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Politik

EU: Geld und Motivation für die Ost-Partner

24. November 2017

Die EU hat zum Gipfel mit den Ländern ihrer östlichen Partnerschaft geladen - und Vertreter aus sechs Ex-Sowjetrepubliken sind gekommen. Es geht um Reformen und engere Wirtschaftsbeziehungen. Bernd Riegert aus Brüssel.

EU Gipfel Petro Poroschenko und Tusk
Ukrainischer Präsident Poroschenko (li.) und EU-Präsident Tusk wollen gute Partner sein (Archivbild)Bild: Reuters/E. Vidal

Obwohl sie nur noch geschäftsführend im Amt ist, nimmt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am Brüsseler EU-Gipfel mit sechs Partnerschaftsländern im Osten teil. "Das ist ein sehr wichtiges Signal", sagte der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, der DW dazu. "Deutschland ist ein wichtiger Partner. Die Vertretung durch die Regierungschefin zeigt die Wertschätzung für die östliche Partnerschaft." Den letzten EU-Sondergipfel zu sozialen Fragen vor einer Woche in Göteborg hatte Merkel noch geschwänzt, weil sie mit der Koalitionsbildung beschäftigt war. Am Gipfeltreffen mit der Ukraine, Georgien, Moldawien, Aserbaidschan, Armenien und Weißrussland nehmen diesmal immerhin 22 der 28 Staats- und Regierungschefs der EU teil.

20 Projekte bis 2020

"Die Tür für diese Staaten zur EU bleibt offen", sagte EU-Kommissar Hahn, "aber jetzt liegt der Schwerpunkt darauf, umzusetzen, was bislang hauptsächlich auf dem Papier steht." Hahn meint damit 20 konkrete Projekte in den Bereichen Wirtschaft, Energie, Infrastruktur und staatliche Ordnung, die bis zum Jahr 2020 umgesetzt werden sollen. Die Forderungen der Ukraine, Georgien und auch Moldawiens konkreter in Richtung Beitritt zur EU zu arbeiten, lassen die Union erst einmal unbeeindruckt. "Diese Staaten sind noch sehr weit von einem Beitritt entfernt", sagte die Europa-Abgeordnete Rebecca Harms der DW. Gleichzeitig sei auch die EU nicht aufnahmefähig. Dennoch dürfe die Tür nicht geschlossen werden.

Partner im Osten: Weißrussland, Ukraine, Moldau, Armenien, AserbaidschanBild: DW

"Wir können Reformen nicht nur fordern, sondern wir müssen sie auch unterstützen. Engagement ist wichtig, nicht nur Geld", sagte Harms. Man habe ja in der Ukraine gesehen, dass es möglich sei, einen Korruptionsgerichtshof und eine besondere Staatsanwalt zu schaffen, "wenn sich Europa auch reinhängt". In Moldawien hingegen habe der Reformdruck auch negative Auswirkungen gehabt. Die Menschen hätten den Eindruck gehabt, ihnen ginge es mit dem Europa-Kurs schlechter als vorher. Es habe eine schlimme Korruption und Veruntreuung gegeben. "Das führte dazu, dass ein EU-skeptischer Präsident gewählt wurde in Moldawien." Das sei kein gutes Signal, sagte die Europaabgeordnete, die sich in der grünen Fraktion um die Ostpartnerschaft kümmert.

"Hausaufgaben werden gemacht"

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko traf sich bereits mit dem Ratsvorsitzenden der Europäischen Union, Donald Tusk. Er war anschließend voll des Lobes für die EU und sich selbst. "Wir machen Reformen, Reformen, Reformen. Wir wollen unsere Hausaufgaben machen", sagte Poroschenko. Die Ukraine werde ihren Teil dazu beitragen die konkreten 20 Projekte zum Wohle der Bürger umzusetzen. Im Gespräche mit Tusk erneuerte Poroschenko seinen Vorschlag, die Finanzhilfen für sein Land aufzustocken.

