Der Kauf der Musikerkennungs-App Shazam durch Apple könnte den Wettbewerb im europäischen Wirtschaftsraum beeinträchtigen, warnt das EU-Kartellamt. Deswegen schaut es bei dem Deal nun genauer hin.
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Wegen erheblicher Bedenken nehmen die EU-Wettbewerbshüter die Übernahme der Musikerkennungs-App Shazam durch den US-Konzern Apple im Detail unter die Lupe. Eine vertiefte Untersuchung sei eingeleitet worden, teilte die Brüsseler Behörde mit. Die Kommission begründete den Schritt mit "Bedenken, dass die Fusion die Wahlmöglichkeiten für Nutzer von Musik-Streamingdiensten einschränken könnte". Durch die Fusion würden sich zwei "große und bekannte Akteure" der digitalen Musikindustrie zusammenschließen, die in Branchen tätig seien, die sich gegenseitig ergänzten, erklärte die Kommission. Die könne den Wettbewerb im europäischen Wirtschaftsraum beeinträchtigen.
Shazam ist eine Smartphone-App, die über den Zugriff auf die Mikrofone Lieder erkennt, die gerade in der Umgebung gespielt werden. Dafür wird die Aufnahme mit einer Datenbank aus allen möglichen Musiktiteln auf den Shazam-Servern abgeglichen. Die App zeigt dann Namen und Songtitel an und gibt Hinweise darauf, welche Streamingdienste diesen Titel führen.
Apple gab Shazam-Kauf im Dezember bekannt
Der iPhone-Hersteller Apple hatte die Übernahme Ende des vergangenen Jahres bestätigt. Der Musik-Streamingdienst "Apple Music" und die Musikerkennung von Shazam ergänzten sich, erklärte die EU-Kommission weiter. Es sei zu befürchten, dass Apple nach der Übernahme Zugang zu wirtschaftlich sensiblen Kundendaten von Konkurrenzanbietern in Europa erlangen könnte. "Der Zugang zu derartigen Daten würde es Apple ermöglichen, die Kunden konkurrierender Anbieter gezielt anzusprechen und zu einem Wechsel zu "Apple Music" zu ermutigen", hieß es. Die Wettbewerbshüter haben nun bis zum 4. September Zeit für ihre Untersuchung.
Branchenexperten gehen davon aus, dass der US-Technologieriese mit diesem Deal seinen Musikstreamingdienst Apple Music voranbringen will, der nach wie vor deutlich hinter dem Marktführer Spotify zurückliegt.
Auch Amazon, Google oder Facebook im Visier
Der Kaufpreis liegt laut Experten bei etwa 322 Millionen Euro (400 Millionen Dollar). Die EU-Wettbewerbsbehörde macht keine Angaben zu den Details des Deals. Sie betonte aber, dass die Übernahme unter dem Umsatzschwellenwert liegt, ab dem sie sich üblicherweise einschaltet. Allerdings hätten einige EU-Mitgliedsländer auf eine Prüfung gedrängt. Die Brüssler Behörde nahm wegen unterschiedlicher Fälle eine ganze Reihe von Silicon-Valley-Riesen ins Visier, darunter Konzerne wie Amazon, Google und Facebook.
sam/kle (afp, dpa, rtr)
Zehn Stars, die auf Streaming-Dienste pfeifen
Die Musikindustrie freut sich über Millionen von Nutzern der neuen Streaming-Dienste. Doch während sich immer mehr Musikfans dafür entscheiden, ziehen viele berühmte Künstler den Stecker - auch wegen der Klangqualität.
Bild: Reuters
Neil Young
Er ist der exzentrische Großvater des Indie Rock. Jetzt hat sich der Kanadier vom Streaming verabschiedet. Young geht es nicht um Lizenzen, sondern um die Audioqualität, die er unverblümt als "die grottigste" überhaupt bezeichnet. 2014 brachte er den PonoPlayer, ein High-Definition-Gerät für Fans audiophilen Hörgenusses, auf den Markt. "Cortez the Killer" wird sich nie mehr wie früher anhören.
Bild: Tristan Fewings/Getty Images
Björk
Björk hatte immer eine Vorreiterrolle und war neuen Dingen gegenüber immer früher aufgeschlossen als andere - inklusive dem Streaming. Aber als die isländische Sängerin ihr neuntes Album "Vulnicura" herausbrachte, änderte sie ihre Meinung. "Da arbeitet man zwei drei Jahre hart, und dann heißt es: 'Oh, das kostet nichts'", beklagte sie sich. "Es geht mir nichts um Geld, sondern um Respekt."
