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Politik

EU-Afrika-Gipfel: "Es geht um Jobs, Jobs, Jobs"

Barbara Wesel
29. November 2017

"Investitionen in die Jugend" stehen im Mittelpunkt beim Gipfel in Abdijan. 55 afrikanische Staats- und Regierungschefs sprechen mit ihren Kollegen aus 28 EU-Ländern auch über Migration und Fälle von Sklaverei.

EU-Afrika-Gipfel in Abidjan
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Am Stadtrand von Abidjan betreibt Jean Guedé eine kleine Hühnerfarm. Er gehört zu den Migranten, die auf dem Weg nach Europa gescheitert und in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Jeans Reise endete in Tunesien, wo er nicht Fuß fassen konnte. Mit einem Kleinkredit begann er nach seiner Rückkehr, sich eine Zukunft aufzubauen. So stellen sich die europäischen Regierungschefs das Modell für alle Migranten aus Afrika vor: die Rückkehr in die Herkunftsländer mit erfolgreicher wirtschaftlicher Integration. 

Jean Guedés Botschaft an die Regierenden ist: "Es muss viel mehr solcher  Initiativen geben, dann werden nicht mehr so viele junge Leute den Weg nach Europa nehmen."

Der Sklavenhandel sorgt für Aufregung

Schon vor dem Gipfeltreffen schlugen Berichte aus Libyen hohe Wellen, wo afrikanische Migranten wie Sklaven gehandelt und verkauft werden. Diese unwürdigen Szenen, schwerste Menschenrechtsverletzungen, sorgen für großen Zorn unter den afrikanischen Regierungschefs. "Es ist das emotionale Thema hier", bestätigt die Bundeskanzlerin, deswegen gebe es ein gemeinsames Interesse daran, die illegale Migration zu beenden und "legale Wege dafür zu schaffen, junge Afrikaner bei uns auszubilden". Merkel wählt ihre Worte mit Bedacht: Es geht nicht um eine Blanko-Einladung nach Europa, sondern vor allem um Austausch für Studenten und Auszubildende, von denen man erwartet, dass sie nach einigen Jahren in ihre Heimatländer zurückkehren.

Hühnerfarmer Jean Guedé: "Es muss viel mehr Initiativen geben"Bild: DW/J.-P. Scholz

Den Schwerpunkt aber legen Deutsche und Europäer auf die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort. Angela Merkel beschreibt die Situation in der Elfenbeinküste nach ihrem Treffen mit dem Gastgeber relativ optimistisch. Nach Jahren der Krise ist es Präsident Alassane Ouattara gelungen, die Wirtschaft zu stabilisieren. Aber wie in allen afrikanischen Ländern wächst die Bevölkerung schneller als die ökonomische Entwicklung Schritt halten kann. Aber Ouattara hat Ideen: Er will beispielsweise die Weiterverarbeitung von Kakao im Land voran bringen. Die Elfenbeinküste ist größter Produzent weltweit, leidet aber unter den niedrigen Rohstoffpreisen für Kakaobohnen und sieht bessere Chancen als künftiger Exporteur von Schokoladenprodukten. Dafür will er europäische Hilfe.

Nach dem G20-Gipfel hatte Deutschland im Sommer den "Compact with Africa" zur Förderung von Direktinvestitionen gestartet. Die Elfenbeinküste ist einer der ersten Partner. Es soll eine Investitionspartnerschaft auf Augenhöhe werden - das stellen allem die afrikanischen Regierungschefs in den Vordergrund. Eine der Ideen ist, künftige Arbeitskräfte für moderne Fabriken etwa in Deutschland auszubilden, um sie dann in ihrer Heimat einzusetzen.

Ist Europa schnell genug?

