Durch einen tragischen Zufall konnten Forschende beobachten, was mit dem menschlichen Gehirn passiert, wenn wir sterben: Die Aufzeichnungen ähneln einem Traum, einem letzten Erinnern.
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Es war ein tragischer Zufall: Nach einem Sturz kam ein 87-jähriger Mann in die Notaufnahme, sein Zustand verschlechterte sich schnell. Da der Mann an Epilepsie und Krampfanfällen litt, schlossen ihn die Neurologen zur Überwachung an eine Elektroenzephalografie (EEG) an.
Bei einer EEG werden Elektroden an bestimmten Stellen des Kopfes angebracht, welche die Aktivität des Gehirns messen können. Doch während der Untersuchung erlitt der Mann einen Herzinfarkt und verstarb.
Durch diesen tragischen Umstand wurde zum ersten Mal überhaupt die Aktivität eines sterbenden menschlichen Gehirns aufgezeichnet, sagen Neurowissenschaftler, die die Daten untersuchten.
Bei der Auswertung der insgesamt 15 Minuten Hirnaktivitäten rund um den Todeszeitpunkt konzentrierte sich das Team vor allem auf die 30 Sekunden vor und 30 Sekunden nach dem Herzstillstand. Dabei stellte das Team eine erhöhte Aktivität bei einer bestimmten Form der Hirnwellen, den sogenannten Gamma-Oszillationen, fest.
Die rhythmischen Hirnwellenmuster, die während des Todes des Mannes aufgezeichnet wurden, ähnelten denen, die während des Träumens, des Abrufs von Erinnerungen und der Meditation auftreten.
Laut Zemmar deuten die Ergebnisse darauf hin, dass unsere Gehirne während und sogar nach dem Übergang zum Tod aktiv und koordiniert bleiben können.
"Durch die Erzeugung von Oszillationen, die am Abruf von Erinnerungen beteiligt sind, spielt das Gehirn möglicherweise eine letzte Erinnerung an wichtige Lebensereignisse kurz vor dem Tod ab, ähnlich wie bei Nahtoderfahrungen", so Dr. Zemmar gegenüber Frontiers Science News.
Ruhe in Frieden - Bestattungskultur in Deutschland
Die deutsche Gesellschaft wandelt sich - und mit ihr auch die Bestattungskultur. Tod, Trauer, Traditionen: vom Friedhofszwang bis zum Leichenschmaus.
Bild: Winfried Rothermel/picture alliance
Das Leben is endlich
Im Jahr 2021 starben in Deutschland laut Statista 1.023.723 Menschen, im Vergleich zu 985.572 im Jahr zuvor. Es gibt etwa 32 Millionen Gräber auf circa 32.000 Friedhöfen. Doch die Bestattungskultur hat sich hierzulande stark verändert: Die "Gottesäcker" werden zunehmend eingeebnet und erinnern - mit weiten Rasenflächen zwischen immer weniger Erdgräbern - häufig an Parks.
Bild: Leo F. Postl/picture alliance
Innehalten
Auf dem größten Parkfriedhof der Welt, dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg, gibt es einen Rückzugsort für Trauernde, öffentlich zugänglich: die "Trauerhaltestelle". Hier können Trauernde mit bunter Kreide an die Wände der großen, offenen Halle schreiben, was sie bewegt.
Bild: Katharina Roggmann/Stiftung Deutsche Bestattungskultur
Trend zur Feuerbestattung
Bundesweit geht der Trend immer mehr zur Feuerbestattung und Beisetzung im viel kleineren, günstigeren Urnengrab. Urnenwände, Rasengräber: Die Laufzeit ist oft kürzer, der Pflegeaufwand gering. Bei Bestattungen unter Bäumen im "Friedwald" oder bei anonymer Bestattung fällt er sogar ganz weg. Bei der Feuerbestattung muss zusätzlich zur Urne ein spezieller Feuersarg gekauft werden.
Bild: Kai Nietfeld/picture-alliance/dpa
Das passende Gefäß
Die Asche eines Verstorbenen wird in eine Kapsel gefüllt, die dann - oft aus dekorativen Gründen - in eine Schmuckurne aus Metall, Holz, Keramik, Granulat oder einem biologisch abbaubaren Material hineingesetzt wird. Als erstes Bundesland hat Bremen den Friedhofszwang inzwischen abgeschafft: Seit 2015 darf dort die Asche von Verstorbenen auch auf privaten Grundstücken verteilt werden.
Bild: Klaus-Dietmar Gabbert/picture-alliance/dpa
Zurück zu den Wurzeln
Eine Alternative zum Urnengrab ist die Baumbestattung auf dem Friedhof oder in einem Bestattungswald, der ausdrücklich als Friedhofsgelände deklariert ist. Die Bestattung erfolgt - in etwa achtzig Zentimetern Tiefe - im Wurzelbereich der Bäume. Es gibt keine Kerzen, Blumen oder Fotos - denn individuelle Pflege ist nicht erwünscht. Diese Art der Bestattung gibt es in Deutschland seit 2001.
Bild: Arno Burgi/picture-alliance/dpa
Aufbahrung
Die Aufbahrung Verstorbener im offenen Sarg - im amerikanischen Sprachgebrauch "public viewing" genannt - ist in Deutschland weniger gang und gäbe als in anderen Ländern. Auch von einem Thanatopraktiker vorgenommene Einbalsamierungen sind hierzulande zwar möglich, aber kaum üblich.
Bild: Roland Mühlanger/Imago
"Do-It-Yourself"-Sarg
Wie man sich bettet, so ruht man: Ein Sarg kostet ab 1.000 Euro aufwärts. Mit vier Quadratmetern Holz, Zeit und Geschick kann man für wenige hundert Euro seine letzte Ruhestätte auch selbst bauen. Entsprechende Workshops werden immer wieder angeboten (Bild, Kursleitung in einem Berliner Hospiz). Oft nutzen Hobby-Handwerker den Sarg zunächst als Regal - weit mehr als eine interessante Erfahrung.
Bild: Christian Lohse
Begräbnis- und Trauerkultur im Museum
Wie haben sich die Menschen früher mit Tod und Sterben auseinandergesetzt? Mit dem Thema Bestattung, Friedhof, Trauer und Gedenken beschäftigt sich das "Museum für Sepulkralkultur" in Kassel. Einzigartig in Deutschland, widmet sich das Museum seit 1992 dem "Tod in allen seinen Facetten". Im Hof steht eine Prunkleichenwagenkutsche von 1880 neben einem Leichenwagen von 1978.
Bild: Museum für Sepulkralkultur Kassel
Löten und Gestalten
Seit 2005 hat die Bestatterbranche im fränkischen Münnerstadt ihr eigenes Bundesausbildungszentrum. Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft gibt es in Deutschland erst seit 2003. In Münnerstadt wird während der dreijährigen Ausbildungszeit der Umgang mit Verstorbenen und dem Tod geübt. Sogar aus China und Russland kommen Bestatter zu internationalen Seminaren in das deutsche Zentrum.
Bild: C. Löwinger
Solides Handwerk
In Münnerstadt befindet sich auch Deutschlands erster Übungsfriedhof, angelegt 1994 vom Bayerischen Bestatterverband. Hier üben angehende Bestatter, wie man fachgerecht Gräber aushebt und Urnen herablässt. Für Bestattungsfachkräfte ist der Tod ständiger Begleiter. Laut Verband verlangt der Beruf "ein hohes Maß an Verantwortung für Menschen - Verstorbene und Hinterbliebene".
Bild: Rosina Eckert
Kondolenz und Todesanzeigen
Bestatter decken sich gern mit passenden Sondermarken der Deutschen Post für Trauerkarten und Danksagungen ein. In Todesanzeigen in der Zeitung - manchmal sehr persönlich und kreativ, oft mit Foto - oder per persönlicher Karte werden Zeit und Datum der Beisetzung oder Trauerfeier bekannt gegeben. Außerdem, ob Blumen oder ein Kranz erwünscht sind oder lieber eine gemeinnützige Spende.
Bild: Dagmar Breitenbach/DW
Der Leichenschmaus
Nach einer Beerdigung oder Trauerfeier gehen Familie, Freunde, Nachbarn und Kollegen, meist auf persönliche Einladung der Hinterbliebenen, zum Traueressen - dem sogenannten Leichenschmaus - in ein Restaurant oder Café. Traditionell gibt es Kaffee, Tee, eine Tasse Suppe, Schnittchen und Streuselkuchen.
Bild: Daniel Karmann/picture alliance/dpa
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Vergleichbar mit Nahtoderfahrungen
Wissenschaftlich gesehen treten Nahtoderfahrungen in der Zeit zwischen dem klinischen Tod und der Reanimation ein. Einige Betroffene berichten von einströmenden Erinnerungen, die wie ein Film ablaufen, von einer Loslösung vom Körper (autoskope Erlebnisse, beziehungsweise out-of-body experiences), von Landschaften oder von einem hellen Licht am Ende eines Tunnels. Einige berichteten von einem großen Glücksgefühl, Andere erlebten Angst- oder Panikzustände.
Offenbar treten Nahtoderfahrungen häufiger auf, wenn die Reanimation besonders lang gedauert hat und die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff länger beeinträchtigt ist. Diese Unterversorgung des Gehirns hat vor allem Auswirkungen auf die Schläfen- und Scheitellappen des Gehirns, sowie auf die dazwischen liegende Schaltstelle Gyrus Angularis. Ob die Nahtoderfahrungen auch dort entstehen, ist noch unklar.
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Wichtige Folgefragen
Allgemein gültige Schlussfolgerungen lassen sich durch die zufällige Aufzeichnung der Aktivitäten eines sterbenden menschlichen Gehirns nicht ziehen. Die Studie basiert auf einem Einzelfall, der Patient litt zusätzlich an Epilepsie .
Organspende - wann ist man tot?
07:42
Aber: "Diese Ergebnisse stellen unser Verständnis davon in Frage, wann genau das Leben endet, und werfen wichtige Folgefragen auf, etwa in Bezug auf den Zeitpunkt der Organspende", so der Neurowissenschaftler Zemmar.
Er ist überzeugt, dass "die Ergebnisse den Neurowissenschaftlern Hoffnung geben, das Phänomen der 'Lebenserinnerung' besser zu verstehen, von dem häufig Menschen berichten, die Nahtoderfahrungen gemacht haben."