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Politik

EU: Koordiniert aus der Corona-Krise

15. April 2020

Mit kleinen abgesprochenen Schritten aus der Corona-Krise - so empfiehlt es die EU-Kommission. Konkrete Zeitpläne hat sie zwar nicht, aber viele gute Ratschläge. Aus Brüssel Bernd Riegert.

EU-PK zur Coronakrise mit Ursula von der Leyen und Charles Michel
EU-Pressekonferenz zur Corona-Krise mit Ursula von der Leyen und Charles Michel (l.)Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Thys

"Gute Nachbarn sprechen miteinander", sagte Ursula von der Leyen, die EU-Kommissionspräsidentin während ihrer virtuellen Pressekonferenz in Brüssel. Das ist ein Appell an die 27 Mitgliedsstaaten in der EU, ihren langsamen Ausstieg aus den Corona-Beschränkungen möglichst koordiniert vorzunehmen. "Das Mindeste ist, dass die Staaten ihren Nachbarn und die EU-Kommission über die Art und Weise, wie die Maßnahmen zurückgenommen werden, informieren", heißt es in einem Strategiepapier der EU-Kommission, das von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, in Brüssel vorstellten.

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"Es hat wenig Sinn, wenn auf der einen Seite der Grenze die Geschäfte wieder aufmachen, während sie auf der andere Seite, in einem anderem Land, geschlossen sind. Das würde dazu führen, dass die Menschen über die Grenze fahren, um einzukaufen und so neue Bewegungen auslösen", beschrieb von der Leyen die Schwierigkeiten bei der Öffnung der Binnengrenzen in der Europäischen Union. "Es ist im ureigenen Interesse der Mitgliedsstaaten möglichst bald einen funktionierenden Binnenmarkt ohne Grenzen wieder aufzubauen und hier zu investieren", sagte die Kommissionspräsidentin weiter.

Einstieg in den Ausstieg: Die dänische Premierministerin Frederiksen besucht eine wieder geöffnete Schule in KopenhagenBild: Getty Images/AFP/Ritzau Scanpix/P. Davali

Empfehlungen, keine Vorschriften

Die EU-Kommission kann beim Gesundheitsschutz den Mitgliedsstaaten keine verbindlichen Vorgaben machen. Sie entschieden alleine. Aber die Behörde in Brüssel empfiehlt in ihren Richtlinien ohne konkrete Zeitangaben, dass Lockerungen der Corona-Beschränkungen davon abhängen müssen,

ob aus epidemiologischer Sicht, die Infektionsrate sinkt und sich stabilisiert;

ob die Gesundheitssysteme der jeweiligen Staaten überlastet sind;

ob die Möglichkeit besteht, neue Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen.

Die Lockerung müsse Schritt für Schritt erfolgen und müsse zum Ziel haben, nur noch die verwundbaren Gruppen, wie Ältere und Vorerkrankte zu isolieren, und den Rest der Bevölkerung nach und nach zu normalem Leben zurückkehren zu lassen. Dazu müssten Tests ausgeweitet und möglichst eine gemeinsame Überwachungs-App für alle EU-Bürger entwickelt werden, nicht 27 verschiedene.

Rien ne va plus: Frankreich hält bis zum 11. Mai an einer strengen Corona-Ausgangssperre festBild: picture-alliance/Photoshot/A. Morissard

Binnenmarkt wieder herstellen

Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen plädierte dafür, die Kontrollen und Einreisebeschränkungen an den Binnengrenzen der EU nach und nach aufzuheben, um einen voll funktionierenden Binnenmarkt wieder möglich zu machen. Das werde aber sicherlich noch einige Monate dauern. Einen koordinierten Ansatz brauche man auch, um die Außengrenzen der EU wieder für den Reise- und Güterverkehr mit dem Balkan, Amerika, Asien und Afrika zu öffnen, so die EU-Kommission.

Strategie zum Wiederaufbau kommende Woche

Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, der die Mitgliedsstaaten vertritt, versprach, dass die Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen nächste Woche einen Plan zum Wiederaufbau der Wirtschaft entwerfen werden. "Wie viel Geld am Ende gebraucht wird, kann noch niemand bestimmen", sagte Michel. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wies darauf hin, dass die Mitgliedsstaaten und die Europäische Union zusammengenommen rund 3000 Milliarden Euro mobilisiert hätten, um Arbeitsplätze zu erhalten und die Wirtschaft durch eine Art "Winterschlaf" zu bringen. Das werde im Moment mit neuen Staatsschulden finanziert.

Charles Michel kündigte auch an, dass sich die EU mit ihrer Rolle beim globalen Wiederanwerfen der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie beschäftigen werde. "Wir brauchen auch eine überarbeitete Afrika-Strategie für die Zeit nach der Krise", sagte der Ratspräsident, ohne Einzelheiten zu nennen.

Aber bitte mit Maske: Österreichs Bundeskanzler Kurz setzt auf Masken im öffentlichen RaumBild: picture-alliance/dpa/APA/R. Schlager

Unterschiede in den Mitgliedsstaaten

Derweil gehen dieMitgliedsstaaten je nach Lage vor Ort sehr unterschiedlich mit dem Ausstieg aus den Beschränkungen um. In Dänemark öffnen bereits wieder Schulen für die unteren Klassen. In Österreich dürfen bestimmen Geschäfte wieder öffnen, während in Frankreich bis zum 11. Mai alles geschlossen bleibt. In Schweden waren Bars und Restaurants nie geschlossen. In Deutschland beraten sich heute die 16 Bundesländer untereinander einig werden, wie sie vorgehen wollen. Es zeichnet sich
aber eine Verlängerung der Kontaktbeschränkungen um zwei Wochen ab. Innerhalb Deutschland gibt es unterschiedliche Ausgangsbeschränkungen.

Auf eine konkrete Frage, ob Schutzmasken in der EU überall getragen werden sollten, wie zum Beispiel Österreich das macht, hatte die EU-Kommission keine klare Antwort. "Es ist klar, dass zunächst die Mitarbeiter im Gesundheitswesen alle Masken bekommen müssen", sagte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. In anderen Bereichen "könnten Masken, wenn sie verfügbar sind, sinnvoll sein." Zu einer generellen Maskenpflicht äußerte sich von der Leyen nicht. Auch die fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. "Zusammen werden wir voneinander lernen und unserer EU so aus der Krise helfen", sagte von der Leyen.

 

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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