1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikEuropa

EU-Kommission hat Impfstoffverträge unzulässig geschwärzt

17. Juli 2024

Das Urteil des EU-Gerichts ist auch ein Rückschlag für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich an diesem Donnerstag zur Wiederwahl stellt.

Ein Mitarbeiter im Impfzentrum Mainz zieht eine Spritze mit Corona-Impfstoff auf
Während der Corona-Pandemie hatte die EU-Kommission mit Pharmaunternehmen Verträge über Hunderte Millionen Dosen Impfstoff geschlossen (Archivbild)Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Die Europäische Kommission hat nach einem Urteil des EU-Gerichts mit der Geheimhaltung von Informationen zu Impfstoffverträgen gegen EU-Recht verstoßen. Besonders mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte und Entschädigungsregeln für Impfstoff-Hersteller habe die Brüsseler Behörde nicht ausreichend Zugang zu Dokumenten gewährt, entschieden die Richter in Luxemburg. Das Urteil kann vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten werden.

Während der Corona-Pandemie hatte die EU-Kommission in den Jahren 2020 und 2021 im Namen der Mitgliedstaaten mit Pharmaunternehmen Verträge über Hunderte Millionen Dosen Impfstoff geschlossen. Dafür wurden insgesamt 2,7 Milliarden Euro gezahlt. Mehrere EU-Abgeordnete und -Bürger wollten die Dokumente unter die Lupe nehmen. Die Kommission unter Leitung der deutschen CDU-Politikerin Ursula von der Leyen stellte aber nur eine teilweise geschwärzte Fassung zur Verfügung.

Klauseln mit Entschädigungsregeln

Die Behörde berief sich auf den Schutz der Privatsphäre und verwehrte die Einsicht in Erklärungen des Verhandlungsteams zu möglichen Interessenkonflikten. Ebenso hielt sie die Klauseln mit Entschädigungsregeln geheim und erklärte, andernfalls würden geschäftliche Interessen der Unternehmen beeinträchtigt. Die Kläger, die sich hiergegen wandten - fünf aktuelle Mitglieder der Fraktion der Grünen/EFA sowie zwei französische Rechtsanwälte im Namen zahlreicher EU-Bürger - bekamen nun teilweise recht.

Das Gericht der Europäischen Union ist dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nachgeordnet (Archivbild der Dienstgebäude in Luxemburg)Bild: Gerichtshof der Europäischen Union

Zur Begründung verwies das Gericht darauf, nur wenn der Name sowie der Beruf oder das Amt eines Verhandlers bekannt würden, lasse sich prüfen, ob tatsächlich kein Interessenkonflikt bestanden habe. Die Kläger hätten hinreichend nachgewiesen, weshalb ein öffentliches Interesse an der Aushändigung der diesbezüglich geschwärzten Dokumente bestehe. Im Hinblick auf vereinbarte Entschädigungsregeln sei nicht nachvollziehbar, weshalb deren Bekanntwerden berechtigte kommerzielle Anliegen gefährde.

Klägerin: Urteil stärkt Transparenz und Kontrolle

Die EU-Kommission kündigte an, das Urteil und dessen Auswirkungen sorgfältig zu prüfen. Ob der EuGH angerufen werde, sei noch offen. Die deutsche EU-Abgeordnete Jutta Paulus, die zu den Klägern gehörte, sprach von einem "Sieg". Das Urteil stärke "Transparenz und Kontrolle, auch für die Zukunft", erklärte die Grünen-Politikerin.

EU-Kommissionchefin Ursula von der Leyen mit Pfizer-CEO Albert Bourla (2. v. r.) an einem Produktionsstandort des Pharmakonzerns im belgischen Puurs (April 2021)Bild: John Thys/AFP

Fehlende Transparenz bei den Verträgen war schon zuvor wiederholt kritisiert worden. Die europäische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen "extrem hohen öffentlichen Interesses" zu möglichen Unregelmäßigkeiten beim Kauf der Corona-Impfstoffe. Ein Journalist hatte die Kommission erfolglos zur Herausgabe von Textnachrichten zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla aufgefordert. Die Behörde erklärte damals, sie habe die SMS nicht archiviert.

Die jüngste Entscheidung der Luxemburger Richter ist auch ein persönlicher Rückschlag für die Kommissionschefin, die sich an diesem Donnerstag im Europaparlament zur Wiederwahl für eine zweite Amtszeit stellt. Dazu benötigt die 65-Jährige mindestens 361 Stimmen der insgesamt 720 Abgeordneten. Die Fraktionen von Europäischer Volkspartei (EVP), Sozialdemokraten und Liberalen haben sich bereits auf die Personalie verständigt. Zusammen kommen sie auf 401 Mandate. Unklar ist allerdings, wie viele Abweichler es bei der Abstimmung geben könnte.

jj/kle (dpa, afp, rtr, curia.europa.eu)

Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen