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PolitikEuropa

EU bildet ukrainische Kampfverbände aus

15. November 2022

Polen und Deutschland starten die Ausbildung ukrainischer Großverbände für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer. Die EU erfüllt damit einen dringenden Wunsch der Ukraine. Aus Brüssel Bernd Riegert.

Brüssel Treffen NATO-Verteidungsminister | Christine Lambrecht
Bundesverteidigungsministerin Lambrecht (re.) in Brüssel: Ukraine braucht Training durch die EUBild: Geert V. Wijngaert/AP/picture alliance

Vor einem Monat war die Ausbildungsmission für die ukrainische Armee von der EU beschlossen worden. Heute fiel der Startschuss nach einem Treffen der Verteidigungsministerinnen und -minister der 27 EU-Staaten in Brüssel. "Es kann sofort losgehen", kündigte die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht an und wies daraufhin, dass schon in den nächsten Tagen die ersten Soldaten aus der Ukraine zur Ausbildung an verschiedenen Standorten und Übungsplätzen in Deutschland eintreffen könnten. Wo genau wollte die SPD-Politikerin aus Sicherheitsgründen allerdings nicht sagen.

15.000 ukrainische Militärs sollen in EU-Staaten in Großverbänden ausgebildet werdenBild: OLEG PALCHYK/Territorial Defence Forces of Ukraine

"Wir planen, bis zum Juni 5000 Soldaten auszubilden, in den unterschiedlichsten Fähigkeiten im Brigadeformat." Übersetzt heißt das, große Kampfverbände der ukrainischen Armee mit 1500 bis 5000 Soldaten sollen gemeinsam üben, von Russland besetztes Gebiet zurückzuerobern. Es geht um das Zusammenspiel von Kampfverbänden, Nachschub, Hilfstruppen wie Pionieren, Fernmeldern oder Sanitätern mit der militärischen Führung auf allen Ebenen. In Frage kommt für diese Art der Ausbildung zum Beispiel der moderne Truppenübungsplatz Altmark in Sachsen-Anhalt. Er ist mit einer digitalen Simulationsanlage mit Hochleistungsrechnern ausgerüstet, in der mehrere "Parteien" gegeneinander antreten können. Die Ergebnisse können nach der Übung Angaben der Bundeswehr zufolge "mit großem Lerneffekt" ausgewertet werden.

Bislang größte EU-Mission

Insgesamt sollen in den nächsten zwei Jahren von der Europäischen Union 15.000 Soldaten aus der Ukraine das Training durchlaufen. Der Leiter der neuen EU-Militär-Mission (EUMAM Ukraine), der französische Vizeadmiral Hervé Bléjean, richtet sich auf einen längeren Kriegsverlauf in der Ukraine ein. "Die Ukrainer haben das angefragt, weil es genau das ist, was sie brauchen", erläuterte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. "Kriegführung ist heutzutage sehr komplex. Die Armee der Ukraine braucht spezielle Fähigkeiten, um in der Lage zu sein, moderne Waffen einzusetzen und moderne Taktik anzuwenden. Das ist ein Krieg, der sich stark von allem unterscheidet, was wir bisher kannten."

Gefechtsübungszentrum des Heeres am Truppenübungsplatz Altmark: Moderne Taktik am Rechner schulenBild: DW

Der Großteil der Ausbildung soll an Standorten in Polen stattfinden. Dabei sind nicht nur die militärischen Ausbilder der gastgebenden Nationen, sondern Soldatinnen und Soldaten aus allen EU-Staaten beteiligt. Jede Armee bringe ihre speziellen Kenntnisse an den Übungsplätzen ein, so Borrell. "Das wird eine Riesenanstrengung, um die ukrainische Armee zu erneuern und zu ertüchtigen." Von den Zahlen her ist dies mit Abstand die größte Militärmission, die die EU jemals eingerichtet hat. Die Kosten für die Ausbildung liegen jährlich bei 50 bis 60 Millionen Euro, die vom EU-Haushalt übernommen werden. 16 Millionen Euro sind für die Reisekosten und Ausrüstung der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten vorgesehen. Je nach Verlauf des Krieges Russlands gegen die Ukraine ist eine Ausweitung der Mission möglich, meinten EU-Diplomaten.

EU-Außenbeauftragter Borrell: Die Ukraine hat die Ausbildung angefragtBild: Virginia Mayo/AP Photo/picture alliance

Instandsetzung und Munition

Parallel zur Ausbildung von Menschen soll die Bereitstellung von Waffen verbessert werden. Die Bundesverteidigungsministerin Lambrecht kündigte an, dass die Slowakei und Deutschland zusammen ein Zentrum zur Instandsetzung von schweren Waffen einrichten. Es geht vor allem darum, die an die Ukraine gelieferte westliche Panzerhaubitzen und Mehrfachraketenwerfer zu warten und zu reparieren. "Das kann sofort losgehen", sagte Lambrecht. "Es ist wichtig, dass all das, was geliefert wird, nach dem Kampf wieder instandgesetzt werden kann."

Wichtig ist es auch, den Nachschub an Munition für diese Waffen zu organisieren. Die EU-Staaten vereinbarten, gemeinsam Munition und Ausrüstung zu kaufen, um die Lücken zu füllen, die durch die Lieferungen an die Ukraine in den europäischen Armeelagern entstanden sind. "Wir müssen wieder auffüllen. Das müssen wir gemeinsam machen, um eine Konkurrenz auf dem Markt zu vermeiden, anders als das bei den COVID-Impfstoffen gelaufen ist", sagte der EU-Außenbeauftragte Borrell. Es gehe um "bessere Preise und bessere Qualität, und das schnell".

Deutsche Panzerhaubitze 2000: Für den dauerhaften Einsatz in der Ukraine wird eine Reparaturwerkstatt in der Slowakei eröffnetBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Borrell kündigte an, dass nach langem Vorlauf im kommenden Jahr eine schnelle Eingreiftruppe, gebildet aus Teilen der Armeen von EU-Mitgliedsstaaten, einsatzbereit sein soll. Die EU hatte beschlossen, ihre Anstrengungen für gemeinsame Verteidigung angesichts des Krieges im Osten Europas zu erhöhen, Fähigkeiten zu teilen und das Militär "interoperabel" zu machen. Dabei geht es um scheinbar einfache Dinge wie einheitliche Kaliber für Waffen und Munition, einheitliche Fahrzeuge und Ersatzteile sowie kompatible Funkgeräte. Außerdem will die EU den Transport von militärischer Ausrüstung und Mannschaften über Binnengrenzen in der EU erleichtern. Dazu sind heute noch komplizierte Formulare und Anmeldungen nötig.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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