EU-Kommission droht USA wegen Einreiseverboten
24. Dezember 2025
Die Europäische Kommission droht mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Einreiseverbote, die von der US-Regierung gegen den früheren EU-Kommissar Thierry Breton und andere Europäer verhängt wurden. Man verurteile die Entscheidung der Vereinigten Staaten aufs Schärfste, teilte die Behörde in Brüssel mit. Man habe von den USA "Klarstellungen" erbeten.
"Falls erforderlich" werde man "schnell und entschieden reagieren, um unsere Regulierungsautonomie gegen ungerechtfertigte Maßnahmen zu verteidigen", erklärte die EU-Kommission mit Blick auf ihren Digital Services Act (DSA). Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hielt den USA "Einschüchterung und Zwang" vor, um die "europäische digitale Souveränität zu unterwandern".
Zur Zensur "gezwungen"?
Der Franzose Breton, der der EU-Kommission bis 2024 angehörte, gilt als Architekt des DSA. Das europäische Gesetz für digitale Dienstleistungen schreibt allen Internet-Plattformen vor, "illegale Inhalte" zu löschen, und zwar "unverzüglich". Bei Verstößen drohen Online-Riesen wie Google, Meta und X Strafen in Milliardenhöhe.
Die Administration von US-Präsident Donald Trump betrachtet den Digital Services Act als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Amerikanische Plattformen würden zur "Zensur, Demonetisierung und Unterdrückung unerwünschter amerikanischer Meinungen" gezwungen, meinte Trumps Außenminister Marco Rubio.
Die EU-Kommission versicherte hingegen: "Unsere digitalen Regeln sorgen für einen sicheren und fairen Wettbewerb für alle Unternehmen und werden ohne Diskriminierung angewendet." Die Meinungsfreiheit gehöre zu den grundlegenden Rechten in Europa und sei ein Wert, den man mit den USA und anderen Demokratien teile.
Wie die Europäische Union konkret auf die US-Einreiseverbote reagieren könnte, ist bislang nicht bekannt. Denkbar wäre etwa, dass die EU-Kommission vorschlägt, die Zusammenarbeit mit den USA in bestimmten Bereichen einzuschränken. Bei einer weiteren Eskalation des Streits sind auch wirtschaftliche Gegenmaßnahmen nicht ausgeschlossen.
Auch HateAid im Visier
Neben Ex-EU-Kommissaar Breton sind auch die Geschäftsführerinnen der deutschen Organisation HateAid, Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon, von den Visa-Sperren betroffen. Einreiseverbote wurden zudem gegen Imran Ahmed, den britischen Chef des in den USA ansässigen Center for Countering Digital Hate (CCDH), und gegen Clare Melford, die Gründerin des Global Disinformation Index (GDI), ausgesprochen. Sie alle setzen sich nach eigenen Angaben gegen Hass im Netz und gegen Desinformation ein.
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul nannte die US-Maßnahmen "nicht akzeptabel". Der Digital Services Act stelle sicher, "dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist", betonte der Christdemokrat.
Wadephuls Kabinettskollegin, Justizministerin Stefanie Hubig, unterstrich: "HateAid unterstützt Betroffene von rechtswidriger digitaler Hassrede". Wer das als Zensur bezeichne, "stellt unser rechtsstaatliches System falsch dar". Und Sozialdemokratin Hubig machte deutlich: "Nach welchen Regeln wir in Deutschland und in Europa im digitalen Raum leben wollen, wird nicht in Washington entschieden."
wa/AR (dpa, afp, rtr)
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