Eskalation der Gewalt in Somalia
25. Mai 2009Die meisten Opfer seien Zivilisten, teilte eine Menschenrechtsorganisation mit. Allein am Freitag (22.5.2009) kamen bei den blutigen Unruhen in Mogadischu 45 Menschen ums Leben. Außerdem wurden mehr als 180 Menschen verletzt. Augenzeugenberichten zufolge versuchten die Regierungskräfte, strategisch wichtige Punkte der Stadt von den Extremisten zurückzuerobern. Vor der Gewaltwelle sind am Freitag 8000 Bewohner aus der Hauptstadt geflohen.
Auch Journalist unter den Opfern
Verwundete Flüchtlinge strömten in die Krankenhäuser. Opfer der Kämpfe wurde auch der somalische Journalist Abdirisak Warsameh Mohamed. Der Reporter des unabhängigen Hörfunksenders Shabelle sei während der Berichterstattung über die Kämpfe von Schüssen in die Brust tödlich getroffen worden, teilte ein Sprecher des Senders mit. In den vergangenen Wochen starben in Mogadischu rund 200 Menschen bei den Kämpfen, viele davon Zivilisten. Mehr als 500 wurden seit Beginn der Kämpfe verwundet. Bis zu 57.000 Zivilisten sollen bereits aus Mogadischu geflohen sein..
Beobachter sprachen von einer groß angelegten Gegenoffensive der regierungsnahen Kämpfer, nachdem die islamistischen Aufständischen-Milizen Al Schabab und Hizbul-Islam in den vergangenen Wochen große Teile der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Als Reaktion habe die Regierung von Präsident Sheik Sharif Ahmed die Unterstützung ehemaliger Warlords gesucht, berichteten Medienvertreter vor Ort. Es sei ein gemeinsames Vorgehen gegen die Milizen vereinbart worden. "Die oppositionellen Gruppen provozieren uns seit drei Wochen", sagte der somalische Verteidigungsminister Abdi Gandi. Nach US-Angaben haben die Islamisten enge Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida.
Sie wollen die Übergangsregierung stürzen, die sich aus ihrer Sicht zu sehr an westlichen Werten orientiert. Den Präsidenten Sheik Sharif Ahmed, der früher an der Seite der Aufständischen stand, sehen sie als Verräter an, obwohl er als Konzession an die Islamisten unter anderem die Scharia, das fundamental-islamische Rechtssystem, eingeführt hat.
Nachbarstaaten sind besorgt
Die Zuspitzung der Lage in Somalia löst bei den Nachbarstaaten zunehmend Besorgnis aus. Auf einem Treffen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba riefen die Länder der IGAD-Gruppe, einer regionalen Organisation von Staaten in der Region, am Mittwoch die Vereinten Nationen zu einer Blockade der Häfen, Flughäfen und Zugangsstraßen in Somalia auf. Nach ihrem Willen soll das Eindringen ausländischer Kämpfer sowie Waffenlieferungen verhindert werden. Daran sollen sich auch die internationalen Kriegsschiffe, die vor der somalischen Küste Piraten abwehren, an einer Seeblockade beteiligen.
Lebensbedrohliche Zustände
Als Reaktion auf die Kämpfe in Somalia wollen kirchliche Hilfsorganisationen ihre finanzielle Unterstützung für Flüchtlinge ausweiten. Insgesamt stellen Caritas international und die Diakonie 100.000 Euro zur Verfügung, wie die beiden Hilfswerke am Freitag in Freiburg und Stuttgart mitteilten. Beobachtern zufolge haben in den vergangenen Wochen 40.000 Menschen nach neuen Kämpfen die Hauptstadt Mogadischu verlassen. Mitarbeiter berichteten von lebensbedrohlichen hygienischen Zuständen in den Flüchtlingslagern. So breiten sich laut Caritas und Diakonie Tuberkulose, Durchfallerkrankungen, Masern und Malaria aus. Dies führte besonders bei Kindern zu Todesfällen. Außerdem sei das Land von der schlimmsten Dürre seit einem Jahrzehnt betroffen.
Seit dem Sturz des Diktators Siad Barre in den 90er Jahren kommt es in Somalia immer wieder zu bürgerkriegsähnlichen Kämpfen. Die Übergangsregierung hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle. Nach Einschätzung des auswärtigen Amtes in Berlin zählt Somalia zu den größten humanitären Krisenregionen der Welt. (mbö/HF/wl/fw/og/reuters/dpa)