Keine Finanzhilfen
11. Februar 2010Schon seit Tagen wurde in europäischen Finanzkreisen fleißig spekuliert, ob das finanzklamme Griechenland nun finanzielle Hilfe aus den EU-Kassen bekommt. Am Donnerstag (11.02.2010) hat der EU-Sondergipfel in Brüssel entschieden: Die Union gewährt dem Land vorerst kein finanzielles Hilfspaket, wohl aber politische Unterstützung.
Im Fall eines drohenden Staatsbankrotts wollen die Europäer Athen zur Seite springen. Die Mitglieder der Euro-Zone würden "falls notwendig entschlossene und abgestimmte Maßnahmen ergreifen, um die Stabilität im gesamten Währungsraum sicherzustellen", so Van Rompuy weiter.
Klares Signal an Athen
Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach nach dem vierstündigen Gipfel von einem klaren Signal: "Die Europäische Union steht zu Griechenland." Die Euro-Länder seien sich ihrer Verantwortung für die Stabilität der Euro-Zone bewusst, sagte sie bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Deutschland und Frankreich wollten mit dem Unterstützungssignal das Vertrauen der Märkte wiederherstellen. Die Kanzlerin zeigte sich zuversichtlich, dass sich der schwächelnde Euro rasch erholt.
Merkel machte zugleich deutlich, dass Griechenland seine Aufgaben machen müsse. "Es gibt Regeln, und diese Regeln müssen auch eingehalten werden", sagte die Kanzlerin mit Blick auf den europäischen Stabilitätspakt, der ein Defizit von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erlaubt. Griechenland liegt mit derzeit 12,7 Prozent weit darüber.
Papandreou will noch mehr sparen
Griechenland habe "keinerlei finanzielle Unterstützung" beantragt, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Brüssel. Vielmehr habe der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou zusätzliche Anstrengungen vorgestellt, um aus eigener Kraft den Staatsbankrott abzuwenden.
Das südosteuropäische Land wird von einer dramatischen Schuldenkrise geplagt. Wenn es seine Kredite nicht mehr bedienen kann, droht Griechenland der Staatsbankrott. Da Griechenland zu den Euro-Ländern zählt, drückt die Krise seit längerem auf die europäische Gemeinschaftswährung.
Von einem Staatsbankrott wären vor allem deutsche und französische Banken massiv betroffen. Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schuldet Athen deutschen Banken 31 Milliarden Euro. In Frankreich stehen sogar 58 Milliarden Euro auf dem Spiel. Außerdem könnte die griechische Schuldenkrise auf andere Länder wie Spanien und Portugal übergreifen. Als größte europäische Volkswirtschaft steht Deutschland zudem besonders unter Druck, Athen aus der Patsche zu helfen.
Zur Bedingung für mögliche Hilfen macht die EU zusätzliche Sparanstrengungen der Griechen. Die Staats- und Regierungschefs riefen Athen laut Van Rompuy auf, das Staatsdefizit in diesem Jahr um vier Punkte zu senken. Dafür seien "zusätzliche Maßnahmen" nötig, betonte der belgische Ratsvorsitzende. Die EU-Finanzminister sollen die Auflagen am kommenden Dienstag beschließen.
Erste Bestandsaufnahme im März
Zunächst werde die Umsetzung des griechischen Sanierungsprogramms unter Aufsicht von Experten des Internationalen Währungsfonds streng kontrolliert, erläuterte der Ratspräsident. Auch die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) würden die Anstrengungen Athens aufmerksam verfolgen. Im März solle eine erste Bestandsaufnahme über die Fortschritte Griechenlands gemacht werden.
Der Sparkurs der Regierung in Athen hat in Griechenland eine Protestwelle ausgelöst. Am Mittwoch legte ein landesweiter Streik gegen das Sparprogramm den öffentlichen Dienst weitgehend lahm. Für Ende Februar haben die Gewerkschaften einen Generalstreik angekündigt.
Autor: Reinhard Kleber (afp, ap, dpa, rtr)
Redaktion: Oliver Samson