamma-Oszillationen, fest.

Die rhythmischen Hirnwellenmuster, die während des Todes des Mannes aufgezeichnet wurden, ähnelten denen, die während des Träumens, des Abrufs von Erinnerungen und der Meditation auftreten.

Die spezifische Art von Gehirnwellen, die im sterbenden Gehirn aufgezeichnet wurden - die so genannten neuronalen Oszillationen - lassen außerdem vermuten, dass die Person ihr Leben durch "Erinnerungsabrufe" vor ihren Augen ablaufen sah, so der Organisator der Studie, Dr. Ajmal Zemmar, ein Neurochirurg an der Universität von Louisville im US-Bundesstaat Kentucky.

Laut Zemmar deuten die Ergebnisse darauf hin, dass unsere Gehirne während und sogar nach dem Übergang zum Tod aktiv und koordiniert bleiben können.

"Durch die Erzeugung von Oszillationen, die am Abruf von Erinnerungen beteiligt sind, spielt das Gehirn möglicherweise eine letzte Erinnerung an wichtige Lebensereignisse kurz vor dem Tod ab, ähnlich wie bei Nahtoderfahrungen", so Dr. Zemmar gegenüber Frontiers Science News.

Vergleichbar mit Nahtoderfahrungen

Wissenschaftlich gesehen treten Nahtoderfahrungen in der Zeit zwischen dem klinischen Tod und der Reanimation ein. Einige Betroffene berichten von einströmenden Erinnerungen, die wie ein Film ablaufen, von einer Loslösung vom Körper (autoskope Erlebnisse, beziehungsweise out-of-body experiences), von Landschaften oder von einem hellen Licht am Ende eines Tunnels. Einige berichteten von einem großen Glücksgefühl, Andere erlebten Angst- oder Panikzustände.

Offenbar treten Nahtoderfahrungen häufiger auf, wenn die Reanimation besonders lang gedauert hat und die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff länger beeinträchtigt ist. Diese Unterversorgung des Gehirns hat vor allem Auswirkungen auf die Schläfen- und Scheitellappen des Gehirns, sowie auf die dazwischen liegende Schaltstelle Gyrus Angularis. Ob die Nahtoderfahrungen auch dort entstehen, ist noch unklar.

Wichtige Folgefragen

Allgemein gültige Schlussfolgerungen lassen sich durch die zufällige Aufzeichnung der Aktivitäten eines sterbenden menschlichen Gehirns nicht ziehen. Die Studie basiert auf einem Einzelfall, der Patient litt zusätzlich an Epilepsie .

Organspende - wann ist man tot?

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Aber: "Diese Ergebnisse stellen unser Verständnis davon in Frage, wann genau das Leben endet, und werfen wichtige Folgefragen auf, etwa in Bezug auf den Zeitpunkt der Organspende", so der Neurowissenschaftler Zemmar.

Er ist überzeugt, dass "die Ergebnisse den Neurowissenschaftlern Hoffnung geben, das Phänomen der 'Lebenserinnerung' besser zu verstehen, von dem häufig Menschen berichten, die Nahtoderfahrungen gemacht haben."

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