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EU-Firmen beklagen sich über China

31. Mai 2017

Anders als US-Präsident Trump wird China nicht müde, für freien Handel zu werben. Die Praxis sieht anders aus, beklagen europäische Unternehmen in Peking. Chinas Regierungschef ist diese Woche in Berlin und Brüssel.

China Tiananmen Square - Deutsche Chinesische Flagge
Chinesische und deutsche Fahnen in Peking Bild: picture alliance/dpa/J. Qing

Auch wenn China bei vielen Gelegenheiten zusagt, sich für freien Handel und Globalisierung stark zu machen, sehen sich europäische Firmen in der zweitgrößten Volkswirtschaft nach wie vor deutlich benachteiligt. Das ganze Umfeld im Land bleibe "eine Herausforderung" heißt es diplomatisch bei der Europäischen Handelskammer in Peking.

Die Kammer hat für eine Studie zur Lage der europäischen Firmen mehr als 500 Unternehmen befragt. Beinahe die Hälfte gab demnach an, dass es für sie im vergangenen Jahr schwieriger geworden sei, in China Geschäfte zu machen. Jedes zweite Unternehmen würde sich zudem weniger willkommen fühlen als noch bei der Ankunft.

"Unsere Mitglieder sehen nicht, dass faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen wurden", sagte EU-Kammer-Präsident Mats Harborn anlässlich der Präsentation der Studie in Peking. Nur 15 Prozent der Befragten rechneten laut Umfrage damit, dass die Hürden für Geschäfte in China in den kommenden fünf Jahren reduziert werden - 40 Prozent gingen sogar von einer Verschlechterung aus.

Deutsche Unternehmen in China Bild: picture-alliance/dpa/Volkswagen/F. Gentsch

"Kein fairer Wettbewerb"

An diesem Mittwoch wird Chinas Ministerpräsident Li Keqiang in Berlin erwartet, am Donnerstag steht in Brüssel ein EU-China-Gipfel auf seinem Programm. In Peking sehen europäische Unternehmer als eines der Kernprobleme wie schon in der Vergangenheit eine unfaire Behandlung im Vergleich zu heimischen Firmen. 61 Prozent der EU-Firmen gaben etwa an, dass Umweltauflagen bei ihnen strenger als bei chinesischen Konkurrenten kontrolliert würden.

Vor dem Besuch in Europa schrieb Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua: "Europa erlebt eine Schuldenkrise, Terrorgefahr und die Flüchtlingskrise." Nun habe Europa auch noch die Folgen des neuen Isolationismus Amerikas zu bewältigen. China dagegen verhalte sich gegenüber Europa weiterhin positiv. "Hand in Hand" sollten Peking, Berlin und Brüssel gehen, um dem Protektionismus entgegen zu treten.

Die Unternehmer vor Ort dagegen beklagen ungleiche Bedingungen auch bei Investitionsprojekten: "Besorgniserregend" nannte die EU-Handelskammer die Lage hier. Chinesen hätten es einfach, in Europa Firmen zu übernehmen, andersherum  bestünden aber große Beschränkungen. Im vergangenen Jahr seien Chinas Investitionen in die EU so um 77 Prozent auf mehr als 35 Milliarden Euro gestiegen. Investitionen in die entgegengesetzte Richtung gingen derweil um 23 Prozent auf acht Milliarden Euro zurück.  

Der Präsident der Handelskammer rief China und die EU denn auch dazu auf, ein Investitionsabkommen unter Dach und Fach zu bringen. Es solle schnell Regeln zur Marktöffnung vorschreiben, so Mats Harborn.  

Chinas Regierungschef Li KeqiangBild: Reuters/J. Lee

Wachstumsaussichten

Und dennoch: Trotz anhaltender Klagen schätzen die EU-Firmen ihre Wachstumschancen in China wieder besser ein als noch vor einem Jahr. "Der Pessimismus ist in Teilen zurückgegangen", so die Kammer-Analyse: 55 Prozent der Firmen gaben an, dass sie ihre künftigen Wachstumsaussichten als "positiv" bewerten.

So kündigte auch die Deutsche Bank jetzt an, dass sie Milliarden in den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Volksrepublik stecken will. Zusammen mit der China Development Bank (CDB) habe man in einer Absichtserklärung vereinbart, in den nächsten fünf Jahren insgesamt drei Milliarden Dollar für Projekte der Initiative "Neue Seidenstraße" zur Verfügung zu stellen, teilte Deutschlands größtes Geldhaus am Mittwoch mit.

Dabei gehe es beispielsweise um gemeinsame Kreditvergaben und Projektfinanzierungen. China knüpft mit dem 2013 eingeleiteten Investitionsprojekt an die historische Seidenstraße an, die wichtigste Handelsverbindung zwischen China und Europa in der Antike und dem frühen Mittelalter. Vor knapp vier Jahren hatte Präsident Xi Jinping das Projekt angestoßen. Unter dem Titel "One Belt, One Road" (Ein Gürtel, eine Straße) zielt China damit auf eine neue Stufe der Globalisierung: Neu zu bauende Land- und Seewege in Asien, Afrika und Europa sollen 65 Länder mit 4,4 Milliarden Menschen verbinden. Eine chinesische Idee, aber sie gehöre der Welt, heißt es in der entsprechenden Propaganda der Führung in Peking.

Gruppenbild beim Gipfel zur neuen Seidenstraße in PekingBild: Reuters/J. Lee

"Viel Donner, wenig Regen"

Das bezweifeln Kritiker. "Mit der Seidenstraßen-Initiative verfolgt die chinesische Regierung in erster Linie eigene wirtschaftspolitische Interessen, aber auch sicherheitspolitische Ziele und geopolitische Ambitionen", sagt Jan Gaspers vom Mercator-Institut für China-Studien in Berlin. Peking will sich neue Märkte erschließen sowie überschüssigen Stahl, den es zu Hause nicht mehr braucht, verbauen. Daneben spielen sicherheitspolitische und geopolitische Interessen eine Rolle: China drängt weiter auf die weltpolitische Bühne.

Viel passiert sei ohnehin noch nicht. "Viel Donner, wenig Regen", zitierte Jörg Wuttke von der EU-Handelskammer in Peking ein chinesisches Sprichwort. "Das Ganze ist mehr eine vage Vision als ein konkreter Investmentplan." Mindestens 900 Milliarden US-Dollar will Peking in die Seidenstraßen-Projekte investieren. Viele gelten für die finanzierenden chinesischen Banken als extrem risikoreich.

ar (dpa, rtr, KNA)