Streit um "Social Bots" im Wahlkampf
22. Oktober 2016Die politischen Akteure stünden hier in der Verantwortung, sagte der für den Bundestagswahlkampf zuständige Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Einfluss von Social Media auf soziale Bewegungen birgt enorme Chancen, aber auch unkalkulierbare Gefahren." "Social Bots" könnten eine Gefahr für die Demokratie sein. "Sie konstruieren ein falsches Meinungsbild und manipulieren, wenn auch nur indirekt, die Sicht auf die Welt und wirken auf unsere Wahrnehmung ein", so der Linkenpolitiker.
"Social Bots" werden von Computern generiert, um in sozialen Netzwerken etwa für bestimmte Positionen Stimmung zu machen. Sie vermitteln den Eindruck, als ob Menschen hinter Kommentaren etwa bei Twitter oder Facebook stehen. In Wahrheit aber fluten Computer mit künstlich erzeugten Identitäten bestimmte Seiten mit zustimmenden oder ablehnenden Kommentaren.
Instrument der AfD
In einem Interview erklärte die AfD, dieses Mittel im Bundestagswahlkampf einsetzen zu wollen. Allerdings scheint die Partei noch keine klare Linie hinsichtlich des Umgangs mit den Bots entwickelt zu haben. So sagte Alice Weidel vom Bundesvorstand der Partei gegenüber dem "Spiegel": "Selbstverständlich werden wir "Social Bots" in unsere Strategie im Bundestagswahlkampf einbeziehen. Gerade für junge Parteien wie unsere sind Social-Media-Tools wichtige Instrumente, um unsere Positionen unter den Wählern zu verbreiten. Wenig später relativierte Weidel jedoch ihre Aussage. "Wir überlegen selbstverständlich, welche Tools im Social-Media-Bereich für unsere Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll sind", sagte sie gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Dazu gehörten Analyse- oder Hilfsprogramme, die die tägliche Arbeit erleichtern könnten. "Jedoch werden wir natürlich keine "Social Bots" einsetzen, die auf Seiten Dritter im Namen der AfD automatisiert posten oder ähnliches", so die 37-Jährige weiter.
Im US-Wahlkampf werden die technischen Meinungs- und Stimmungsmacher derzeit zur Unterstützung der Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton eingesetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich besorgt gezeigt, dass dieser Trend auch nach Deutschland schwappen könnte. Bei einer Veranstaltung der Jungen Union hatte Merkel einen Schulterschluss der Parteien angeregt, um gemeinsam gegen den Einsatz von "Social Bots" zu kämpfen. Derlei Absprachen über eine gemeinsame Linie gebe es allerdings bislang nicht, erklärte CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der den Einsatz der Roboter für die eigene Partei ausschließt.
Breite Koalition
Beim Koalitionspartner SPD stößt man damit auf offene Ohren: "Die sozialen Medien werden in unserem Wahlkampf eine wesentliche Rolle spielen. Aber den Einsatz von Bots lehnen wir ab", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und kritisierte dabei die AfD. "Mit der Ankündigung entlarvt sich die AfD mal wieder selbst. Die AfD hat offenbar kein Vertrauen in die eigenen Inhalte - sonst müsste sie nicht auf die Manipulation der öffentlichen Meinung zurückgreifen." Wahrscheinlich setze die rechtspopulistische Partei diese von Computern erzeugten Nachrichten oder Kommentare längst ein, etwa um Hasskommentare zu versenden, so Barley. Auch Linke, FDP und Grüne sagten dem "Spiegel", sie würden auf "Social Bots" im Wahlkampf verzichten.
Untersuchungen belegen Einfluss der Roboter
Nach einer Studie der Oxford University wurde nach der ersten TV-Debatte in den USA mehr als jeder dritte Tweet (37,2 Prozent) in Unterstützung von Trump von einem Meinungs-Roboter abgesetzt. Auch seine Widersacherin Hillary Clinton profitierte von Bots. Bei ihr lag der Bot-Anteil allerdings nur bei 22,3 Prozent.
cgn/uh (dpa, rtr)