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Politik

Erzkonservative führen bei Wahl im Iran

22. Februar 2020

Noch nie seit der Islamischen Revolution haben sich so wenige Iraner an einer Parlamentswahl beteiligt. Doch das stört die Gegner von Präsident Hassan Rohani nicht sonderlich, ist der Trend bislang doch eindeutig.

Iran Hamedan Beginn Parlamentswahl
Bild: Mehr News/Iman Hamikhah

Die Koalition aus Konservativen und Hardlinern im Iran liegt nach ersten Auszählungsergebnissen eindeutig vorne. Vor allem in der Hauptstadt Teheran zeigt sich ihre klare Führung, wie ein Sprecher des Innenministeriums einen Tag nach der Parlamentswahl mitteilte. Die dort zu vergebenden 30 Sitze werden politisch als besonders bedeutend eingestuft. Schon jetzt wird der Spitzenkandidat des Hardliner-Bündnisses, Mohammed Bagher Ghalibaf, als klarer Wahlsieger und neuer Parlamentspräsident gehandelt. Der frühere Polizeichef und ehemalige Bürgermeister Teherans hat bis jetzt die meisten Stimmen erhalten.

Der Oberste Führer im Iran, Ajatollah Ali Chamenei, bei der Stimmabgabe Bild: picture-alliance/dpa/ Office of the Iranian Supreme Leader

Auch in den Provinzen führen konservative Vertreter, die in Opposition zu den Reformern um Präsident Hassan Rohani stehen. Laut Meldungen der Nachrichtenagentur Fars sind 183 der insgesamt 290 Parlamentssitze bereits vergeben. Demnach gehen 135 Mandate an konservative Kandidaten, 20 an Reformer und 28 an unabhängige Bewerber.

Wahlbeteiligung in Teheran unter 30 Prozent

Wie Fars unter Berufung auf inoffizielle Zahlen weiter berichtete, lag die Wahlbeteiligung am Freitag landesweit bei rund 40 Prozent und in der Hauptstadt unter 30 Prozent. Die Behörden hatten die Schließung der Wahllokale um sechs Stunden nach hinten verschoben, in der Hoffnung, doch noch mehr Iraner zur Stimmabgabe zu bewegen. Insgesamt waren 58 Millionen Menschen wahlberechtigt. 2016 hatte die Beteiligung bei 62 Prozent gelegen, 2012 waren es 66 Prozent.

Aus Angst vor dem Corona-Virus gingen viele Iraner mit einem Mundschutz zur Wahl Bild: picture-alliance/AA/F. Bahrami

Dieses Mal hatten jedoch besonders viele junge Anhänger des moderaten Lagers aus Enttäuschung über die politische Führung angekündigt, gar nicht erst zur Abstimmung zu gehen. Der konservative Wächterrat, der Teil der Regierung ist, und aus sechs Geistlichen und sechs Juristen besteht, hatte mehr als die Hälfte der 16.000 Kandidaten nicht zur Abstimmung zugelassen.

Viele Iraner sind zudem wütend darüber, dass das Land international immer mehr in die Isolation gerät und sie darunter wirtschaftlich zu leiden haben. Ein Grund ist der Streit um das iranische Atomprogramm. US-Präsident Donald Trump hatte das 2015 mühsam erzielte internationale Atomabkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt und schrittweise wieder Sanktionen eingeführt, die dem Iran und dessen Bevölkerung schwer zusetzen.

Rial nur noch die Hälfte wert - hohe Arbeitslosigkeit

Das Land befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise. Die nationale Währung Rial ist nur noch die Hälfte wert. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, vor allem unter qualifizierten jüngeren Iranern. Präsident Rohani war 2017 mit dem Versprechen wiedergewählt worden, für mehr Freiheiten und den Austausch mit dem Westen einzutreten.

Brennende Straßenbarrikaden - viele Iraner protestierten im November gegen die Erhöhung des Benzinpreises Bild: picture-alliance/abaca/Salampix

Im vergangenen November hatten sich an der Erhöhung der Benzinpreise um fast das Dreifache heftige Proteste entzündet. Die Revolutionsgarden schlugen die Demonstrationen nieder. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden Hunderte Menschen getötet und Tausende festgenommen. Um die freie Berichterstattung zu unterdrücken, ließ das Mullah-Regime für mehrere Tage das Internet abschalten.

Einsatzkräfte gingen im Januar mit Tränengas gegen Demonstranten vor Bild: picture-alliance/AP/H. Mizban

Kundgebungen und schwere Proteste gab es auch im Januar, als das Militär versehentlich eine ukrainische Passagiermaschine abgeschossen hatte. Alle 176 Menschen an Bord starben. Die iranische Führung um das politische und religiöse Oberhaupt Ajatollah Ali Chamenei sprach zunächst drei Tage lang von einem Absturz und log die Öffentlichkeit bewusst an.

se/hf (afp, ap, dpa, rtr)   

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