EU-Beamte im Warnstreik
14. Dezember 2009Ungewöhnliche Szenen im Justus-Lipsius-Gebäude im Brüssler EU-Viertel: Im Ratsgebäude, wo vergangene Woche noch die Staats- und Regierungschefs tagten, protestieren rund 500 EU-Beamte drei Stunden lang mit Spruchbändern. Sie wehren sich dagegen, dass die Mitgliedsstaaten die Erhöhung der Beamtenbezüge um 3,7 Prozent verhindern wollen. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk argumentierte, in der harten Wirtschaftskrise mit sinkenden Löhnen in einigen Mitgliedsstaaten könnten die Beamte nicht mehr Geld bekommen. Das würde zuhause niemand verstehen. "Diesmal werden wir hart bleiben", kündigte Tusk am Rande des EU-Gipfels am vergangenen Freitag (11.12.2009) an. Auch Deutschland ist angeblich gegen die Gehaltserhöhung.
Beamte pochen auf Anpassungsformel
Die Gewerkschaften der rund 40.000 EU-Bediensteten an den Standorten Brüssel, Luxemburg und Straßburg sehen das anders. Die Gehaltserhöhung von 3,7 Prozent wird auf Grundlage einer Formel berechnet, der alle Mitgliedsstaaten zugestimmt haben: Die durchschnittlichen Gehaltssteigerungen in acht Mitgliedsstaaten kombiniert mit der Inflationsrate in Belgien werden den EU-Beamten jährlich auf ihr Gehalt aufgeschlagen. Die Kürzungen bei den Gehältern im Öffentlichen Dienst zum Beispiel in Irland oder im Baltikum werden sich nächstes Jahr bei der Berechnung der EU-Gehälter auswirken, denn es gilt immer das Vorjahr als Bezugsgröße.
Es gehe nicht um übertriebene Forderungen, sondern ihr gutes Recht, schrieben die Beamten in einer Pressemitteilung. Die Spanne der Grundgehälter reicht von 2200 bis 17.000 Euro. Das sind Gehälter, von denen vielen Beamte in den ärmeren Mitgliedsstaaten nur träumen können.
Klage for dem Gerichtshof möglich
Der Rat bemühe sich um eine Lösung, sagte Renzo Carpenito, der für den Ministerrat Verhandlungen mit den Gewerkschaften führt. Das Problem sei von den Medien aufgeblasen worden. Die Zahl der Staaten, die die Regelung ablehnen, sei auf unter 15 gefallen. Trotzdem wird eine Entscheidung auch unter den neuen Abstimmungsregeln des Lissabon-Vertrages noch blockiert.
Die Sprecherin der EU-Kommission, Pia Ahrenskilde, sagte, es handele sich nicht um einen Streik der Beamten, sondern nur um Demonstrationen. Die Woche über soll jetzt verhandelt werden. Am Freitag (18.12.2009) könnten demonstrierende EU-Beamte versuchen, die letzte Ratssitzung des Jahres zu stören.
Sollte bis Ende 2009 keine Lösung gefunden werden, könnten die EU-Beamten beim Europäischen Gerichtshof Klage einreichen. In einem ähnlichen Fall hatten die Arbeitnehmer 1972 gesiegt.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn