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Wende an der Wall Street?

Lia Petridis, New York20. Januar 2009

Mit dem neuen Präsidenten Barack Obama und einem weiteren Konjunkturpaket erhoffen sich viele Amerikaner im neuen Jahr auch eine Wende an der Wall Street.

Gebäude der New York Stock Exchange
Wall Street wird es immer gebenBild: AP

Eine stabile Ökonomie soll die Märkte florieren lassen und nach dem letzten Handelsjahr ist eine Wiederherstellung des strapazierten Vertrauens bitter nötig. Der Glaube daran, dass sich die amerikanische Wirtschaft erholt, ist aber auch an eine Restrukturierung der Wall Street und ihrer Kontrollinstanzen geknüpft. Nach Jahrzehnten der Deregulierung und mangelnden Transparenz, die 2008 ihren Höhepunkt in der von den USA ausgehenden Finanzkrise fand, fordern viele Amerikaner und auch der designierte Präsident jetzt einen Wandel an der Wall Street, damit Fälle, wie der Betrugsskandal um Bernard Madoff nicht mehr möglich sind.

Mega-Konjunkturpaket

Das US-Konjunkturpaket ist viel größer und schwererBild: picture-alliance/ ZB

Mit einem 800 Milliarden Dollar schweren Konjunkturpaket hofft Barack Obama die Wirtschaft wieder ankurbeln – und drei Millionen Arbeitsplätze schaffen zu können. "Wir befinden uns in einer Finanzkrise, die auf die Wirtschaft übergreift. Was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass wir ein Konjunkturpaket brauchen", sagte Obama bei einer wirtschaftlichen Grundsatzrede. "Wir müssen uns auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentrieren."

Für das laufende Finanzjahr 2008/2009 wird sich aufgrund dieser Konjunkturstütze ein Budgetdefizit von deutlich über zwei Billionen Dollar anhäufen - das entspricht ungefähr dreizehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes der USA. Am ersten Handelstag des Jahres zeigten sich die Märkte vor dem anstehenden Wechsel im Weißen Haus enthusiastisch. Der Dow Jones legte eine Rallye hin und stieg zum ersten Mal seit November 2008 über die 9000 Punkte Marke. Aber schon in der zweiten Woche schien sich der Mythos Obama geringfügig zu entzaubern. Die Arbeitslosenzahlen stiegen, Einzelhändler vermeldeten Verluste. Offensichtlich ist die Weihnachtsschonzeit vorbei. Man ist wieder in der Realität angekommen - und die heißt Rezession.

Gibt es das Wundermittel?

Verzweifelter Börsenmakler an der Wall StreetBild: AP

Angesichts der Dringlichkeit mahnt der Präsident in spe jetzt zur Eile. In gewisser Weise helfen ihm die schlechten Konjunkturdaten, um die Kritiker zum Schweigen zu bringen. Der Rezession könne man kurzfristig mit einem neuen Konjunkturpaket begegnen. Welches Wundermittel wird aber das verlorene Investorenvertrauen an der New Yorker Börse kurieren?

Schnelle, konsequente Reaktionen: So ernannte Obama nur eine Woche nach der Festnahme von Bernie Madoff mit Mary Shapiro eine neue Vorsitzende für die Securities and Exchange Commission (SEC), die Börsenaufsicht. Diese Behörde hatte offenbar den größten Betrugsfall in der Wirtschaftsgeschichte der USA schlicht übersehen. Mit dem Wechsel leitete Obama die geplante Neustrukturierung der Wall Street ein. Shapiro ist allerdings nicht unumstritten, denn sie wurde unter Präsident Ronald Reagan zur SEC-Kommissarin berufen und kehrt jetzt zu jener Organisation zurück, der schon vor dem Madoff-Skandal eine zu große Nähe zur Wall Street vorgeworfen wurde.

Klare Ansage von Obama

Bereits nach dem Kollaps der viertgrößten US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008, meldete sich der damalige Präsidentschaftskandidat Obama zu Wort. Sehr deutlich machte er darauf aufmerksam, dass die massiv einsetzende Finanzkrise eine enorme Bedrohung für die Wirtschaft darstelle und das gesamte Finanzsystem der USA einer grundlegenden Modernisierung bedürfe. Sein Plädoyer lautete: Mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht innerhalb des Finanzsystems, weniger Lassaiz faire für die amerikanische Wirtschaft. Und was erwartet die Wall Street vom neuen Präsidenten? Der Ökonom Peter Cardillo von Avalon Partners glaubt, dass die Märkte in diesem Jahr einer stärkeren Regulierung und Beaufsichtigung der Märkte unterstehen. "Der Mangel an Aufsicht war der Auslöder der Immobilienkrise und der jetzigen Wirtschaftgskrise, zudem wird die SEC die Börsenaufsicht neu organisieren."

Kommt der "neue" Wall-Street-Broker?Bild: AP

Eine bessere Organisierung des 700 Milliarden Dollar Paketes für die Banken, damit die Märkte die Konsequenzen besser abschätzen können, dafür plädiert auch David Resler, Ökonom bei Nomura Securities. Und Wall Street Historiker und Finanzprofessor Charles Geisst vom Manhattan College wünscht sich eine neue Mentalität an der New Yorker Börse. Es werde immer eine Wall Street geben, sagt Geisst, aber sie werde in Zukunft eine andere Kategorie von Investoren hervorbringen. Investoren, die sich ein gesundes Interesse am Geldverdienen bewahrt haben - und nicht zur Obszönität verkommen sei.

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