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ESM-Urteil: Merkel atmet auf

Marcel Fürstenau / Nina Werkhäuser (mit dpa)12. September 2012

Das Parlament debattiert über den Bundeshaushalt 2013. Da kommt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Kanzlerin gerade zum richtigen Zeitpunkt. Auch sonst überwiegt die Erleichterung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel steht mit gefalteten Händen am Rednerpult des Deutschen Bundestages. (Foto: REUTERS / Fabrizio Bensch)
Bild: Reuters

"Deutschland sendet ein starkes Signal nach Europa und darüber hinaus." Mit diesen Worten kommentierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch (12.09.2012) im Deutschen Bundestag das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Die Richter in Karlsruhe hatten am Vormittag die zahlreichen Klagen gegen den ESM weitestgehend zurückgewiesen. Kanzlerin Merkel fühlt sich durch Entscheidung des höchsten Gerichtes in ihrem Europa-Kurs bestätigt.

"Deutschland nimmt seine Verantwortung als größte Volkswirtschaft und verlässlicher Partner in Europa entschlossen wahr", sagte die Christdemokratin zum Beginn ihrer Rede im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes. Der Bundestag hatte den Zeitplan für die Aussprache über den Bundeshaushalt 2013 so gestaltet, dass die Regierungschefin Gelegenheit hatte, auf das ESM-Urteil zu reagieren.

ESM-Urteil – Europa reagiert erleichtert

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Erleichterung auch bei Merkels freidemokratischem Koalitionspartner. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) wertete die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum ESM als "guten Tag für Europa." Das aus seiner Sicht klare und eindeutige Urteil sei ein wichtiger Schritt, um den Euro stabil zu halten. Auch Außenminister Guido Westerwelle (ebenfalls FDP) ist zufrieden. "Das ist eine kluge Entscheidung im pro-europäischen Geist unserer Verfassung." Ausdrücklich begrüßte Westerwelle die Vorbehalte des Gerichts. Die vorgegebene Begrenzung der Haftungspflicht sei richtig und notwendig. "Die deutsche Leistungskraft darf nicht überfordert werden", sagte Westerwelle.

Parlamentspräsident sieht "doppelte Klarstellung"

Der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert (CDU), sprach von einer "doppelten Klarstellung" des Gerichts. Es sei zu begrüßen, dass die vom Parlament beschlossenen Verträge zum ESM verfassungskonform seien und dass der Bundestag "weder seine verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten im Allgemeinen noch seine haushaltsrechtlichen Kompetenzen und seine Budgetverantwortung im Besonderen" an europäische Institutionen oder Organe abgetreten habe, heißt es in einer Lammerts Erklärung.

Weitgehend zufriedene Opposition

Überwiegend zufrieden ist auch die Opposition. Frank-Walter Steinmeier, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten (SPD), hatte sich schon vor seinem Debattenbeitrag im Bundestag gegenüber mehreren TV-Sendern zu der ESM-Entscheidung geäußert. Er sei froh, "dass die Spekulationen über den Ausgang des Urteils aufhören". Vor allem begrüßte Steinmeier die Stärkung der Rechte des Bundestags. Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor klagestellt, dass die Haftung Deutschlands auf 190 Milliarden Euro begrenzt und darüber hinausgehende Zahlungen nur mit Zustimmung des Bundestags möglich sind.

Es ist nun an der Bundesregierung, die Umsetzung des Richterspruchs völkerrechtlich sicherzustellen. Eine Möglichkeit wäre, dass die Bundesregierung ihren Vorbehalt zur Haftungsobergrenze zusammen mit der Ratifierungsurkunde hinterlegt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechnet damit, dass der Rettungsschirm in wenigen Wochen einsatzbereit ist. Bundespräsident Joachim Gauck, der die Gesetze zum ESM und Fiskalvertrag auf Bitten der Karlsruher Richter bisher nicht unterzeichnet hat, will nun zügig über deren Ausfertigung entscheiden. Deutschland ist das einzige Land, das den ESM-Vertrag noch nicht ratifiziert hat.

Gysi: "Haben was für die Demokratie getan"

Rückenwind aus Karlsruhe verspüren die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion, Renate Künast und Jürgen Trittin. In einer gemeinsamen Erklärung bezeichnen sie das Urteil als eine "gute Nachricht für Europa und eine herbe Niederlage für die Anti-Europäer der CSU und der Linken". Eine Anspielung darauf, dass der CSU-Politiker Peter Gauweiler und die Bundestagsfraktion der Linken neben vielen anderen gegen den ESM geklagt haben.

Gänzlich unzufrieden war der Chef der Links-Fraktion, Gregor Gysi, dennoch nicht. Die Richter hätten völkerrechtliche Vorbehalte erklärt, betonte Gysi, der selbst Jurist ist. "Da haben wir doch was geleistet für die Demokratie." Harsche Kritik äußerte hingegen der Linken-Parteivorsitzende Bernd Riexinger. Zwar handele es sich um einen Teilerfolg der Kläger, enttäuscht ist er aber dennoch. Das sei die Geburtsstunde der Vereinigten Schulden von Europa. "Erstmals in der Geschichte sollen die Armen für die Schulden der Reichen blechen", kommentierte Riexinger den Richterspruch zum ESM.

Nicht nur die Politik, auch die vielbeschworenen Märkte zeigten sich zufrieden mit Karlsruhe. An der Aktienbörse in Frankfurt am Main setzte der Leitindex Dax seinen Höhenflug fort. Er erreichte mit 7410 Punkten den höchsten Stand seit Juli 2011 und ging schließlich 0,46 Prozent höher mit 7343,53 Punkten aus dem Handel. Kursgewinnen verzeichnete auch die Börsen in Paris. Mailand und Madrid. Auch am Devisenmarkt war das Aufatmen nach dem Karlsruher Entscheid deutlich zu spüren: Der Euro stieg in der Spitze bis auf 1,2936 Dollar - so hoch wie seit Mitte Mai nicht mehr. Die Renditen für Staatsanleihen Spaniens und Italiens gaben leicht nach.

Erleichterung an den Börsen nach ESM-Urteil

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