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Mehr Energieeffizienz

18. November 2009

Sie schlucken viel Energie: Elektrogeräte und vor allem Gebäude. Jetzt hat die EU den Weg frei gemacht für "Nahe-Null-Energiegebäude". Außerdem einigte sie sich auf einen Kompromiss zur Kennzeichnung von Elektrogeräten.

Blick auf die Solarkollektoren an Nebengeäuden des Petersdoms (Foto: Solarworld)
Bislang freiwillig, bald Pflicht: Energiesparmaßnahmen an GebäudenBild: SolarWorld AG

40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa entfällt derzeit auf Gebäude. Damit soll jetzt Schluss sein: Neubauten in der Europäischen Union müssen von Ende 2020 an strenge Energiesparauflagen erfüllen. Vertretern der Mitgliedstaaten, von Europäischer Kommission und Europaparlament gelang in der Nacht zum Mittwoch (18.11.2009) überraschend ein Durchbruch in den lange festgefahrenen Verhandlungen.

"Nahe-Null-Energiegebäude"

Das bislang energieeffizienteste Gebäude der Welt steht in MainzBild: AP

Demnach müssen Neubauten im Privatsektor vom 31. Dezember 2020 an und im öffentlichen Sektor von Ende 2018 an mittels Techniken wie Wärmedämmung, Solaranlagen oder Sparlampen einen äußerst niedrigen Energieverbrauch aufweisen und zu einem großen Teil erneuerbare Energie nutzen. So soll der Energieverbrauch unterm Strich gegen Null tendieren. Auch für Renovierungen, bei denen mehr als ein Viertel des Gebäudewerts saniert wird, gelten strenge Auflagen. Je nach den verwendeten Materialien und Techniken sollen im Durchschnitt nur noch zwischen drei und fünf Litern Heizöl pro Quadratmeter und Jahr verbraucht werden, während die bisherigen Durchschnittswerte bei 25 Litern liegen.

Weltweit keine vergleichbaren Gebäudestandards

Claude Turmes, luxemburgischer Europa-Abgeordneter der GrünenBild: picture-alliance / Wiktor Dabkowski

Der Grünen-Abgeordnete Claude Turmes sprach von einem "Durchbruch". "Es gibt nirgendwo auf der Welt solche Gebäudestandards." Die zuständige Europaabgeordnete Silvia-Adriana Ticau (sozialdemokratische Fraktion) lobte die Einigung als "wichtiges Signal" für den Weltklimagipfel in Kopenhagen. Dort will sich die internationale Staatengemeinschaft auf die Grundzüge eines neuen Klimaschutzvertrags einigen.

Das neue Gesetz werde den Verbrauchern helfen, energieeffiziente Gebäude zu kaufen oder zu mieten, sagte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. "Es gibt den Bürgern die Chance im Kampf gegen den Klimawandel mitzumachen und gleichzeitig Geld zu sparen." Öffentliche Gelder würden sowohl von EU-Seite als auch von den Mitgliedstaaten bereitgestellt. Entsprechende Instrumente müssten noch ausformuliert werden.

Die europäischen Energieminister sollen dem Kompromiss beim nächsten Ministerratstreffen am 7. Dezember in Brüssel zustimmen. Das Europaparlament soll Anfang Januar grünes Licht geben. Beides gilt nach der grundsätzlichen Einigung als Formalie. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie dann innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten in nationales Recht umsetzen. Aufgrund der großen klimatischen Unterschiede in den 27 EU-Staaten wird die konkrete Ausgestaltung der Richtlinie den Mitgliedstaaten überlassen.

Vorerst nicht zu toppen: Energieeffizienzklasse A+++

Die meisten Waschmaschinen und Kühlschränke gehören heute der A-Klasse anBild: picture alliance/dpa

In den Verhandlungen zum geplanten "Öko-Label" für energieeffiziente Geräte haben sich Unterhändler des Europaparlaments, der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten am Dienstag auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach sollen Hausgeräte wie Fernseher, Waschmaschinen oder Kühlschränke auch künftig mit einer Skala von A bis G klassifiziert werden. Für besonders sparsame Produkte sollen aber nun auch die Klassen "A+", "A++" und "A+++" möglich sein. Zuvor waren mehr Plus-Zeichen im Gespräch gewesen, wogegen besonders Grüne und Umweltschützer heftig protestiert hatten.

Um die Umgestaltung der Energie-Labels für Elektrogeräte wird seit Monaten gerungen. Schon seit den 90er-Jahren muss der Stromverbrauch von Haushaltsgeräten in der EU gekennzeichnet werden. Dazu werden farbige Balkendiagramme mit den Energieeffizienzklassen A (dunkelgrün) bis G (rot) verwendet. Seit der Einführung dieses Systems hat sich der allgemeine Geräte-Standard aber so verbessert, dass mittlerweile fast alle Kühlschränke, Wasch- und Spülmaschinen der A-Klasse angehören. Zugleich werden die Unterschiede innerhalb dieser Kategorie immer größer. Als Notbehelf wurden die Zusatzklassen A+ bis A++ eingeführt.

Industrie lief gegen Forderungen der Umweltverbände Sturm

Bei immer weniger Verbrauchern gefragt: energiefressende ElektrogeräteBild: picture alliance/dpa

Umweltschutzverbände hatten deshalb gefordert, die Effizienzstandards für die A-Klasse anzuheben und alle Geräte, die die neuen Vorgaben nicht erfüllen, herabzustufen. Dagegen liefen aber die Hersteller Sturm. Ihre Wunschvorstellung wäre ein System gewesen, bei dem alle nach den alten Standards in die A-Klasse eingestuften Geräte auch dort bleiben können. Die Unterschiede beim Stromverbrauch sollten durch zusätzliche Prozentangaben gekennzeichnet werden.

Die nun vereinbarte Lösung stellt einen Kompromiss dar. Der von der Industrie gewünschten Differenzierung innerhalb der A-Klasse werden Grenzen gesetzt. Denn wenn erst einmal genug Geräte eingeführt sind, die die Bestnote A+++ übertreffen, muss das System angepasst werden - dann wird eine Herabstufung weniger effizienter Produkte notwendig.

Herbert Reul, CDU-EuropaabgeordneterBild: Büro Herbert Reul MdEP

Die jetzt gefundene Einigung sei ein "kluger Kompromiss", sagte der Vorsitzende des Industrieausschusses im Europaparlament, der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul in Brüssel. Die Effizienz-Klassifizierungen sollen auch in die Werbung aufgenommen werden können. Nicht durchsetzen konnte sich das Europaparlament mit seiner Forderung, im öffentlichen Beschaffungswesen bestimmte Effizienzstandards vorzuschreiben. Die formale Verabschiedung im EU-Parlament und im Ministerrat soll noch in diesem Jahr gelingen.

Autorin: Julia Elvers-Guyot (mit dpa, AFP, AP)

Redaktion: Insa Wrede

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