EU begrüßt Freilassung des Bürgerrechtlers Hu
26. Juni 2011Entscheidend sei jetzt, wie der 37-Jährige weiter behandelt werde, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Sonntag (26.06.2011) in Brüssel. "Wir hoffen, dass Hu alle seine Rechte zurückbekommt", betonte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur afp. Hu war nach einer gut dreijährigen Haftstrafe am Sonntagmorgen entlassen worden und nach Hause zurückgekehrt. Erst vier Tage zuvor war der Künstler und Regierungskritiker Ai Weiwei freigelassen worden. Hu ist einer der bekanntesten Regierungskritiker Chinas.
Seine Frau Zeng Jinyan schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, sie sei sehr glücklich, und ihr Mann müsse sich nun für einige Zeit ausruhen. Zeng und Hu haben zusammen eine dreijährige Tochter, die ihren Vater erst jetzt wird kennenlernen können. Zeng, die sich ebenfalls für Menschenrechte einsetzt, hatte vergangene Woche geschrieben, ihr Mann werde sich wohl ein Jahr lang nicht öffentlich äußern dürfen.
Die Familie des Bürgerrechtsaktivisten Hu bemühte sich vergeblich um eine vorzeitige Haftentlassung wegen gesundheitlicher Probleme. Hu leidet unter einer Leberzirrhose, die sich während seiner Haft weiter verschlechterte. Zeng hatte wiederholt auf ihrem Blog geklagt, dass er im Gefängnis eine unzulängliche Behandlung erhalte. Sie selbst stand wegen ihres Einsatzes für die Bürgerrechte lange unter Hausarrest. Am Sonntag war Zeng per Telefon nicht erreichbar und der Zugang zu ihrem Wohnhaus in Peking war abgesperrt. Journalisten wurden von der Polizei daran gehindert, sich dem Haus zu nähern.
Dreieinhalb Jahre Haft wegen "Untergrabung der Staatsgewalt"
Hu war im Dezember 2007 festgenommen worden. Der Buddhist hatte sich für Aids-Kranke, verhaftete Anwälte und Beschwerdeführer eingesetzt. Er versuchte, ihren Anliegen über das Internet und die Medien Gehör zu verschaffen, und wurde deshalb wiederholt unter Hausarrest gestellt. Wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Peking wurde er im April 2008 wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Im Dezember 2008 ehrte ihn das Europa-Parlament in Straßburg in Abwesenheit mit dem Sacharow-Preis für die Freiheit des Geistes.
Der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, zeigte sich zuversichtlich, dass Hu nun nach Europa reisen könne, um den Sacharow-Preis persönlich entgegenzunehmen. "Sein Einsatz und der seiner Frau für Demokratie, Umwelt und den Kampf gegen Aids sind lobenswert", erklärte Buzek. "Beide sollten unterstützt und nicht drangsaliert und ins Gefängnis geworfen werden."
Noch zahlreiche Dissidenten hinter Gittern
Buzek erinnerte auch an andere Regimekritiker, die in China zu Unrecht im Gefängnis säßen. Als Beispiel nannte er Liu Xiabao, den Friedensnobelpreisträger des Jahres 2010. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass in China bis zu 5500 Dissidenten hinter Gitter sitzen.
Hus Freilassung erfolgte vier Tage, nachdem der Künstler und Regierungskritiker Ai Weiwei aus der Polizeihaft entlassen worden war. Der 54-Jährige, einer der international bekanntesten Gegenwartskünstler Chinas, war am Mittwoch nach 80 Tagen Haft unter strengen Auflagen freigelassen worden. Er darf Peking nicht verlassen und keine Auskunft über seinen Fall geben. Vier mit ihm im April festgenommene Mitarbeiter kamen ebenfalls frei.
Westerwelle will Achtung der Menschenrechte einfordern
Nach Ansicht von Menschenrechtsgruppen könnte die Freilassung der Regimekritiker mit dem Europabesuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao zusammenhängen. China bestreitet dies aber. Wen, der sich nach einem Besuch in Ungarn derzeit in Großbritannien aufhält, kommt an diesem Montag zu politischen Gesprächen nach Berlin. Dort finden am Montag und Dienstag erstmals deutsch-chinesische Regierungskonsultationen statt.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte an, dabei auch den Fall Ai Weiwei zur Sprache zu bringen. "Trotz der Erleichterung, dass Ai Weiwei wieder bei seiner Familie ist: Tatsache bleibt, dass seine Freiheit weiter beklemmenden Einschränkungen unterliegt", sagte Westerwelle der "Welt am Sonntag". "Die Qualität und Tiefe unserer Beziehungen erlaubt es, auch schwierigere Themen offen anzusprechen", sagte Westerwelle. Deshalb werde man den chinesischen Gästen verdeutlichen, "wie wichtig für uns die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Medien und die Achtung der Menschenrechte sind".
Autorin: Julia Elvers-Guyot/Reinhard Kleber (afp, epd, dpa)
Redaktion: Gerhard M Friese/Walter Lausch