1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

EU-China-Gipfel: Plötzlich beste Freunde?

Maria Christoph
1. Juni 2017

Die USA verlassen das Pariser Klimaabkommen. Da kommt das Gipfeltreffen zwischen Europa und China gerade recht: Kann China in der EU Ersatz für die USA in der globalen Klimapolitik sein? Aus Brüssel dazu Maria Christoph.

Deutschland Gelsenkirchen Kohlekraftwerk Symbolbild Klimawandel CO2
Bild: picture-alliance/AP/M. Meissner

Mit dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen, entsteht eine politische Lücke. China würde diese gerne füllen. Das hat der chinesische Premierminister Li Keqiang bereits in Berlin der Kanzlerin zugesichert. Wenn er in Brüssel eintrifft, muss er deutlich machen, wie er die Beziehungen mit der Europäischen Union gestalten will.

Li Keqiang im Gespräch mit Angela MerkelBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Ist die kommunistische Volksrepublik mit ihren autoritären Strukturen der richtige Partner für die EU? "In Sachen Klima auf jeden Fall", sagt Ulriikka Aarnio der DW. Aarnio arbeitet für "Climate Action Network Europe" (CAN), den Dachverband von 850 umweltpolitischen Nichtregierungsorganisationen. Die Volksrepublik ist nicht nur größter Handelspartner Europas, sondern gleichzeitig auch Verursacher der meisten Emissionen weltweit und einer der Vorreiter in der Entwicklung und Produktion erneuerbarer Energien.

"China ist nicht mehr der Böse in der Debatte"

China sei bislang immer der Bösewicht in der Debatte gewesen, sagt Aarnio. Das entspreche aber schon lange nicht mehr der Realität: "China hat große Probleme mit Luftverschmutzung. Das Land muss seine Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels schützen. Der plötzliche Sinneswandel hängt also nicht nur mit globaler Solidarität zusammen - es liegt in Chinas Interesse, die Kontrolle über den Klimawandel zu übernehmen".

China bei erneuerbaren Energien weit vorne

Klimaexpertin Ulriikka AarnioBild: CAN Europe

Die Investitionen Chinas in erneuerbare Energien seien bereits immens, sagt die Klimaexpertin. Das Land habe schon viele Kohlefabriken geschlossen, der Wandel sei da. Laut CAN wird das am Freitag erwartete gemeinsame Statement der beiden Partner einen Paragraphen enthalten, bei dem es um die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen der EU und China bei den Themen erneuerbare Energien und elektrische Mobilität geht. China will ab dem kommenden Jahr Quoten für Elektroautos vorschreiben, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Soweit sind die Pläne in der EU noch nicht. 

Die Kyoto-Zeiten mit der Blockbildung seien lange vorbei. Früher standen sich das "Entwicklungsland" China auf der einen Seite und die Industrienationen in Europa auf der anderen Seite gegenüber. Aarnio hält inzwischen die EU für den "Looser, wenn es darum geht, in Richtung Null-Emission voranzukommen". Der Fortschritt werde meist durch die Europäische Bürokratie und fehlende Einstimmigkeit bei Beschlüssen im Europa-Rat gebremst. Aarnio: "Ein Land wie China hat durch sein Regierungsmodell die Möglichkeit, schneller zu handeln. Wenn der politische Wille da ist." 

Die Ziele der EU seien zudem nicht mehr zeitgemäß, findet die Klimaexpertin. Die Gemeinschaft hat ihr Klimaziel für 2020 bereits vor vier Jahren erreicht. Jetzt ginge es darum, neue, ehrgeizigere Ziele zu definieren: "Mit Fortschritt nach Plan kommen wir in der Klimapolitik nicht mehr voran."

Handelsbeziehungen nicht ohne Probleme

Was den Handel angeht, ist die Bilanz mit China gemischt. In manchen Bereichen funktioniert der Warenaustausch gut, so hat allein Deutschland im vergangenen Jahr 23 Millionen Fahrzeuge nach China geliefert, sagt Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der deutschen Automobilindustrie der DW. "Wenn die EU und China für freien Handel einstehen, ist das ein wichtiges Signal in die Welt", glaubt Wissmann.

Andererseits gibt es seit Jahren Streit zwischen Europa und China, unter anderem wegen der Vorwürfe von Stahlpreis-Dumping und wegen des vermeintlich mangelhaften Schutzes von geistigem Eigentum. "Wir setzen auf offene Märkte und einen regelbasierten Welthandel", betonte Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Treffen mit Premierminister Li in Berlin. Das Wort "regelbasiert" kann hier als Hinweis auf noch zu lösende Probleme verstanden werden. Aber abgesehen davon halten EU-Diplomaten ein Freihandelsabkommen im Prinzip für denkbar.

Umweltschäden - vom Menschen gemachtBild: picture-alliance/AP/T. Gutierrez

Globale Herausforderungen beim Mittagessen

Beim für Freitag geplanten Mittagessen will die EU den chinesischen Gästen ihre Position zur Situation in Syrien, Libyen und der Ukraine näher bringen. China wiederum wird sich zum Konflikt im Südchinesischen Meer und zur akuten Bedrohung durch Nordkorea erklären. Dort liegt eine der größten Bedrohungen für die internationale Sicherheit derzeit, glauben die Europäer. Zum Pflichtprogramm für die EU gehört auch ein Gespräch über die Wahrung der Menschenrechte und den aktuellen Stand auf dem Weg zur Rechtsstaatlichkeit in China. Fragen, die wiederum mit der Stabilität des politischen Verhältnisses und der wirtschaftlichen Beziehungen zusammenhängen.

Es geht ums Ganze

Teile der gemeinsamen Schlusserklärung wurden bereits vorab bekannt: "Die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels fordern eine entschiedene Antwort", heißt es darin unter anderem. Klar ist, dass Europa hofft, in China bei der Klimapolitik einen verlässlichen Partner zu finden, der sich an Abmachungen hält.

Der Sinneswandel Chinas in der Klimapolitik hat überhaupt erst das Pariser Abkommen möglich gemacht. Jetzt sieht die EU es als ihre Aufgabe, das Abkommen gemeinsam mit den Chinesen zu verteidigen. "Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen", sagte Angela Merkel vor einigen Tagen in München. Am Freitag könnte die EU gleich den ersten Schritt dafür tun.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen