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PolitikEuropa

EU sichert Remdesivir für 30.000 Menschen

29. Juli 2020

Auf das Medikament werden große Hoffnungen im Kampf gegen COVID-19 gesetzt. Nun hat auch die EU-Kommission zugegriffen. Eine zeitgleich vorgestellte Studie unterstreicht, wie bitter notwendig die Vorsorgebemühungen sind.

Krankenpfleger des Uniklinikums Essen bei der Versorgung von Corona-Patienten (Foto: picture-alliance/dpa/M. Kusch)
Krankenpfleger des Uniklinikums Essen bei der Versorgung von Corona-PatientenBild: picture-alliance/dpa/M. Kusch

Die EU-Kommission hat für 63 Millionen Euro das bei COVID-19 einsetzbare Medikament Remdesivir gekauft, mit dem ab Anfang August Tausende von Patienten behandelt werden könnten. Der Vertrag mit dem US-Pharmaunternehmen Gilead über das unter dem Namen Veklury vertriebene Mittel sei am Dienstag geschlossen worden, erklärte die Behörde in Brüssel. Veklury werde den EU-Mitgliedstaaten und dem ehemaligen EU-Land Großbritannien zur Verfügung gestellt. Die jetzt gesicherte Menge soll laut Kommission die Behandlung von ungefähr 30.000 Patienten mit schweren Symptomen der vom Coronavirus ausgelösten COVID-19-Krankheit erlauben. Das werde den Bedarf mehrerer Monate decken.

Die Zentrale des US-Pharmaunternehmens Gilead in Foster City in Kalifornien Bild: Getty Images/AFP/J. Edison

Bei Remdesivir beziehungsweise Veklury handelt es sich der Kommission zufolge um das erste in der EU zugelassene Medikament gegen COVID-19. Laut Robert Koch-Institut ist Remdesivir für die Behandlung von Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren angezeigt, wenn sie unter einer durch COVID-19 verursachten Lungenentzündung leiden, die eine zusätzliche Sauerstoffzufuhr erfordert. Eine internationale Studie mit mehr als 1000 Teilnehmern hatte Ende April gezeigt, dass Remdesivir bei Patienten die Zeit bis zu einer Genesung im Schnitt um vier Tage verkürzen kann - von 15 auf 11 Tage. Remdesivir wurde ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt, zeigte aber eine zu geringe Wirkung.

Deal Londons mit Sanofi und GlaxoSmithKline

Die britische Regierung sicherte sich den Zugriff auf einen möglichen Impfstoff der Pharma-Riesen Sanofi und GlaxoSmithKline gegen das Coronavirus. Sie unterzeichnete einen entsprechenden Vertrag für die Lieferung von bis zu 60 Millionen Impfdosen, wie sie in London mitteilte. Finanzielle Details wurden nicht bekannt. Es handelt sich bereits um die vierte Übereinkunft dieser Art. Sanofi und GSK hatten sich im April für die Entwicklung eines Impfstoffs zusammengetan. Die Konzerne rechnen für die erste Jahreshälfte 2021 mit einer behördlichen Genehmigung ihres Impfstoffs, wenn die klinischen Tests erfolgreich verlaufen sollten.

Großbritannien wolle sich frühzeitig den Zugriff auf mehrere vielversprechende Impfprojekte sichern, um die Chancen zu steigern, dass ein Stoff darunter sei, der funktioniere, sagte ein Regierungsvertreter. Verträge für einen möglichen Impfstoff gibt es unter anderem auch bereits mit den Unternehmen BioNTech und Pfizer. Insgesamt hat sich Großbritannien mit den Verträgen rund 250 Millionen Impfdosen gesichert.

Bild: picture-alliance/abaca/D. Niviere

Ein Fünftel der stationär behandelten Patienten tot

In Deutschland wurde unterdessen eine Studie bekant, nach der etwa ein Fünftel der stationär behandelten COVID-19-Patienten gestorben ist. Die Sterblichkeit war bei künstlich beatmeten Menschen mit 53 Prozent besonders hoch, wie die Technische Universität (TU) Berlin auf Basis von Abrechnungsdaten der Allgemeinen Ortskrankenkassen AOK mitteilte. Ohne künstliche Beatmung lag die Sterblichkeit bei 16 Prozent. Insgesamt wurden 17 Prozent der COVID-19-Patienten beatmet.

Die Studie ist die deutschlandweit erste Analyse zur Behandlung von COVID-19-Patienten. Die TU wertete zusammen mit dem Wissenschaftlichen Institut der AOK und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) die Daten von etwa zehntausend Patienten mit bestätigter COVID-19-Diagnose aus. Die Patienten wurden von Ende Februar bis Mitte April in insgesamt 920 Krankenhäusern aufgenommen. 

Doppelt so viel Männer beatmet wie Frauen

Laut Analyse starben vor allem ältere künstlich beatmete Patienten an COVID-19. Bei den 70- bis 79-Jährigen waren es 63 Prozent, in der Altersgruppe ab 80 Jahren sogar 72 Prozent. Auch ohne künstliche Beatmung hing das Alter mit einer erhöhten Sterblichkeit zusammen. Das Durchschnittsalter der stationär behandelten Patienten lag bei 68 Jahren. Männer wurden fast doppelt so oft künstlich beatmet wie Frauen, die Sterblichkeit lag jedoch auf einem ähnlichen Niveau. "Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf", erklärte Christian Karagiannidis von der Divi. Beatmete Patienten litten häufiger unter Begleiterkrankungen wie Herzrhythmusstörungen oder Diabetes.

Im Schnitt wurden COVID-19-Patienten 14 Tage lang im Krankenhaus behandelt. Beatmungspatienten blieben jedoch durchschnittlich 25 Tage in den Kliniken, während nicht beatmete Menschen zwölf Tage lang behandelt wurden. 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet werden.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz wünscht nun die Prüfung der Altenpflege unter Corona-AspektenBild: picture-alliance/dpa/Deutsche Stiftung Patientenschutz

 Die Fakten zeigten ein "dramatisches Bild", erklärte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, zu den Zahlen. Nun sei klar, was in den Krankenhäusern passiert. "Jedoch ist immer noch nicht bekannt, wie sich die Krankheit in der Altenpflege auswirkt." Dort seien mehr als 4500 Menschen gestorben. Dies müsse von der Bundesregierung schnell aufgearbeitet werden, "um auf die zweite Welle vorbereitet zu sein".

sti/kle (afp, dpa, rtr, epd)

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