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EU erlaubt Mehlwürmer-Pulver im Essen - na und?

10. Februar 2025

In der EU darf jetzt Mehlwurmpulver in Back- und Teigwaren sowie in Käse verwendet werden. Die Vorstellung ist für viele eklig, aber für eine nachhaltige Ernährung eignen sich die Proteinlieferanten hervorragend.

Insekten als Nahrung | Mehlwürmer
Mehlwürmer haben einen hohen Proteingehalt und enthalten wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink und Vitamin B121 Bild: HELMUT FOHRINGER/APA/picturedesk/picture alliance

Igitt! Schon beim Gedanken an Würmer im Essen vergeht vielen der Appetit. Diese Reaktion bezeichnet die Wissenschaft als "Nahrungstabu": Bestimmte Tiere, Pflanzen oder Pilze, die prinzipiell essbar sind, werden in einem bestimmten Kulturraum oder einer sozialen Gruppe mit einem Tabu belegt und daher nicht verzehrt. 

Praktizierende Hindus etwa essen kein Rindfleisch, praktizierende Muslime und Juden essen kein Schweinefleisch, und in westlich geprägten Kulturen ekeln sich viele vor dem Verzehr von Insekten.

Dabei sind Insekten weltweit laut Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) fester Bestandteil der Ernährung von etwa 2 Milliarden Menschen, vor allem in Teilen Afrikas, Asiens, Mittel- und Südamerikas. Mehr als 2.000 Insektenarten gelten weltweit als essbar.

Jetzt darf UV-behandeltes  Mehlwürmermehl in der Europäischen Union (EU) erstmals in Lebensmitteln verarbeitetwerden. Die EU-Zulassung betrifft also das Mehl, das aus den Larven des Mehlkäfers Tenebrio molitor gewonnen wird. Es geht nicht um den Verzehr von ganzen Würmern, frittierten Grillen oder Seidenraupen, oder welche Horrorszenarien sich mancher sonst noch ausmalt.

Das sehr proteinhaltige Mehl wird künftig in geringem Umfang in industriell hergestellten Backwaren wie Brot oder Kuchen, in Teigwaren, in verarbeiteten Kartoffelprodukten oder in Käseprodukten enthalten sein.

Kein Gesundheitsrisiko durch Insektenverkehr

Mehlwurmmehl stellt kein Gesundheitsrisiko dar, sonst wäre es nicht zugelassen worden, darauf weist auch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hin.

Vor der Zulassung müssen Hersteller für jedes Insekt, das sie auf den Markt bringen wollen, eine Zulassung im Rahmen der "Novel-Food-Verordnung" beantragen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) führt eine ausführliche wissenschaftliche Bewertung durch, um die Sicherheit für die menschliche Gesundheit zu prüfen.

Die zulässigen Höchstmengen halten sich in Grenzen: Brot und Kuchen dürfen maximal vier Gramm Mehlwurmpulver pro 100 Gramm Endprodukt enthalten, bei Käse liegt die Höchstmenge bei einem Gramm pro 100 Gramm Endprodukt.

Durch UV-Bestrahlung des Mehls werden vor der Verwendung mögliche Erreger abgetötet. Außerdem erhöht sich durch diese Bestrahlung der Vitamin D3-Gehalt in dem Pulver.

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Warum eignen sich Mehlwürmer besonders für den Verzehr?

Mehlwürmer enthalten wichtige Nährstoffe wie Eisen, Zink und B-Vitamine. Sie haben einen hohen Proteingehalt, das neu zugelassene Mehlwurmpulver beispielsweise hat einen Proteingehalt von 50 bis 55 Prozent. 

Zudem ist die Produktion von Mehrwürmern umweltfreundlicher im Vergleich zu traditionellen Proteinquellen wie Rindern, Schweinen und Hühnern. Sie benötigen weniger Wasser, Futter sowie Platz und verursachen geringere Treibhausgasemissionen.

Versteckte tierische Bestandteile in vielen Lebensmitteln

Tierische Bestandteile sind seit langem in Backwaren, Teigwaren und Käseprodukte enthalten, aber oftmals nur schwer zu erkennen, da sie sich hinter Zusatzstoffen oder Fachbegriffen verbergen.

Schon lange verwenden viele industrielle Bäckereien L-Cystein (E920), um den Teig geschmeidiger zu machen. Diese Aminosäure stammt oftmals aus Schweineborsten oder Federn und muss nicht deklariert werden.

Weltweit enthält etwa 35 Prozent des Käses tierisches Lab, das sind Enzyme aus den Mägen von Wiederkäuern, meist Kälbern. Diese Enzyme spalten das Milcheiweiß auf und lassen die Milch eindicken, ohne sauer zu werden. Der Vorgang ist essenziell für die Käseherstellung, da er die festen Bestandteile der Milch von den flüssigen trennt.

In sehr vielen Produkten ist auch Gelatine enthalten. Dieses Eiweißgemisch wird aus Haut und Knochen von Rindern und Schweinen gewonnen. Gelatine stabilisiert Eintöpfe oder Saucen, verdickt Frischkäse und klebt Zerealien in Müsliriegeln zusammen.

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Auch Insekten-Bestandteile schon in Lebensmitteln

Seit 2021 sind bereits vier Insekten in der EU als Lebensmittel zugelassen – meist in getrockneter oder pulverisierter Form: Der getrocknete gelbe Mehlwurm, die Wanderheuschrecke (Locusta migratoria), die Hausgrille (Acheta domesticus) und die Larve des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus), auch Buffalowurm genannt.

Diese Insekten können bereits in zubereiteten Fleischprodukten, Backwaren, Backmischungen, Nudeln oder Pizza, Knabberzeug wie Chips oder Erdnussflips, Schokolade, Käse, Konfitüre, Müsli, Müsli-Riegeln und vielem mehr enthalten sein.

Wen das stört, der muss sich die Zutatenliste aufmerksam durchlesen. Denn Insekten sind grundsätzlich kennzeichnungspflichtig: Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen gemäß der EU-Verordnung klar deklariert werden. Die Kennzeichnung muss den lateinischen und den landessprachlichen Namen des Insekts sowie die verwendete Form angeben.

Außerdem muss auf dem Produkt ein Hinweis zu finden sein auf mögliche allergische Reaktionen bei Verbrauchern, die gegen Krebs- und Weichtiere sowie Hausstaubmilben allergisch sind.

 

Der Artikel wurde am 11.02.25 überarbeitet

 

Quellen:

EU-Verordnung 2025/89 zur Genehmigung des Inverkehrbringens von UV-behandeltem Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor (Mehlwurm) als neuartiges Lebensmittel und zur Änderung der Durchführungsverordnung

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ%3AL_202500089

FAO: Looking at edible insects from a food safety perspective https://openknowledge.fao.org/server/api/core/bitstreams/33de5ff0-3b21-4108-98bc-d2f6e190e992/content

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Gelber Mehlwurm als neuartiges Lebensmittel zugelassen https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/01_lebensmittel/2021/2021_05_04_PI_Mehlwurm.html

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