Der Afrika-Beauftragte der Bundesregierung Günter Nooke hofft, dass Europa endlich zu einer gemeinsamen Afrikapolitik findet. "Es wäre gut, wenn nicht jeder seine eigenen Reden hält", sondern die Mittel, auch aus der Entwicklungspolitik, gebündelt eingesetzt werden - ein kleiner Seitenhieb gegen den französischen Präsidenten, der gerade parallel eine eigene Afrikareise absolviert.

"Emotionales Thema": Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Präsidenten der Elfenbeinküste Alassane OuattaraBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

"Es geht um Jobs, Jobs, Jobs, das heißt Perspektiven für die jungen Leute schaffen", sagt Nooke. Skeptisch ist er, dass sich in der EU viel Interesse an Programmen für legale Migration auf Zeit wecken lasse. Das Problem sei einfach, dass viele der in Europa ausgebildeten Afrikaner nicht zurück in ihre Heimat wollten. Dennoch sieht er hohen Handlungsdruck angesichts der Bevölkerungsentwicklung: "Die Frage ist nur, ist Europa schnell genug?"

Der Chef der Europäischen Investitionsbank meint, die EU-Länder hätten jetzt etwas verstanden. Entwicklung sei dringend nötig, und dafür seien ökonomische Strategien nötig. "Wir haben leider die Migrationskrise gebraucht, um zu begreifen, warum Entwicklung für Afrika so wichtig ist. Wir gehen jetzt wesentlicher konkreter an die Frage heran, welche Investitionen Afrika braucht", sagt Werner Hoyer.

Was kann der EU-AU-Gipfel erreichen? Barbara Wesel aus Abidjan

03:29

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NGO's ausgesperrt

Aber bringen diese Projekte, von mehr oder minder demokratischen Regierungschefs aus Afrika gemeinsam mit ihren europäischen Kollegen beschlossen, konkreten Nutzen für die Bevölkerung?  Kadidia Koné, örtliche Vertreterin der Hilfsorganisation "Brot für die Welt" ist gleichermaßen wütend und verängstigt. Schon am Montag hatte die Polizei kurzerhand das alternative Treffen der NGO's in der Innenstadt von Abidjan geschlossen, ohne das zu begründen. Beim Gipfeltreffen selbst sind,  entgegen normaler Praxis, auch keine Vertreter der Zivilgesellschaft zugelassen. Sogar ein Treffen mit Jugendlichen wäre am Morgen fast noch verhindert worden, obwohl der Gipfel sich doch um sie drehen soll. 

Das Verbot sei "ein Schlag gegen die Demokratie", sagt Koné, "solche Gipfel seien völlig nutzlos, wenn die Stimme der Menschen vor Ort nicht gehört werde.  "Das ist nur für die Regierenden, ich glaube nicht dass sie die Sorgen der Leute hier ernst nehmen".

Kadidia Koné, Brot für die Welt: "Ein Schlag gegen die Demokratie"Bild: DW/J.-P. Scholz

Die NGO-Vertreterin fordert vor allem kleinteilige Förderung ländlicher Kommunen, wo die meisten Menschen in Afrika leben. Sie brauchten Landgeräte, man müsse die Infrastruktur verbessern, dabei helfen ihre Produkte abzusetzen. Den Regierenden aber  gehe es vor allem um Prestigeprojekte in den Hauptstädten.

Auch Jean-Baptiste Djeka steht draußen vor der Tür des Gipfeltreffens. Mit einer Gruppe von Künstlern und Studenten  bemalt er an der nächsten Straßenkreuzung ein altes Boot mit den Bildern verzweifelter Migranten, die sich in Libyen hinter Gittern wieder finden. "Hier stirbt die Hoffnung" haben sie geschrieben, und dass sie gegen die Sklaverei protestieren. Jean-Baptiste sieht aber auch die Verantwortung der jungen Afrikaner selbst, und ihrer Regierungen. Man könne nicht immer nur nach Geld aus Europa rufen, "Wir zeigen, dass wir uns alle engagieren müssen und für unsere Anliegen kämpfen".

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