Bild: China Photos/Getty Images
Prince
Er war eine Ikone - und ein Außenseiter. Prince, verstorben im Jahr 2016, verkündete im Juli 2015: "Genug ist genug" und zog ohne Vorwarnung und Begründung sämtliche Lieder aus allen Streaminglisten von Apple Music bis Spotify zurück. 2010 hatte er schon mal rätselhaft verkündet: "Das Internet hat es hinter sich."
Bild: picture-alliance/dpa
Thom Yorke
Er nimmt kein Blatt vor den Mund, und so holte sich Spotify eine öffentliche Ohrfeige vom Radiohead-Frontman ab, der 2013 vorhersagte: "Täuscht euch nicht. Neue Künstler, die ihr auf Spotify entdeckt, bekommen kein Geld, während Aktionäre sich bald darin wälzen können." Spotify sei das letzte Schlupfloch der alten Musikindustrie, zeigte sich der britische Millionär solidarisch mit den Underdogs.
Bild: AP
Lacuna Coil
Es gibt kaum so leidenschaftliche und treue Musikanhänger wie Metal Fans. Das Metal Label "Century Records", bei dem Lacuna Coil aus Italien ebenso unter Vertrag ist wie die Mega-Stars Arch Enemy und Iced Earth, hat das erkannt und seinen Katalog aus den Streaming-Diensten zurückgezogen. Stattdessen baut das Label einen eindrucksvollen Online-Shop auf.
Bild: Imago
Taylor Swift
Spotify spielte bei Swifts kometenhaftem Aufstieg zweifellos eine Rolle. Aber die Beziehung kühlte ab, als sie ihren ganzen Katalog aus dem schwedischen Streamingdienst löschen ließ und dem "Time"-Magazin erklärte, dass der Dienst die Anzahl bezahlter Alben drastisch nach unten drücke. Angeblich soll sie heimlich einen Exklusivertrag mit Googles "Music Key"-Dienst abgeschlossen haben.
Bild: Andreas Rentz/Getty Images for TAS
The Beatles
Einer nach dem anderen verfielen die Superstars dem Streaming – erst Metallica, dann Led Zeppelin und kürzlich auch AC/DC. Nur die Fab Four beziehungsweise ihre Rechteinhaber hielten stand und gaben nicht eine Note ihres Repertoires preis – das auf immerhin über eine Milliarde Dollar geschätzt wird. 2012 zog Paul McCartney nach und entfernte seine Solo-Stücke aus allen Streaming-Diensten.
Bild: imago/LFI
Magnus Uggla
Spotify startete 2008 und hat heute über 75 Millionen Nutzer. Seit das Unternehmen mit Sitz in Stockholm die Plattform betreibt, ist die Musikpiraterie zurückgegangen. Doch nicht einmal die eigenen Landsleute in Schweden sind überzeugt: Rock-Ikone Magnus Uggla hat seine Musik entfernen lassen. Innerhalb eines halben Jahres habe er auf Spotify soviel verdient wie ein Straßenmusiker an einem Tag.
Bild: picture-alliance/dpa
Jay Z
Mit einem geschätzten Vermögen von 520 Mio. US-Dollar kaufte HipHop-Star Jay Z den norwegischen Streaming-Dienst Tidal auf und machte zum Neustart im März 2015 eine große Welle. An Tidal sind hochkarätige Musiker beteiligt wie Madonna, Rihanna und Kanye West. Sein legendäres Debütalbum "Reasonable Doubt" zog Jay Z bei Spotify ab. Doch Tidal setzt sich nicht durch, die Umsatzzahlen sind schwach.
Bild: McCarthy/Getty Images for Roc Nation
Black Keys
Die Grammy-Gewinner Black Keys beweisen, Blues ist weiterhin zeitgemäß. Auch sie beziehen klar Position, was Spotify angeht: Ihre letzten beiden Alben haben sie dem Streaming-Dienst vorenthalten. Über Spotify-Gründer Daniel Ek sagt Schlagzeuger Patrick Carney: "Er ist 30 Jahre, hat noch nie einen Song geschrieben und ist mit etwa drei Milliarden Dollar reicher als Paul McCartney."