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PolitikEuropa

EU-Außenminister warnen Russlands Unterstützer

18. November 2024

Bei einem Treffen in Brüssel beschäftigten sich die Außenminister mit Chinas Rolle im Ukraine-Krieg. Und sie bezogen Stellung zur mutmaßlichen US-Erlaubnis, Raketen auch gegen Ziele in Russland einzusetzen.

Josep Borrell vor der EU-Fahne
Bei seinem voraussichtlich letzten EU-Außenministertreffen zog der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Bilanz und mahnte noch einmal Einigkeit unter den Mitgliedstaaten anBild: Alexandros Michailidis/European Union

In seiner wahrscheinlich letzten Pressekonferenz nach einem Außenministertreffen zeigte sich der scheidende Außenbeauftragte Josep Borrell besorgt über die wachsende Rolle Chinas im Ukraine-Krieg. Diese habe insbesondere im Hinblick auf die Lieferung sogenannter Dual-Use-Güter - also solcher, die sowohl für Friedens- als auch für Kriegszwecke einsetzbar sind - zugenommen.

"Ohne Nordkorea, ohne Iran, ohne China könnte Russland seine militärischen Anstrengungen nicht aufrechterhalten," führte Borrell aus. Außerdem sei er beunruhigt über Berichte, denen zufolge diese drei Länder komplette Waffensysteme nach Russland lieferten. 

Außenminister drohen China Konsequenzen an

Bereits im Vorfeld des Treffens wurde bekannt, dass der EU Geheimdienstberichte über eine entsprechende Rüstungsfabrik in China vorliegen. Diese solle Russland mit Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine versorgen, sagte ein hochrangiger EU-Beamter. Allerdings gebe es dazu bislang keine eindeutigen Beweise, betonte der Beamte. In Brüssel gilt es als unwahrscheinlich, dass eine derartige Firma ohne Wissen der chinesischen Führung handeln könnte. 

Die chinesische Regierung weist jegliche Vorwürfe zurück. In seiner Pressekonferenz wollte sich Josep Borrell nicht konkreter zum Inhalt der Berichte äußern. Dennoch denken die EU-Außenminister nun darüber nach, schärfere Schritte gegenüber China einzuleiten. Die "chinesische Drohnenhilfe" müsse und werde Konsequenzen haben, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock am Morgen. Ihre finnische Amtskollegin Elina Valtonen stellte klar, dass es kein "Business as usual" beim Handel mit China mehr geben könne, wenn sich herausstellen sollte, dass das Land die Sicherheit Europas beeinträchtige.

Beim Thema Iran sind die Außenminister schon einen Schritt weiter: Gegen Teheran weiteten sie die bereits wegen der militärischen Unterstützung Russlands bestehenden EU-Sanktionen aus. Diese sehen unter anderem ein Ausfuhrverbot jeglicher Produkte vor, die zur Herstellung von Drohnen und Raketen genutzt werden könnten. Außerdem zielen die neuen Sanktionen vermehrt auf die Transportwege: Betroffen sind unter anderem zwei Häfen im Kaspischen Meer sowie russische und iranische Schifffahrtgesellschaften, welche für den Transport genutzt werden.

Deutschlands Außenministerin Baerbock unterstützt die mutmaßliche US-Erlaubnis für die Ukraine, Raketen auch gegen militärische Ziele in Russland einzusetzenBild: Omar Havana/AP Photo/picture alliance

Außenminister begrüßen US-Raketen-Entscheidung

Bereits am Morgen vor dem Außenminister-Treffen rief Josep Borrell die EU-Staaten zur Einigkeit und zu einer schnelleren Entscheidungsfindung auf. Eine Entscheidung, auf die die Ukraine lange warten musste, fiel offenbar an diesem Wochenende in Washington: US-Medienberichten zufolge haben die USA der Ukraine erlaubt, Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern auf russischem Gebiet, vor allen in der westrussischen Region Kursk, zu verwenden. Ein US-Regierungssprecher habe dies weder bestätigt noch dementiert, berichtet die dpa.

Von den meisten EU-Außenministerinnen und Außenministern wurde dieser Schritt begrüßt. Auch Annalena Baerbock hält die Entscheidung für "wichtig", sieht darin jedoch "kein Umdenken, sondern eine Intensivierung" bereits bestehender Bemühungen, der Ukraine militärisch zu helfen. Das ukrainische "Selbstverteidigungsrecht bedeutet eben, dass man nicht abwarten muss, bis eine Rakete in ein Kinderkrankenhaus oder in eine Schule oder auch in einen ganz normalen Wohnblock einschlägt", betonte die Außenministerin. 

Unterstützung erhielt Baerbock unter anderem von ihrem niederländischen Amtskollegen Caspar Veldkamp - während der scheidende litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis die Entscheidung zwar im Prinzip für gut befindet, gleichzeitig aber die Frage aufwirft, ob die Ukraine dafür überhaupt genug Raketen besitze und wie weitreichend die Aufhebung der Beschränkungen seien.

Wie wirkt sich die US-Entscheidung auf die EU aus?

Neben den USA haben auch das Vereinigte Königreich und Frankreich Langstreckenraketen an die Ukraine geliefert. Bislang hat keines der beiden Länder der Ukraine offiziell erlaubt, damit auch militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet anzugreifen. Dies könnte sich durch die US-amerikanische Entscheidung ändern. Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot bekräftigte erneut, dass auch sein Land eine solche Erlaubnis in Erwägung ziehe. Dies habe Präsident Emmanuel Macron bereits im Mai deutlich gemacht, betonte Barrot am Montagmorgen.

Kritik kam von ungarischer Seite. Außenminister Peter Szijjarto nannte die Entscheidung "extrem gefährlich". Ungarn gilt als engster Verbündeter Russlands innerhalb der EU und blockiert regelmäßig Ukraine-Hilfen. Vom italienischen Außenminister Antonio Tajani hieß es, dass von Italien gelieferte Waffen weiterhin nur auf ukrainischem Boden genutzt werden dürften, berichtet die AFP.

Litauens Außenminister Landsbergis kritisierte das Telefonat zwischen Bundeskanzler Scholz und Russlands Präsident PutinBild: Alexandros Michailidis/European Union

Kritik an Bundeskanzler Scholz 

Thema bei dem Treffen war auch das Telefonat von Bundeskanzler Scholz mit Russlands Präsident Wladimir Putin vor einigen Tagen. Mit Blick auf die massiven russischen Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur an diesem Wochenende kritisierte Estlands Außenminister Margus Tsahkna, dass die Position der EU nicht durch Telefonanrufe gestärkt werde. Auch Litauens Außenminister Landsbergis kritisierte, dass der Anruf von Olaf Scholz aus einer "Position der Schwäche" stattfand, welche Russland ausnutze. Er kritisierte auch die weiter bestehende Weigerung des Bundeskanzlers, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Dieser bleibt trotz der jüngsten Entwicklungen bei seinem kategorischen Nein. 

Keine Einigkeit erzielten die EU-Außenminister in Bezug auf Josep Borrells Vorschlag, den politischen Dialog im Rahmen das EU-Israel-Assoziationsabkommen auszusetzen. Mehrere Länder, darunter auch Deutschland, lehnten den​ Vorstoß ab. ​​​​​​Weil er einstimmig beschlossen werden müsste, kann der Vorschlag Borrells deswegen bis auf Weiteres nicht umgesetzt werden.