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Politik

EU gegen den Plastikmüll

Barbara Wesel
24. Oktober 2018

Die EU steigt ein in den Kampf gegen den Plastikmüll. Im ersten Schritt sollen Einwegplastik verboten, die Verwendung von Plastikverpackungen verringert und besseres Recycling zur Pflicht gemacht werden.

Indien Plastikmüll am Strand von Mumbai
Bild: picture-alliance/Zuma Press/S. Sharma

Die Bilder von Meeresschildkröten, die an Strohhalmen ersticken, und Delphinen, die in treibenden Fischernetzen sterben, haben ihre Schockwirkung international entfaltet. Auch Berichte vieler Urlauber von kilometerweit mit Plastik vermüllten Ständen in aller Welt haben bei Bürgern wie Politikern die Einsicht gefördert, dass es Zeit zum Handeln ist. Am Dienstag schockte darüber hinaus die Erkenntnis österreichischer Forscher, dass Plastikpartikel inzwischen auch im menschlichen Darm nachzuweisen sind. Die Einigkeit im Europaparlament war also parteiübergreifend und ein Vorschlag der EU-Kommission zur Eindämmung von Plastikmüll in Europa wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Worum geht es?

Die EU produziert pro Jahr 26 Millionen Tonnen Plastikmüll, was etwa einem Viertel des weltweiten Aufkommens entspricht. Nur 30% davon taugen zur Wiederverwendung. China hat inzwischen den Import von Plastikmüll aus Europa gestoppt. Thailand will dem Importverbot in zwei Jahren folgen. Die EU muss also neue Strategien entwickeln, um das Problem an der Quelle anzugehen.

Kampf dem Einwegplastik

Bereits in den nächsten zwei Jahren will die Kommission Einweg-Geschirr und Besteck aus Plastik verbieten. Das gleiche soll für  Trinkhalme, Wattestäbchen und auch Halter für Luftballons gelten. Die Hälfte des Plastikmülls auf europäischen Stränden besteht aus solchen Abfällen.

Es geht auch ohne Plastik. Zumindest theoretischBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Darüber hinaus sollen alle Plastikverpackungen auf dem europäischen Markt bis 2030 wiederverwendbar oder kosteneffizient recycelbar sein. Hier fordern Kritiker wie die Grünen eine kürzere Übergangszeit bis 2025; die Vermeidung und Wiederverwendbarkeit von Plastikverpackungen müsse Vorrang vor der Recycelbarkeit haben.

Und schließlich soll Mikroplastik, das Kosmetikprodukten wie Zahnpasta oder Cremes zugesetzt wird, so weit wie möglich begrenzt werden. Das gilt auch für Funktionskleidung, die Mikropartikel und Leuchtstreifen oder ähnliches enthält, und für sogenanntes "oxo-bioabbaubares Plastik". Es zersetzt sich in immer kleinere Bestandteile und am Ende in Mikropartikel, die ebenfalls in die Nahrungskette von Mensch und Tier geraten.

Kritiker weisen hier darauf hin, dass man schneller und härter vorgehen könnte. Schweden zum Beispiel hat Mikroplastik in Kosmetikprodukten schon 2018 verboten. Ein Verbot sei daher ohne größere Probleme schnell umsetzbar, erklären die Grünen im EP. Probleme können auch durch Plastik entstehen, das als kompostierbar und biologisch abbaubar gilt. Die Kommission schlägt hier eine Kennzeichnung und die bessere Entsorgung vor. Dagegen warnen  Umweltschützer  vor dem zunehmenden Auftreten von Plastikpartikeln auch im Ackerboden. Außerdem sei Plastik nur sehr begrenzt kompostierbar.

Bringt Getränkeflaschen auf den Mehr-Weg

Alle Getränkeflaschen in der EU sollen innerhalb der nächsten sieben Jahre auf eine Mehrwegverwendung umgestellt werden. Dazu will man Pfandsysteme oder spezifische Sammelmodelle vorschreiben. Nach Jahren der Praxis käme damit das deutsche Pfandflaschensystem endlich zu Umweltschutz-Ehren. Vorgeschlagen wird darüber hinaus, dass Flaschen im nächsten Jahrzehnt schrittweise auf recycelbares Material umgestellt werden sollen.

Rettet den Luftballon!

Gleichzeitig sollen Hinweise zur geeigneten Entsorgung und eine Kennzeichnung des Plastikanteils an Produkten wie Kosmetiktüchern, Tampons, Luftballons etc. eingeführt werden. Hier entspann sich ein kurioser Kampf um die Rettung des Luftballons. Der EVP-Abgeordnete Peter Liese machte sich mit seiner Fraktion dafür stark, die Ballons von Einschränkungen auszunehmen, um den Kindern nicht die Freude zu verderben. Ein Verbot sei nicht verhältnismäßig, weil der Plastikabfall von Luftballons nur wenige Kilo pro Jahr an der Gesamtmenge bedeute. 

Darüber hinaus sollen Verbraucher und einige Berufsgruppen, wie etwa Fischer, stärker über die Folgen von unsachgemäß entsorgtem Plastik informiert werden. In den Weltmeeren schwimmende alte Netze sind seit Jahren als große Gefahr für Meerestiere bekannt. Und schließlich sollen die Hersteller im Rahmen der erweiterten Produzentenhaftung für die Kosten der Abfallbewirtschaftung, die Säuberung der Umwelt und vorgeschriebene Info-Kampagnen herangezogen werden.

Wie geht es weiter?

Der Gesetzesvorschlag wird vom Europaparlament an die Mitgliedsländer und den zuständigen Ministerrat weitergereicht. Dort besteht wie immer die Gefahr, dass nationale Interessen in die Gesetzgebung eingebracht werden und sie dadurch verwässert wird. Kommission und Parlament drängen jedenfalls auf eine schnelle Behandlung des Themas: Sie wollen noch in dieser Legislaturperiode, also vor der Europawahl im nächsten Jahr, eine EU-Richtlinie fertigstellen, die dann in nationale Gesetzgebung umgesetzt werden müsste.

Verderbt Kinder jeden Alters nicht die Freude! Die EVP will Luftballons von der Einschränkung ausnehmenBild: picture-alliance/J. Carstensen

Wie wirksam können solche europäischen Vorschriften sein? Sie stehen und fallen mit dem guten Willen der Mitgliedsländer. Umweltschützer sehen die vorgeschlagenen Maßnahmen darüber hinaus nur als einen ersten Schritt auf einem längeren Weg. Aber immerhin: Seitdem 2016 die Beschränkung von Einweg-Plastiktüten beschlossen wurde, hat sich ihr Verbrauch in der EU bereits halbiert.

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