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Politik

Keine EU-Antwort auf Israels Annexionspläne

Max Zander
15. Mai 2020

Israel will Teile des palästinensischen Westjordanlandes annektieren - ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, unterstützt von US-Präsident Trump. Doch aus Brüssel ist wenig Gegenwind zu erwarten.

Symbolbild EU-Israel
Bild: picture-alliance/NurPhoto/A. Widak

Am Nahost-Friedensprozess scheiden sich die Geister, auch innerhalb der Europäischen Union. Dementsprechend niedrig war die Erwartungshaltung an die Konferenz der EU-Außenminister zu Israels Annexionsabsichten im Westjordanland, auf der sich die Vertreter der 27 EU-Mitgliedsstaaten bemühten, eine gemeinsame Linie zu finden. Der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, beschränkte sich bei der abschließenden Pressekonferenz auf vage Aussagen. Man halte an der Zweistaatenlösung fest, sagte er. 

Deutscher Außenminister Heiko Maas mit Delegation: keine baldige Einigung in SichtBild: Imago Images/photothek/J. Schmitz

Was für konkrete Schritte unternommen werden könnten und vor allem wann - dazu äußerte sich Borrell nicht. "Wir werden unsere geopolitische Stärke nutzen, um den Prozess zu beeinflussen. Das heißt nicht, dass wir das morgen machen. Aber so bald wie möglich", so der Außenbeauftragte.

Am Sonntag wird die neue Regierung in Jerusalem vereidigt und der langjährige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von der rechtsgerichteten Likud-Partei die Amtsgeschäfte weiterführen. Nach drei Wahlen konnte er sich mit Ex-Armeechef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß auf eine Koalitionsregierung einigen, der beide abwechselnd vorstehen werden. Das erste halbe Jahr soll sich die Regierung ausschließlich der Corona-Krise widmen. Mit einer Ausnahme: Teile des seit 1967 besetzten Westjordanlandes sollen annektiert werden. Zum ersten Mal ist diese umstrittene Politik Teil eines Koalitionsvertrags.

Die Koalitionspartner Gantz (l.) und Netanjahu (r.) wollen Juli mit der Annexion im Westjordanland beginnenBild: Reuters/A. Cohen

Für diesen international höchst umstrittenen Plan erhält Israel Unterstützung aus den USA - schließlich basieren die Annexionspläne der israelischen Regierung auf einem Entwurf aus dem Weißen Haus. US-Präsident Donald Trump stellt den Palästinensern einen eigenen Staat in Aussicht, allerdings unter harten Auflagen: Der Deal sieht vor, dass Israel die rund 200 Siedlungen im Westjordanland und im Jordantal in das eigene Staatsgebiet aufnimmt, inklusive der Grenzgebiete zu den arabischen Nachbarstaaten. Das entspricht etwa dreißig Prozent der Gesamtfläche des Westjordanlandes.

Als Kompensation sollen die Palästinenser Landstriche im Süden Israels erhalten. Ein zukünftiger palästinensischer Staat würde somit aus nicht zusammenhängenden Flächen bestehen. Jerusalem als künftige ungeteilte Hauptstadt Israels würde für die palästinensische Bevölkerung zudem einen Verlust ihres religiösen, kulturellen und politischen Zentrums bedeuten.

US-Präsident Donald Trump versucht, einen Kurswechsel in der Nahostpolitik durchzusetzenBild: picture-alliance/Consolidated News Photos/CNP/J. Lott

Der Plan wird von der Palästinenserführung scharf verurteilt. In Israel steht die Mehrheit der Bevölkerung dahinter. Ohne innenpolitische Hindernisse dürfte Israel nur durch massiven Druck von außen Abstand von Plänen nehmen. Aus Brüssel ist dieser jedoch nicht zu erwarten.

EU-Mitglieder streiten über Israel-Strategie

Die EU-Mitgliedsstaaten treten zwar nach wie vor für eine Zweistaatenlösung in den Grenzen von 1967 ein. Doch gleichzeitig ist man sich uneins, wie scharf eine Annexion zu verurteilen wäre und welche Konsequenzen sie haben müsste. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, Israels Pläne erinnerten an die Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014. "Wir müssen jetzt präventiv Stellung beziehen und Druck machen", erklärte er.

Rund 200 jüdische Siedlungen im Westjordanland sollen in Israelisches Staatsgebiet übergehenBild: imago images/UPI Photo

Ein deutlich diplomatischeres Vorgehen wählte dagegen der deutsche Außenminister. Heiko Maas erklärte vor dem Treffen, man freue sich auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung in Israel. Im Hinblick auf die Annexionspläne lautet die deutsche Devise, erst einmal abzuwarten, bis die neue israelische Regierung überhaupt im Amt ist. Der deutsche Außenminister betonte gleichzeitig, wie wichtig es sei, dass die EU mit einer gemeinsamen Stimme spreche. Kein leichtes Unterfangen, denn in der Frage wann und in welchem Umfang interveniert werden soll, gehen die Ansichten bei den 27 EU-Mitgliedsstaaten weit auseinander.

Taten statt Worte gefordert

In der Vergangenheit haben Proteste der EU wenig Einfluss etwa auf die Siedlungspolitik der israelischen Regierung gehabt. Die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem im vergangenen Jahr oder die Anerkennung der 1967 von Israel besetzten syrischen Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet durch Präsident Trump konnten die Europäer ebenfalls nicht verhindern.

Der Außenminister des Nachbarlandes Jordanien, Ayman al-Safadi, appellierte an die Europäische Union, es dieses Mal nicht nur bei Worten zu belassen. In einer Erklärung forderte er die EU zu praktischen Schritten gegen die Annexion auf.