Harms in Kiew: "Man muss sich reinhängen" (Archivbild)Bild: DW/O. Holubow

Nicht alleine Geld zählt

Die Anregung aus dem Europäischen Parlament und den östlichen Partnerländern selbst, einen besonderen Investitionsfonds der EU für die Ukraine, Georgien und Moldawien aufzulegen, sieht der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn skeptisch. "Das ist ja immer schön, immer wieder neue Ideen zu haben. Aber wir haben bereits einen generellen Investitionsplan in der EU, der auch von Unternehmen genutzt werden kann, die zum Beispiel mit der Ukraine Geschäfte machen." Man sollte erst einmal die Beschlüsse in die Tat umsetzen, die bereits gefasst seien. Für die Ukraine gibt es zum Beispiel einen 700 Seiten umfassenden Fahrplan mit einzelnen Reformschritten, die in den nächsten sechs bis zehn Jahren abgearbeitet werden müssten. Hahn wies darauf hin, dass die EU seit der Gründung der östlichen Partnerschaft im Jahr 2009 für die sechs Staaten 5,4 Milliarden Euro an Zuschüssen aufgewendet habe. Zusätzlich habe es bilaterale Hilfen gegeben. Die Ukraine hat nach internen politischen Umwälzungen und den Attacken aus Russland 13 Milliarden Euro an Krediten erhalten.

Man dürfe nicht nachlassen mit den Bemühungen, die osteuropäischen Staaten an die EU zu binden, fordert die Europa-Abgeordnete Rebecca Harms. Eine Perspektive für einen Beitritt zur EU und zur Anbindung an den Westen müsse bestehen bleiben, "denn sonst wirkt es so, als würde doch der lange Arm des russischen Präsidenten Putin greifen".  Es könnte so aussehen als würde man die Partnerschaftsstrategie verfolgen, aber auch Rücksicht auf Positionen des Kreml nehmen. Russland lehnt eine Mitgliedschaft, etwa der Ukraine, in der EU ab.

Begeisterung für die EU in Kiew: Ukrainer können seit Juni ohne Visum reisenBild: Getty Images/AFP/S. Supinsky

"Keine zu hohen Erwartungen"

Der für die Nachbarschaftspolitik verantwortliche EU-Kommissar warnte am Vorabend des Gipfeltreffens in Brüssel, man dürfe keine falschen Erwartungen in den Partnerländern über einen möglichen Beitritt schüren. "Das wäre ganz falsch und würde nur unnötigen Druck auch auf die Regierungen in diesen Staaten erzeugen." Johannes Hahn warb dafür, "einen Gürtel der wohlhabenden Staaten an der Ostgrenze anzulegen". Ein Instrument könnten beispielsweise Kredite in lokaler Währung an kleine und mittlere Unternehmen vor Ort sein. Dazu stellt die EU eine Anschubfinanzierung von 100 Millionen Euro bereit. "Wir müssen Stabilität exportieren anstatt Unsicherheit und Armut zu importieren", meinte Hahn. Das sei ganz im eigenen Interesse der EU.

Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan  noch weit entfernt

Lukaschenko (re.): näher an Putin (li.) als an der EUBild: picture-alliance/AP Photo/D. Lovetsky

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko bleibt dem Gipfel trotz Einladung fern. Erst im Frühjahr hatte die EU die meisten Sanktionen gegen den Diktator aufgehoben. Dass er jetzt nicht zum Gipfel erscheint, sei keine Katastrophe, findet EU-Kommissar Hahn. Jedes Land müsse selbst die Geschwindigkeit seiner Annäherung bestimmen. "Wir sind für maßgeschneiderte Lösungen für jedes Land." Weißrussland würde gerne mit Verhandlungen über das allererste bilaterale Abkommen mit der EU beginnen. "Das wird aber noch dauern", sagte dazu Osteuropa-Experte Hrant Kostanyan von der Denkfabrik "Europäisches Politikzentrum" der DW. "Wichtig ist hingegen das Partnerschaftsabkommen, das mit Armenien unterzeichnet wird." Aserbaidschan verhandele noch über ein solches Abkommen. Weit entfernt sind Weißrussland, Armenien und Aserbaidschan von den "sehr ambitionierten" Assoziierungsabkommen, die die Ukraine, Georgien und Moldawien mit der EU geschlossen haben, glaubt Hrant Kostanyan.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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