EU-Außenminister beraten zu Lage in Russland
26. Juni 2023In einem scheinen sich die Außenminister und Außenministerinnen der EU-Staaten einig: Bei dem abgebrochenen Aufstand der Wagner-Gruppe in Russland an diesem Wochenende handelt es sich um eine innerrussische Angelegenheit. Eine deren Tragweite sich unter anderem für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock noch nicht fassen lässt: "Es ist nach wie vor unklar was dort geschieht, ich sage ganz klar, was dort geschieht und nicht was dort geschah. Denn es ist offensichtlich nur ein Akt in diesem russischen Schauspiel", sagte die Grünen-Politikerin bei ihrer Ankunft in Luxemburg. Sie hatte eine Reise nach Südafrika verschoben, um sich bei dem Treffen mit ihren europäischen Amtskollegen abzustimmen.
Zurückhaltung und systemische Risse
Grundsätzlich zeigten sich die europäischen Außenminister eher zurückhaltend in der Analyse der Ereignisse und einige - wie der schwedische Außenminister Tobias Billström - warnten, dass es noch zu früh sei, um eindeutige Schlüsse zu ziehen: "Auch wenn nun allen klar ist, dass die laufenden Entwicklungen Konsequenzen für die Sicherheitslage haben, ist es etwas zu früh, das in der Tiefe zu analysieren", führte er vor dem Treffen aus.
Bei aller Zurückhaltung bei der Interpretation der Ereignisse, zu der auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mahnte, sagte dieser: Zumindest könne man feststellen, dass der russische Staat und die persönliche Glaubwürdigkeit von Präsident Wladimir Putins geschwächt seien und dass das politische Systeme Risse zeige.
Mehrere Außenminister teilten vor dem Treffen ähnliche Ansichten mit. Darunter die französische Außenministerin Catherine Colonna und ihr österreichischer Amtskollege Alexander Schallenberg, der bereits am Wochenende "Risse im russischen Gebälk" verortete.
Sorge vor politischer Instabilität
Die Atommacht Russland sei nun auch deshalb eine Bedrohung, da es interne politische Instabilitäten und Verwundbarkeiten aufweise und in eine Zeit politischer Unbeständigkeit eintreten könne, führte Borrell aus. Eine Sorge, die auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn teilt: "Man muss ja wissen, dass wir von einem Land reden, dass 6000 Atomsprengköpfe hat." Deshalb sei eine politische Destabilisierung sehr gefährlich, so Asselborn.
Eine Strategie der Europäischen Union, wie man mit einer solchen möglichen Instabilität in Russland umgehen könnte, gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht, erklärte Borrell einem Journalisten nach dem Treffen. Derzeit würden mögliche Szenarien entwickelt, doch die Abstimmung brauche Zeit. Gleichzeitig betonte er, dass die Situation eine interne Angelegenheit sei, in welche die EU in keinster Weise involviert sei und welche sie überrascht habe.
Weitere Unterstützung für die Ukraine
Das Ergebnis der Debatte sei klar, sagte Borrell nach dem Treffen. Die EU werde die Ukraine mehr unterstützen als je zuvor. Erwartungsgemäß hatte diese am Montag beschlossen, die sogenannte Europäische Friedensfazilität mit weiteren 3,5 Milliarden Euro aufzustocken. Dieses Instrument wird unter anderem zur finanziellen Unterstützung der ukrainischen Armee verwendet. Mit der jüngsten Erhöhung hat das Instrument laut Angaben des EU-Rates ein Gesamtbudget von derzeit zwölf Milliarden Euro.
Momentan blockiert Ungarn die Auszahlung einer Tranche von 500 Millionen Euro für Kiew. Damit möchte die ungarische Regierung erreichen, dass die Ukraine die ungarische OTP Bank von einer Liste sogenannter Kriegssponsoren nimmt. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba war per Videolink zugeschaltet. Nach eigenen Angaben auf Twitter, forderte er die EU dazu auf, "Russlands Niederlage zu beschleunigen, indem die Unterstützung für die Ukraine hochgefahren wird."