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Politik

EU gibt dem Balkan Hausaufgaben

8. März 2018

Bis 2025 sollen Serbien und Montenegro in die EU. Davor sind noch viele Schritte gegen Kriminalität und Korruption nötig. Zweifel am Beitrittsdatum bleiben bei den EU-Innenministern. Bernd Riegert aus Brüssel.

Flaggen Westbalkan-Konferenz in Berlin 2014
Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Die Westbalkan-Pläne der EU

01:40

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Nach der Balkan-Reise von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Junker in der vergangenen Woche sind an diesem Donnerstag wieder die 28 Innenminister der Europäischen Union am Zuge. Sie billigten die von der EU-Kommission in ihrer jüngsten "West-Balkan-Strategie" vorgeschlagenen  Aktionspläne zur Heranführung Serbiens, Montenegros, Albaniens, Mazedoniens, Bosnien-Herzegowinas und Kosovos an eine mögliche Mitgliedschaft in der Union. Jeder der Staaten soll nach Meinung der EU-Innenminister auf dem Gebiet "Sicherheit und Einwanderung" ein 14 Punkte umfassendes Programm durchlaufen, um illegale Migration, organisierte Kriminalität und Waffenhandel besser bekämpfen zu können und sich den Standards der EU zu nähern.

Eine Menge Aufgaben bis 2020

Die Hausaufgaben, die in dem Plan formuliert werden, reichen bis in das Jahr 2020. Dann will die EU erneut prüfen, welche Fortschritte im Bereich der inneren Sicherheit erzielt wurden, Land für Land, Punkt für Punkt. Ein erneuter Bericht soll dann zeigen, wer an welcher Stelle nachbessern muss. Das alles geschieht mit Blick auf das Zieldatum 2025, das EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zum Abschluss seiner Balkantour in Sofia noch einmal bekräftigt hatte. Wenn alles optimal liefe, könnten Serbien und Montenegro bis 2025 der EU tatsächlich beitreten. Albanien, Mazedonien, Kosovo und Bosnien-Herzegowina könnten große Fortschritte bei der Assoziierung machen, so Juncker. "Ich habe überall den Willen gespürt, Reformen zu unternehmen, um in die EU hineinzukommen", sagte Juncker in Sofia. "Alle Bedingungen müssen erfüllt werden."

Juncker auf Balkanreise

03:44

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Wenn das in dem einen oder anderen Land nicht auf Anhieb klappe, sei das keine Zurücksetzung. Es seien schon viele Fortschritte erreicht worden. Nötig sei aber, so Juncker, ein verstärkter Kampf gegen organisiertes Verbrechen und Korruption. "Das sind echte Seuchen in den Gesellschaften." Außerdem müssten alle Staaten ihre bilateralen Konflikte untereinander beilegen, mahnte Juncker. So hat zum Beispiel Serbien Kosovo noch nicht als Staat anerkannt, was eine Annäherung in der Region erschwert.

Deutschland gegen konkretes Datum

Mit Junckers Zieldatum 2025 waren nicht alle Innenminister in Brüssel bei ihrer Tagung einverstanden. Der scheidende deutsche Minister, Thomas de Maziere (CDU), kritisierte die falsche Reihenfolge der Schritte. "Ich halte wenig davon, dass wir Daten nennen und sagen, bis 2025 muss alles erledigt sein. Der richtige Weg muss sein, dass die Staaten, die in die EU wollen, die Voraussetzungen dafür erfüllen durch eigenes Handeln. Dann kann man entscheiden, ob sie Europa-tauglich sind."

De Maizière: Falsche ReihenfolgeBild: DW/B. Riegert

Projekte zur Verbrechensbekämpfung und Grenzsicherung

Zunächst geht es jetzt darum, mit den Balkan-Staaten einen Aktionsplan mit 14 einzelnen Maßnahmen bis 2020 abzuarbeiten. Zu den verlangten Projekten gehören unter anderem:

- Nationale Koordinatoren oder Behörden zur Bekämpfung von islamistischer Radikalisierung sollen im Rahmen der Terror-Abwehr geschaffen oder verstärkt werden. Die Koordinatoren sollen in der gesamten Balkanregion vernetzt werden und zusammenarbeiten.

- Die Ausbildung von Polizeikräften und Ermittlern soll mit Hilfe von EU-Agenturen verstärkt werden, um gezielter gegen organisiertes Verbrechen, Menschenschmuggel und Drogenhandel vorgehen zu können. Einen Schwerpunkt soll die Abwehr von Waffenhandel bilden.

- Balkan-Staaten und EU-Polizeibehörden sollen gemeinsame Einsatzteams bilden, die Verbrechen untersuchen und Täter ermitteln.

- Die Europäische Polizeibehörde (Europol) richtet in allen sechs beitrittswilligen Ländern Verbindungsstellen ein.

- Die Balkanstaaten sollen in das in der EU laufende Projekt zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität voll eingebunden werden und an den Sitzungen der beteiligten Ermittlungsbehörden teilnehmen.

- Nationale Koordinatoren für bessere Grenzkontrollen sollen in den Balkanstaaten geschaffen und miteinander vernetzt werden, um die Überwachung der Grenzen zu verbessern und sogenannte illegale Migration einzudämmen.

EU sagt Unterstützung zu

Die Innenminister der EU und die EU-Kommission sind sich einig, dass die genannte Reform und der Ausbau von Infrastruktur und Personal natürlich Geld kosten. Deshalb sollen die Beihilfen, die Balkanstaaten bekommen, entsprechend erhöht werden. Das hatte die EU-Kommission bereits im Februar bei der Vorlage ihrer Balkan-Strategie zugesagt. In diesem Jahr wird etwas mehr als eine Milliarde Euro von "Vorbeitrittshilfen" an die sechs Balkanstaaten ausgezahlt. Von 2007 bis 2017 wurden insgesamt neun Milliarden Euro aufgewendet.

Die Fortschritte, die Albanien und Montenegro bereits gemacht haben, könnten dazu führen, dass die EU im Sommer ein konkretes Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen nennen wird. Mit Serbien und Montenegro wird bereits verhandelt. Kosovo und Bosnien-Herzegowina sind von diesem Schritt noch relativ weit entfernt, meinten EU-Diplomaten am Rande des Ministertreffens. Wichtig sei vor allem, dass die Staaten miteinander arbeiteten und nicht nur die EU als Ansprechpartner sähen.

Im Mai hat der derzeitige EU-Ratspräsident Bulgarien zu einem West-Balkan-Gipfel nach Sofia eingeladen. Dann sollen nicht nur die Innenminister, sondern auch andere Ressorts wie die Justiz- und Finanzminister über Fortschritte in ihren Bereichen beraten. Insgesamt hat die EU mit den Balkanstaaten sechs Aktionspläne in unterschiedlichen Bereichen vereinbart. Das Projekt "Sicherheit und Migration" ist nur eines davon. "Wir reden im Westen viel über den Balkan, aber nicht genug mit dem Balkan", hatte EU-Kommissionschef Juncker zum Abschluss seiner Brautschau auf dem Balkan in Sofia gesagt. Das soll spätestens mit dem Gipfeltreffen im Mai anders werden.

 

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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