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Vorschlag für neuen EU-Haushalt stößt auf Gegenwind

17. Juli 2025

Kommissionspräsidentin von der Leyen will ein Rekordbudget von zwei Billionen Euro für die EU - inklusive neuer Unternehmensabgaben. Bundesregierung, Wirtschaft und Umweltverbände üben scharfe Kritik am Haushaltsentwurf.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht am Rednerpult und spricht
In Brüssel präsentiert Kommissionspräsidentin von der Leyen den - ihrer Meinung nach - "ehrgeizigsten" EU-Haushalt aller ZeitenBild: Ansgar Haase/dpa/picture alliance

Der neue Vorschlag von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum nächsten langfristigen Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union sorgt für Kritik. Die Kommission will das Budget für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für 2028 bis 2034 auf rund zwei Billionen Euro erhöhen - etwa 700 Milliarden Euro mehr als bisher. In Brüssel sprach von der Leyen von dem "ehrgeizigsten" Finanzrahmen, der je vorgelegt wurde.

Die deutsche Bundesregierung jedoch lehnt den Vorschlag der Kommission ab. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte, Deutschland könne den Entwurf in der derzeitigen Form nicht mittragen. Die geplanten Mehrausgaben seien nicht vermittelbar in Zeiten, in denen die Mitgliedsländer mit erheblichen Anstrengungen bemüht seien, ihre Haushalte zu stabilisieren. Finanzminister Lars Klingbeil sagte, er halte den Vorschlag für nicht zustimmungsfähig. "Wir müssen bei den Finanzen absolut im Verhältnis bleiben. Das sehe ich als nicht gewahrt an", sagte der SPD-Politiker am Rande eines Treffens der G20-Finanzminister im südafrikanischen Durban.

Im mehrjährigen Finanzrahmen werden Obergrenzen der jährlichen Ausgaben der EU sowie deren Verwendung festgelegt. Als wirtschaftsstärkster Mitgliedsstaat steuert Deutschland in der Regel knapp ein Viertel der Mittel bei. 

Wirtschaft kritisiert neue Unternehmensabgabe

Ein zentraler Kritikpunkt: Die EU-Kommission will zur Entlastung der Mitgliedstaaten neue Eigenmittel einführen - darunter eine Abgabe für große Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 100 Millionen Euro. Der Beitrag soll gestaffelt zwischen 100.000 und 750.000 Euro liegen, je nach Unternehmensgröße. Diese Maßnahme trifft jedoch auf breite Ablehnung in Wirtschaft und Politik.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), warnte: "Jegliche Steuererhöhung oder die Einführung zusätzlicher Abgaben verbieten sich - sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene." Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) kritisierte die Pläne bereits vorab als "völlig falsches Signal". Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov betonte, die Unternehmen bräuchten Rückenwind, keine weiteren Belastungen.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller kritisiert jegliche zusätzliche Abgaben für Unternehmen (Archivbild)Bild: Christoph Schmidt/dpa/picture alliance

Weiterhin sieht die Brüsseler Behörde eine Abgabe auf nicht für das Recycling gesammelten Elektroschrott vor und will, dass 15 Prozent der Einnahmen aus Tabaksteuern aus den Hauptstädten nach Brüssel fließen. Diese und weitere neue Eigenmittel sollen laut Kommission jährlich 58,5 Milliarden Euro einbringen.

Kritik an fehlenden Mitteln für Klima und Umwelt

Auch Umweltorganisationen äußern massive Vorbehalte. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte den Haushaltsentwurf als "Nullnummer für Naturschutz". Es fehlten verbindliche Finanzierungszusagen, etwa zur Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes.

Mit den vorgeschlagenen Kürzungen für Klima- und Naturschutz würden die Menschen in Europa schlecht auf die sich verschärfenden Krisen beim Klima und der Artenvielfalt vorbereitet - "und das in einem weiteren Sommer mit Hitzewellen, Waldbränden und Überschwemmungen", kritisiert die Umweltorganisation WWF.

Gravierende Umstellungen sind auch im Bereich der Agrar- und Regionalförderung vorgesehen. Die bisher getrennten Bereiche sollen künftig in einem neuen Fonds für Nationale und Regionale Partnerschaften mit einem Volumen von 865 Milliarden Euro zusammengeführt werden. Dazu zählen auch Mittel für den Sozialfonds, Migration und Innere Sicherheit.

Von der Leyen betonte, 300 Milliarden Euro seien zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Einkommen vorgesehen - das sind allerdings weniger als bisher. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) sprach von einer "gefährlichen Zäsur". Die Bundesregierung werde den Vorschlag sorgfältig prüfen und werde sich für eine eigenständige Agrarpolitik starkmachen.

Bauern aus Europa versammelten sich vor der EU-Kommission in Brüssel, um gegen drohende Kürzungen zu protestieren (16.07.2025)Bild: Dursun Aydemir/Anadolu/picture alliance

Ein weiterer Treiber für die steigenden Ausgaben ist die Rückzahlung der Corona-Kredite ab 2028. Das zeitlich befristete Programm "NextGenerationEU" in Höhe von bis zu 800 Milliarden Euro hatte die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abfedern sollen.

Die Vorschläge der Kommission sind nun Grundlage für die Verhandlungen zwischen den 27 EU-Ländern und dem Europaparlament in den kommenden zwei bis drei Jahren. Auch aus dem Parlament kam umgehend Kritik: Der von der Kommission vorgeschlagene Haushalt reiche nicht aus, um sowohl die Rückzahlung des Corona-Konjunkturprogramms "als auch die angemessene Finanzierung neuer Prioritäten wie Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit neben den traditionellen Prioritäten wie Landwirtschaft und Kohäsion zu gewährleisten", kritisierte der konservative Abgeordnete Siegfried Muresan, der für das Parlament die Verhandlungen führt.

pgr/se (dpa, afp, rtr)

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