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MusikEuropa

ESC: Jendrik Sigwarts Song für Deutschland

25. Februar 2021

Jahrelang landete Deutschland beim ESC regelmäßig auf den letzten Plätzen. Mit seinem Song "I don't feel hate" soll Jendrik Sigwart es jetzt richten.

ESC-Kandidat Jendrik Sigwart
Jendrik Sigwart geht in Rotterdam für Deutschland an den StartBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Als Jendrik Sigwart erfuhr, dass er Deutschland beim Eurovision Song Contest vertreten soll, war er gerade unterwegs zum Einkaufen. "Ich freu mich tierisch, dass ich dieses Jahr zum ESC fahren darf für Deutschland", verkündete der Blondschopf freudestrahlend und outete sich auch gleich als Riesenfan: "Ich habe das als Kind immer geguckt und gedacht: geile Show, geile Leute. Was mich begeistert, ist die Vielfältigkeit. Dass jeder so sein kann, wie er will. Dass jeder auch crazy sein kann."

Der 26-jährige Hamburger ist wohl selbst ein bisschen crazy und obendrein eine Frohnatur. Zum ESC in Rotterdam wird er mit einem selbstkomponierten Lied anreisen: "I don't feel hate (I just feel sorry)" ist seine persönliche Botschaft, wie man mit Beleidigungen, Mobbing und Diskriminierung umgehen sollte: einfach drüberstehen. "Hass bringt nichts", sagt er, "wenn man wütend reagiert, ändert sich das Verhalten des Gegenübers trotzdem nicht." 

Nicht ohne meine Ukulele

Im Gepäck wird Jendrik auch seine heißgeliebte Ukulele haben, die er eigenhändig mit 4000 Strasssteinchen beklebt hat. Und auf der auch sein ESC-Song entstanden ist. "Es ist tatsächlich so, dass die Ukulele gute Laune verbreitet", ist er überzeugt. "Das ist wissenschaftlich bestätigt, aber subjektiv auch von mir", sagt Jendrik. Mit so viel Optimismus hat er wohl auch die beiden ESC-Jurys überzeugt, die ihn zum Kandidaten für Deutschland gekürt haben. Die eine besteht aus 20 Musikexperten, die andere aus 100 eingefleischten ESC-Fans. 

Die Ukulele ist Jendriks ständige Begleiterin Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Seit Jahren schreibt Jendrik eigene Songs, neben der Ukulele beherrscht er auch Klavier und Geige. In Osnabrück hat er ein Musical-Studium absolviert und seitdem regelmäßig auf der Bühne gestanden, unter anderem spielte er Hauptrollen in "My Fair Lady", "Hairspray" und in "Peter Pan".

Mit Video-Clip zum ESC

Bühnenerfahrung hat er also, da kann ihn ein Auftritt vor großem Publikum nicht schrecken. Diesmal werden die Zuschauer allerdings wohl hauptsächlich an den heimischen Bildschirmen sitzen, denn Corona-bedingt wird die ganz große Live-Show mit feiernden Fans vor Ort in Rotterdam nicht stattfinden können. Letztes Jahr musste sie zum Bedauern von Millionen Fans wegen der Pandemie sogar ganz ausfallen.  

Jendrik Sigwart freut sich so oder so, seinen langgehegten Traum vom ESC-Auftritt erfüllen zu können. Seinen Song hat er komponiert, als wegen der Pandemie alle Musical-Auftritte flach fielen. Er hatte also viel Freizeit und produzierte für die Social-Media-Plattformen TikTok und Instagram Film-Clips mit dem Titel "How to make a Musikvideo". Gleich am Anfang stellt er die entscheidende Frage: Wie macht man das ohne Geld? Mit vielen ausrangierten Waschmaschinen kreierte er als Kulisse für seinen Song einen Waschsalon, wo auch ein Stinkefinger und Tortenschlachten eine wesentliche Rolle spielen - die es in Rotterdam zu seinem Leidwesen nicht geben darf: "Wir dürfen die Bühne ja nicht verdrecken", lacht er.  

Geholfen haben ihm beim Dreh Freunde und Familie. Der Presse verrät Jendrik Sigwart augenzwinkernd, dass er keine Mail-Adresse gefunden habe, wo er sich bei den deutschen ESC-Ausrichtern bewerben konnte. Deshalb hoffte er, dass ein Verantwortlicher seinen Song-Beitrag in den Sozialen Medien entdecken und ihn dann einladen würde. Genauso so passierte es dann auch - und der Hamburger holte sich unter 153 Bewerbern das ESC-Ticket.

Konzentriert bei der Arbeit: Deutschlands ESC-Hoffnung Jendrik Sigwart Bild: NDR/dpa/picture alliance

"Hunger, auf der Bühne zu stehen"

"Wir freuen uns über einen unglaublich kreativen Künstler, der vor Ideen nur so sprüht", verkündete Deutschlands ESC-Delegationsleiterin Alexandra Wolfslast. Und Unterhaltungsexperte Thomas Schreiber vom federführenden Norddeutschen Rundfunk bescheinigt Sigwart eine "unglaubliche handwerkliche Sicherheit. Er kann singen, steppen, sich sensationell bewegen und hat den Hunger, auf der Bühne zu stehen."

Ob Jendrik die ausländischen Jurys ebenso überzeugen kann, wenn am 22. Mai unter dem Motto "Open Up" Künstler aus 41 Ländern gegeneinander antreten? In den letzten Jahren landeten die deutschen Beiträge in der Publikumsgunst weit hinten; zum letzten Mal gewann die Sängerin Lena 2010 den Eurovision Song Contest für Deutschland. Ob Jendrik es ihr nachmachen wird, bleibt abzuwarten. Aber das ist ihm auch gar nicht so wichtig, sagt er: "Ich guck jetzt nicht auf die Konkurrenz: 'Oh, mein Gott, wie gut ist der denn'; nein, ich freu mich darauf, mit all diesen tollen Künstlern auf der Bühne zu stehen."

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